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Die verlorene Koenigin

Die verlorene Koenigin

Titel: Die verlorene Koenigin
Autoren: Frewin Jones
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nach seiner Gegenwart. Erinnerungen ans Elfenreic h – Erinnerungen an diese Welt; alles wirbelte durcheinander, während sie unter dem Vordach stand und darauf wartete, dass die Tür aufging.
    Ein Teil von ihr wollte wegrennen und sich irgendwo verkrieche n – aber ein anderer Teil ließ sie dort verharren.
    Durch die Glasscheibe in der Tür sah sie, wie sich jemand näherte. Ihre Schläfen pochten.
    Nur Mut! Nur Mut! Nur Mut!
    Die Tür ging auf und sie blickte in das vertraute rundliche Gesicht ihres Vaters mit den gutmütigen Augen. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, seine Haut war grau, und er sah unglücklich und verzweifelt aus.
    Tanias Mund war wie ausgetrocknet. Sie schluckte schwer und versuchte etwas zu sagen. » … Da d …?«
    Seine Augen begannen zu leuchten, er stieß einen stummen Schrei aus, und ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er riss die Tür weiter auf und umarmte sie so fest, dass sie kaum Luft bekam.
    Sie schloss die Augen, legte die Arme um ihn und drückte sich an ihn. Sie spürte seine Bartstoppeln an ihrer Wange, roch seinen vertrauten Seifengeruch, begrub ihr Gesicht im Kragen seines Bademantels.
    Tania hatte keine Ahnung, wie viel Zeit verging, während sie so auf der Türschwelle standen.
    Schließlich zog er sie ins Haus und schloss hinter ihr die Tür.
    »Mary!«, rief er mit zitternder Stimme. »Sie ist wieder da!«
    Tania versuchte zu sprechen, wollte sich entschuldigen, alles erklären, aber sie brachte kein Wort heraus.
    Ihr Vater ging mit ihr durch den Flur. Oben auf der Treppe tauchte ihre Mutter auf und klammerte sich ans Treppengeländer. Tania konnte ihr Gesicht durch den Tränenschleier nur als verschwommenen weißen Fleck erkennen. Die Beine ihrer Mutter gaben nach und sie ließ sich auf die oberste Stufe sinken. Ihr schlanker Körper war in einen alten blauen Bademantel gehüllt.
    Tania stolperte die Stufen hoch, ließ sich vor ihrer Mutter auf die Knie fallen und begrub das Gesicht in ihrem Schoß. Mit zitternden Händen strich ihr die Mutter übers Haar.
    »Oh, Anita!« Ihre Stimme klang brüchig. »Wo warst du? Wo bist du nur gewesen?«
    Tania saß am Küchentisch. Ihre Augen brannten vom Weinen, ihre Brust schmerzte und sie fühlte sich etwas benommen. Sie hatte den Eindruck, als schwebte sie in einer Glaskugel umher und als würde alles, was um sie herum geschah, jemand anderem passieren. Endlose Fragen stürmten auf sie ein, und sie hörte, wie eine Stimme, die wie ihre eigene klang, stockend Auskunft gab.
    Ihr Vater machte Rühreier und der Duft von frischem Toastbrot erfüllte die Küche.
    Ihre Mutter saß ihr gegenüber, die verschränkten Arme auf dem Tisch, und betrachtete sie verwirrt.
    Tania fand es noch schwieriger als erwartet, den Fragen ihrer Eltern zu begegnen. Es widerstrebte ihr zutiefst, sie anzulügen. Sie wusste, was sie sagen musste, aber sie fand es unerträglich, ihnen die erfundene Geschichte von der Reise nach Wales aufzutischen. Ihr Kopf dröhnte von der Anstrengung, die es ihr bereitete, die ganze Zeit Edrics Menschennamen Evan zu benutzen.
    »Du hättest uns wenigstens einen Zettel schreiben können«, sagte ihre Mutter. »Oder uns anrufe n … irgendwas.«
    »Ich weiß«, sagte Tania leise, während ihr der Schädel brummte. »Ich konnte nicht mehr klar denken. Mein einziger Gedanke war, dass ich Evan finden muss.«
    »Aber wie hast du das alles geschafft?«, fragte ihr Vater. »Wie bist du überhaupt bis nach Nordwales gekommen? Das sind immerhin zweihundert Meilen.«
    »Da fahren viele Züge hin«, murmelte Tania.
    »Bist du von der Paddington Station abgefahren?«, fragte ihr Vater.
    Tania nickte.
    »Wie hast du die Fahrkarte bezahlt?«
    »Ich hatte etwas Geld dabei.«
    Ihr Vater stellte ihr einen Teller mit Rührei und Toast hin.
    »Und wie ging’s dann weiter, als du in Wales angekommen warst?«, wollte ihre Mutter wissen.
    Tania nahm die Gabel zur Hand und führte mechanisch einen Bissen Rührei zum Mund. Eigentlich hatte sie keinen Hunger, aber das Essen unterbrach das Gespräch und so hatte sie die Chance, ihre Gedanken zu ordnen.
    Es war furchtbar, dass ihre Eltern ihr die Geschichte so einfach abkauften. Aber wieso auch nicht? Sie liebten sie und vertrauten ih r …
    »Ich hatte eine Adresse«, sagte sie, den Blick auf den Teller geheftet. Ihre Hände waren mit Messer und Gabel beschäftigt, zerschnitten den Toast in kleine Stücke. »Außerdem haben mir alle möglichen Leute geholfen. Ich bin
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