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Die verlorene Koenigin

Die verlorene Koenigin

Titel: Die verlorene Koenigin
Autoren: Frewin Jones
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nachträglich, Anita!«, hörte sie die Stimme ihrer Mutter hinter sich.
    »Hast du etwa gedacht, du würdest nichts kriegen?«, fügte ihr Vater hinzu.
    Ihre Eltern waren ihr offenbar die Treppe hinauf gefolgt.
    »Das hab ich ja ganz vergessen!«, rief Tania und starrte auf die vielen Geschenke.
    »Na los!«, sagte ihr Vater. »Bevor du dich hinlegst, hast du doch sicher noch Lust, ein paar Päckchen zu öffnen. Ich bin schon sehr gespannt, was du bekommen hast!«
    Trotz ihrer Erschöpfung musste Tania lachen. Sie kniete sich auf den Teppich und griff nach dem Stapel Geburtstagskarten.
    Eine halbe Stunde später lag sie immer noch vollkommen angezogen auf dem Bett, so erschöpft, dass sie nicht mal mehr den Elan hatte, sich auszuziehen. Überall um sie herum, in Regalen und auf sämtlichen Möbelstücken, waren die Geburtstagskarten verteilt. Auf dem Schreibtisch stand ihr neuer Computer. Ihre übrigen Geschenke lagen auf der Wäschekommode: ein Rucksack von Nan und Granddad, eine Halskette von Tante Jenny und Onkel Steve. Eine CD von ihrer Cousine Helena. Ein paar Bücher. Ein roter Satinschal. Geschenkgutscheine und etwas Geld.
    Schläfrig blickte sich Tania um, sah all die vertrauten Gegenständ e … und dachte an ihr Zimmer im Elfenpalast, jenen verzauberten Raum mit den bebilderten Wandteppichen, die zum Leben erwachen konnten, und den Fenstern, die auf die Gartenanlage hinausgingen.
    Dort war alles ganz anders gewesen. Und doch hatte sie sich zu Hause gefühlt. Heimisch hier wie dort. Gehörte sie in beide Welten oder in keine?
    Was hatte Gabriel Drake zu ihr gesagt, kurz bevor Oberon ihn verbannt hatte?
    »Eure Seele ist hin- und hergerissen zwischen den Welte n – Ihr werdet niemals Frieden finden!«
    Tania verdrängte die Erinnerung. Er irrte sich. Er musste sich einfach irren.
    Ihre Umhängetasche aus Stoff lehnte an ihrem Nachttischchen. Die hatte sie das letzte Mal im Krankenhaus gesehe n – anscheinend hatten ihre Eltern sie abgeholt.
    Tania zog die Tasche zu sich heran und fand nach einigem Wühlen ihr Handy. Als sie es einschaltete, leuchtete das Display auf.
    Hi Anita!
    Der Akku war also noch nicht ganz leer. Gut.
    Sie wählte Evans Numme r – Edrics Numme r – und hielt das Handy an ihr Ohr. Schon nach dem ersten Klingeln ging er ran.
    »Wie ist es gelaufen?« Er klang sehr besorgt. »Ich warte schon seit Ewigkeiten auf deinen Anruf. Ist alles in Ordnung?«
    »Ich habe das Blaue vom Himmel heruntergelogen«, sagte sie unglücklich. »Und sie haben mir geglaubt.«
    »Das ist doch gut«, bemerkte Edric.
    »Ja?«, erwiderte Tania mit geschlossenen Augen. In ihrem Kopf drehte sich alles. »Ist das wirklich gut? Du, es tut mir total leid, aber ich bin zu müde, um noch länger zu reden. Wir sehen uns morgen in der Schule, okay?«
    »Kann ich denn noch irgendwas für dich tun?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch.«
    Kaum hatte sie das Handy ausgeschaltet, glitt es ihr auch schon aus der Hand und fiel neben das Bett. Gedämpft vernahm sie den dumpfen Aufschlag auf dem Teppich. Kurz darauf war sie eingeschlafen.

II
    T ania und Edric stolperten Hand in Hand durch einen stockdunklen steilen Taleinschnitt. Sie rannten um ihr Leben. Die zerklüfteten Berge ringsum glänzten wie schwarzes Glas im heftig herabprasselnden eisigen Regen. Schwere, dicke Unwetterwolken hingen am Himmel, deren aufgeblähte Formen von den zackigen Felsen aufgerissen wurden. Blitze hüpften zischend wie Schlangen von Stein zu Stein.
    In der alles verschlingenden Dunkelheit konnte Tania dicht hinter sich lautes, heiseres Atmen hören. Ängstlich schaute sie sich um. Sie war sich sicher, dass sie durch den strömenden Regen hindurch zwei rote Augen erkannte.
    »Los, komm!«, ertönte Edrics Stimme inmitten des Tosens.
    Tania kletterte weiter über das zerklüftete Gelände, klammerte sich an Edrics Hand und schaffte es nur mit Müh und Not, sich auf den Beinen zu halten.
    Auf allen Seiten waren sie von glatten schwarzen Felsen eingeschlossen. Die glänzenden Steine waren so spitz und scharfkantig, dass schon eine einzige unvorsichtige Berührung blutige Wunden reißen konnte. Es war, als kletterten sie über ein Feld aus Glasscherbe n – und die ganze Zeit über prasselte der Regen auf sie nieder, der Donner dröhnte Tania in den Ohren, und die Blitze brannten ihr wie Säure in den Augen.
    Plötzlich rutschte sie aus und fiel mit einem Schmerzensschrei auf die Knie.
    »Steh auf!«, befahl Edric ihr. »Es
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