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Die Verlassenen

Die Verlassenen

Titel: Die Verlassenen
Autoren: Amanda Stevens
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nehme an, du hast gehört, was sie mit dem Friedhof von Oak Grove vorhaben.“
    „Wie vorhaben?“ Ganz plötzlich bekam Dr. Farrantes Stimme einen scharfen Ton.
    „Camille Ashby will, dass der Friedhof restauriert wird. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, dass Oak Grove zum zweihundertsten Jubiläum für die Aufnahme ins Staatliche Verzeichnis Historischer Stätten nominiert wird. Dafür braucht sie natürlich die Zustimmung des Ausschusses. Aber du kennst ja Camille. Sie hat sehr viel Einfluss in diesen Kreisen und wird sich nicht kampflos geschlagen geben.“
    „Wann wird darüber abgestimmt?“
    „Bald, könnte ich mir vorstellen. Camille hat schon eine Restauratorin vorgeschlagen, eine Frau namens Amelia Gray. Wenn ihre Referenzen in Ordnung sind und sie keine unverschämten Honorarvorstellungen hat, hat der Ausschuss keinen Grund, ihr den Auftrag nicht zu geben.“
    Ree, die immer noch da stand wie erstarrt, runzelte die Stirn. Amelia Gray . Wo hatte sie diesen Namen schon einmal gehört?
    „Das gefällt mir nicht“, murmelte Dr. Farrante. „Eine Restaurierung könnte das Interesse der Medien wecken. Irgend so ein neugieriger Reporter könnte auf die Idee kommen und sich fragen, warum man Oak Grove so hat verwahrlosen lassen. Eine solche Aufmerksamkeit könnte katastrophale Folgen haben.“
    „Für dich vielleicht. Ich für meinen Teil habe beschlossen, es als günstige Gelegenheit zu betrachten.“
    „Als günstige Gelegenheit ? Bist du wahnsinnig?“
    „Was das angeht, bist du zwar der Experte, aber ich habe mir schon oft gedacht, dass Wahnsinn, genau wie Schönheit, im Auge des Betrachters liegt.“ Auf einmal klang die Stimme des Mannes belustigt. „Nimm dich nur mal selbst als Beispiel. Du hast dein ganzes Leben dem Funktionieren des menschlichen Geistes gewidmet, aber du selber lebst in einer Parallelwelt. Du bist dermaßen auf das Innenleben fixiert und hast dich so in deiner eigenen Welt verschanzt, dass du noch gar nicht gemerkt hast, wie sich unsere Beziehung seit dem Tod meines Vaters verändert hat.“
    „Was da heißt?“
    „Es ist mir egal, was unsere Familien vor zwei Generationen getan haben. Ich habe nicht das geringste Interesse, irgendetwas zu bewahren, egal, ob es um den Namen Tisdale geht oder um den Friedhof von Oak Grove oder um unser kleines schmutziges Geheimnis. Solange der alte Mann noch gelebt hat, habe ich seinen Wunsch respektiert. Aber jetzt ist er tot, und ich bin in der unglücklichen Situation, dass ich ein paar äußerst unangenehmen Leuten eine ganze Menge Geld schulde.“
    „Und was geht das mich an?“, fuhr Dr. Farrante ihn an.
    „Du bist doch daran interessiert, ein Geheimnis zu bewahren. Wenn die Wahrheit über meine Tante jemals ans Licht käme, würde das großartige Vermächtnis der Farrantes wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Sie würden dir den Laden hier dichtmachen, dir alle deine Auszeichnungen aberkennen und den Namen deines Großvaters aus den Geschichtsbüchern löschen. Denk nur mal an die Aufmerksamkeit, die das erregen würde. Deine Kollegen würden dich meiden, und vielleicht würde man dich sogar ins Gefängnis stecken.“
    „Das hier ist also ein Erpressungsversuch.“ Durch den samtweichen Ton hörte Ree etwas in Dr. Farrantes Ton, das sie bis ins Mark erschütterte.
    „Was für ein unfeiner Ausdruck für einen Mann von deinem Format.“
    „Wie viel?“
    „Eine halbe Million würde reichen.“ Der Mann hielt einen Moment inne. „Für den Anfang zumindest“, sagte er dann.
    „Das ist sehr viel Geld.“
    „Nicht für dich. Ich gehe jede Wette ein, dass du noch jeden Penny von deiner Erbschaft besitzt.“
    „Verspielt habe ich sie jedenfalls nicht, was du ja offenbar mit deiner Erbschaft gemacht hast. Nur sind die Unterhaltskosten für dieses Krankenhaus astronomisch. Ganz zu schweigen von meiner Forschung. Ich bin kein reicher Mann.“
    „Ich bin überzeugt, dass du das hinkriegst, eine halbe Million zusammenzukratzen. Denn wenn du es nicht tust ...“ Seine Stimme hatte auf einmal einen warnenden Ton, doch er sprach den Satz nicht zu Ende. Stattdessen sagte er: „Du hast es selbst gesagt. Die Restauration des Friedhofs von Oak Grove wird sehr wahrscheinlich das Interesse der Medien wecken. Man braucht nur ein, zwei Namen ins richtige Ohr zu flüstern, und schon kannst du dich von deinem guten Ruf verabschieden.“
    Eine Pause trat ein. „Du bluffst. Dein Vater ist zwar tot, aber du würdest es trotzdem nicht wagen, den Orden zu
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