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Die verlorenen Welten von Cronus

Die verlorenen Welten von Cronus

Titel: Die verlorenen Welten von Cronus
Autoren: Colin Kapp
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Spektrums zu verbreiten. Was habe ich also zu verlieren? Und selbst im Himmel finde ich vielleicht Menschen, die auf mich hören.«
    »Wenn Ihr geht, Messias, dann komme ich mit Euch.«
    »Du wirst bald ein Kind gebären, mein kleiner Regenbogen Mea.«
    »Was hat es für einen Sinn, ein Kind an einem Ort zu empfangen, der bereits unter so vielen Menschen ächzt? Mein Mann würde auch mitkommen.«
    »Wenn es dir ernst ist, ließe es sich machen. Zusammen mit Tseina Shilden wären wir dann zu viert, und mehr können nicht an Bord, weil wir Proviant für ein Jahr mitnehmen müssen.«
    »Dann dürfen wir Euch begleiten?«
    »Wenn dein Mann zustimmt, ja. Aber du solltest eines nicht vergessen, wenn du mit ihm redest: Wir begeben uns lediglich auf die Suche nach dem Himmel – es gibt keine Garantie dafür, daß wir ihn auch finden.«
     
    Ihre kühne Reise schien von Anfang an unter einem schlechten Stern zu stehen. Die Osian, ein Linienschiff mit einer nominellen Reichweite von einigen Millionen Kilometern, war bisher mit bis zu fünfzig Passagieren auf einem Teilstück der Äquatorroute der Jupiter-Schale verkehrt. Es war das älteste Schiff in Cadren Shildens Flotte, und die Triebwerke hatten in den zurückliegenden Jahren derart an Leistung verloren, daß selbst die erfahrene Tseina einen unangenehm großen Teil ihres Treibstoffes aufbrauchte, um die Fluchtgeschwindigkeit zu erreichen. Darüber hinaus hatte es beim Umbau der Osian zu einem weltraumtauglichen Schiff an den nötigen Erfahrungswerten gefehlt. Der hydroponische Garten, der die vormaligen Passagierkabinen für sich beanspruchte, war zur zusätzlichen Nahrungsmittelproduktion und zur Verbesserung der wiederaufbereiteten Luft gedacht. Nach kurzer Zeit machte sich aber eine Pilzkrankheit breit, so daß er seinen ursprünglichen Zweck nur noch eingeschränkt erfüllte.
    Die Kinder des Spektrums hatten die psychologischen Belastungen eines langen Raumflugs unterschätzt. Sie, die im hellen Licht der Proto-Sonnen aufgewachsen waren, hatten angenommen, daß der ganze Weltraum hell sein würde. Als sie aber den Gürtel der Proto-Sonnen hinter sich ließen und die Dunkelheit des Cronus-Raums sie umfing, erfüllte sie der Gedanke an die langen, dunklen Monate vor ihnen mit Furcht. Das Licht war schließlich der Ausdruck ihres Glaubens.
    Sie hatten auch nicht mit der Langeweile gerechnet. Das Gebet zu Füßen ihres geliebten Messias und seine Lehren hatten genügen sollen, ihnen die Zeit zu vertreiben. Nach zwei Monaten Flug in absoluter Dunkelheit und Stille wurde aber die Luft immer abgestandener und sauerstoffärmer, und selbst Mikh wurde aufbrausend und mürrisch und litt unter Halluzinationen. Die Furcht, den Glauben an ihren Flug und an ihren Meister zu verraten, veranlaßte sie, einander aus dem Weg zu gehen.
    Tseina Shilden kapselte sich am stärksten von allen ab. Als Pilotin eines Exosphärenschiffs hatte sie von Anfang an um die verschwindend geringen Chancen ihres Unternehmens gewußt. Lediglich das Pflichtgefühl gegenüber Mikh und ihrem Vater, der glaubte, daß das Schiff einem im Himmel beschlossenen Zweck genügte, hatte sie dazu gebracht, an dem Flug teilzunehmen. Wenn Tseina überhaupt an eine Chance für sie glaubte, dann nur deshalb, weil sie glaubte, daß Mikh Wunder wirken konnte. Und nur ein Wunder konnte sie noch retten: Der Sauerstoffgehalt fiel mit jedem Tag, und der Pilz griff auf immer größere Teile des hydroponischen Gartens über. Die nächstgelegene Schale des Solaren Universums war die des Saturns, in knapp 650 Millionen Kilometern Entfernung. Bei ihrer derzeitigen Geschwindigkeit entsprach das einer Reise von über einem Jahr. Die stetig sinkende Sauerstoffanzeige aber ließ keine Illusionen zu: In sechs Monaten würden sie alle tot sein.
    Nach fünf Monaten wußten die übrigen ebenso über ihr Schicksal Bescheid wie Tseina; die zunehmende Trägheit ihrer Körper und die immer häufigeren Alpträume ließen keinen Zweifel an ihrem Schicksal. Sie versuchten, die Träume mit den Mitteln ihrer Religion zu deuten, aber es half nichts. Sie wußten, daß sie sterben würden und ihre Pilgerfahrt in den Himmel in geradezu kläglicher Weise unvorbereitet angetreten hatten.
    Dann geschah das Wunder. Das Fernradar der Osian vermeldete das Echo einer großen Masseansammlung vor ihnen, dort, wo es keine Materie geben durfte. Die Gleichförmigkeit der Reflexe ließ Tseina darauf schließen, daß es sich bei der Ansammlung um eine der
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