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Die verschollene Symphonie

Die verschollene Symphonie

Titel: Die verschollene Symphonie
Autoren: James A. Owen
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er keine Rolle spielen?«, fragte Peter. »Du hast zehn Ehefrauen.«
    »Also gut«, erwiderte Monty ein wenig hitzig. »Erstens haben Mormonen nicht mehrere Frauen. Darüber sind wir schon im vorigen Jahrhundert hinweggekommen. Und zweitens, wenn du mich persönlich meinst, ich hatte acht Frauen und nicht zehn. Aber das ist in Atlantis gewesen, vor über zwanzigtausend Jahren. Also, vergiss es einfach, Herrgott nochmal.«
    »Bitte keine Gotteslästerungen!«, sagte Peter.
    »Tut mir Leid«, sagte Monty.
    »Wisst ihr«, meldete sich Lex zu Wort, »manche vertreten die Ansicht, dass das Leben selbst nur eine durch Geschlechtsverkehr übertragene Krankheit ist, die unweigerlich tödlich endet.«
    »Wirklich?«, sagte die Ärztin. »Eine interessante Betrachtungsweise.«
    »Darin sind die Protestanten Meister«, sagte Monty. »Die Katholiken fühlen sich wegen allem schuldig. Die Mormonen wegen gar nichts. Und die Protestanten fühlen sich schuldig, wissen aber nicht, weswegen, weil sie ständig die Definitionen ändern.«
    »Wissen Sie«, wandte sich Lex mit einem tiefen Seufzen an die Ärztin, »es war wirklich sehr viel einfacher, als wir nur Magier in Atlantis waren. Wir waren Herren über die Erde und auf dem besten Wege, die Natur selbst zu besiegen. Wissenschaftliche Forschung war das Einzige, was zählte. Mit diesem ganzen moralischen Kram hatten wir nichts am Hut. Man konnte heiraten, wen man wollte, schlafen, mit wem man wollte, selbst wenn diejenige schon mit jemand anderem verlobt…«
    »Hüte deine Zunge«, sagte Monty.
    »Also«, sagte die Ärztin, »wenn das Leben dort so schön war, warum haben Sie sich dann die Mühe gemacht, in die Körper dreier Männer mit so offensichtlich unterschiedlichen Lebensgeschichten und Ansichten zu schlüpfen?«
    »Wegen der Streitgespräche natürlich«, sagte Lex. »Schließlich sind wir seit zwanzigtausend Jahren tot, und trotz der kleinen Unannehmlichkeiten ist es immer noch weitaus besser, ein lebender Christ zu sein – egal welcher Anschauung – als ein toter heidnischer Zauberer.«
     

     
    Der neue Patient war eingetroffen, während die Ärztin das Gespräch mit den Magiern geführt hatte. Die Sitzung dauerte länger als erwartet, denn die Diskussion kam auf das Thema Verhütung. Peter schlug nach Monty, und ein ganzer Schwarm Pfleger stürzte herbei, um der Prügelei Herr zu werden. Derweil wurde der neue Patient offenbar ohne Zwischenfälle in seinem Zimmer untergebracht. Nachdem die Ärztin einen kurzen Abstecher in ihr Büro gemacht hatte, um die Papierbündel abzuladen, die sie im Laufe der Patientengespräche voll geschrieben hatte, ging sie den langen Steinkorridor hinunter zur Tür im Erdgeschoss des Turms, wo für den Patienten ein Zimmer hergerichtet worden war.
    Seine pflaumenfarbene Patientenakte war reichlich nichts sagend, und aufgrund des Gesprächsverbots, das der Direktor verhängt hatte, würde dies wahrscheinlich auch so bleiben. Dennoch hatte man ihr nicht verboten, eine erste Beurteilung seines Zustandes vorzunehmen, und ihre Neugier war bereits derart angewachsen, dass ein solches Verbot wohl ohnehin zwecklos gewesen wäre.
    Während sie noch unschlüssig vor der Tür stand, bat sie einen der Pfleger um die Aufnahmeakte des Patienten, nur um zu erfahren, dass diese in das Büro des Direktors geschickt worden war.
    »Auf seine Anweisung hin?«
    »Jawohl.«
    »Hmm, das ist merkwürdig.« Sie zögerte noch einen Augenblick, um ihre Gedanken zu ordnen. Dann suchte sie den Schlüssel zu dem weißen Raum an ihrem Schlüsselbund, schloss auf, trat hinein und zog die Tür hinter sich zu.
    Ihr zuckte der Gedanke durch den Kopf, dass sie einen oder mehrere Pfleger zur Begleitung hätte mitnehmen sollen, denn sie erkannte den Mann im selben Augenblick, als sie den Raum betrat.
    In der vorangegangenen Nacht hatte er vor hunderten von Augenzeugen einen Mann ermordet. Da er ein international bekannter Musiker und Gelehrter war, berichteten die Medien in aller Welt über den Vorfall. Wie die meisten Zuschauer hatte die Ärztin angenommen, dass man ihn ins Gefängnis stecken würde. Zweifel an seiner geistigen Gesundheit lagen nahe, doch warum wurde er nicht in eine renommiertere oder zumindest näher gelegene Klinik eingeliefert? Der Vorfall hatte sich in Deutschland ereignet. Warum brachte man ihn nach Österreich, in die Obhut der Eidolon-Stiftung? Und was noch entscheidender war: Wer hatte die Befugnis, dergleichen in die Wege zu leiten?
    Der Patient
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