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Die verlorenen Welten von Cronus

Die verlorenen Welten von Cronus

Titel: Die verlorenen Welten von Cronus
Autoren: Colin Kapp
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Betrieb war, mußte er seinen ganzen Mut zusammennehmen, um in die Mitte der Exis-Speiche zu laufen und nach oben zu blicken. Es war ein eigentümliches Gefühl. Der mächtige Schacht erstreckte sich über große Teile Solanas. Aber wo endete er? Im leeren Raum? Oder auf einer Schale, deren Größe selbst die der Mars-Schale in den Schatten stellte und die Zeus vergessen oder aufgegeben hatte? Oder war das Ganze nur eine Fehlberechnung des Zentralcomputers im Institut für Solaristik? Er fühlte sich benommen, und das völlig irrationale Gefühl stieg in ihm auf, daß das Exis-Feld ihn nach oben zu ziehen versuchte. Er schüttelte den Gedanken ab und kehrte zu Niklas Boxa zurück, der die Shuttles untersuchte. Der Dozent versuchte, ihr Alter anhand der natürlichen Verwitterung der Materialien zu schätzen, aus denen man sie gebaut hatte.
    Die Shuttles waren klein, entsprachen aber der Standardbauweise. Jeder der schmucklosen Zylinder konnte etwa hundertfünfzig Auswanderer aufnehmen und enthielt nur eine spartanische Ausstattung. Entlang der Innenhülle waren dicke Schaumstoffmatten angebracht, die als Betten und Sitzgelegenheiten dienten. Dazu kamen ein Vorrat an Wasser und verpackten Nahrungsmitteln und die Sicherheitsnetze, die die Passagiere während des Übergangs von der Horizontalen in die Vertikale vor Verletzungen schützen sollten. Es gab keine Sichtluken und nur einen einzigen Zugang, und der Antrieb und die Steuerinstrumente befanden sich hinter dicken Schotten, die unmöglich zu durchbrechen waren. Die Sicherheitsnetze waren der einzige Teil der Ausstattung, an denen die Zeit sichtbare Spuren hinterlassen hatte, das Gewebe hatte den größten Teil seiner Elastizität eingebüßt. Sie schnitten eine Probe zur späteren Untersuchung in Ajkavit ab.
    Während Boxa weiter nach ähnlichen Materialien Ausschau hielt, erklomm Ancor ein Gerüst und stieß auf den Kontrollraum der Anlage. Die winzige Kabine war zu seiner Überraschung warm und vibrierte. Das war der erste Hinweis darauf, daß die Automatik des Terminals zwar inaktiv, aber betriebsbereit war. Die Instrumententafeln verrieten ihm nichts – die Betriebsvorgänge einer derart komplexen Anlage entzogen sich seinem Verständnis –, aber auf den Monitoren erschienen hin und wieder bunte Zeichen, die auf eine seit vielen Jahrhunderten andauernde Überwachung hindeuteten.
    Er wollte den Kontrollraum gerade verlassen, als die Lichter an den Instrumententafeln plötzlich aufflammten. Er machte für einen Augenblick im Türrahmen halt und fragte sich, was sie zu bedeuten hatten. Dann veranlaßte ihn ein plötzliches Geräusch, das aus der gewaltigen Halle zu ihm hinaufdrang, herumzuwirbeln.
    »Paß auf, Nik! Irgend etwas geht hier vor!« rief er.
    Ancor behielt recht. Aus unerfindlichen Gründen hatte sich die Luke des ersten Shuttles in der Schlange geschlossen. Die gewaltigen Drehgestelle, auf denen der Zylinder ruhte, quietschten, als ihre jahrhundertelange Pause unterbrochen wurde und sie ihre Last zur Rampe der Speiche beförderten. Die Rampe schüttelte mit einem kurzen Zittern den langen Schlaf ab, brachte den Shuttle in die Vertikale und beförderte ihn präzise auf eine hausgroße Drehscheibe, die wiederum auf einem riesigen Wagen die Schienen entlangglitt. Das Metall kreischte auf, als die Drehscheibe den aufrechten Zylinder in die Rotation versetzte, die in dem Shuttle für die Dauer des Fluges eine künstliche Schwerkraft erzeugen würde.
    Dann rumpelte die Drehscheibe mit ihrer Fracht auf die sich verengende Spirale, die zum Eintrittspunkt der Exis-Speiche führte. Ancor wußte nicht, was den Startvorgang ausgelöst hatte, kletterte aber hastig vom Gerüst und suchte nach Boxa. Wider besseren Wissens hoffte er, daß der Dozent nicht zwischen den unerwartet zum Leben erwachten Gerätschaften gefangen war.
    Als Ancor die Hauptetage betrat, befand er sich in unmittelbarer Nähe zum Eintrittspunkt des Exis-Felds, und er wich hastig zur Wand zurück. Er kannte die glühende Hitze nur zu gut, die aus den Triebwerken des Shuttles schießen würde, sobald es den Eintrittspunkt erreichte. Er konnte von seiner neuen Position aus immer noch keine Spur von Niklas Boxa erkennen, und im donnernden Getöse des Mechanismus ging seine Stimme unter. Trotzdem stieß er einen so lauten Warnruf aus, wie es seine Kehle erlaubte, und dann kauerte er hinter einem Träger, während die Hitze des Feuerschweifs den Boden unter der Spirale aufglühen ließ. Der stechende
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