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Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande

Titel: Die Vergessenen Welten 16 - Die Drachen der Blutsteinlande
Autoren: R.A. Salvatore
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Haar fiel ihr über die Schultern, und Entreri wäre am liebsten aufgesprungen und hätte sein Gesicht in dieser warmen, weichen Mähne vergraben.
    »Wir wollten etwas essen«, erinnerte ihn Calihye. Seufzend begann sie ihr Hemd anzuziehen. »Ich dachte eigentlich, du müsstest inzwischen gewaltigen Hunger haben.«
    Als sie den Kopf wieder aus dem Hemd streckte, fiel ihr Blick auf ihren Geliebten, und ihr Lächeln verschwand.
    Das wies Entreri darauf hin, dass er selbst offenbar wieder einmal missmutig das Gesicht verzogen hatte. Er wusste nicht, warum. In diesem Augenblick hatte er nicht einen einzigen Gedanken im Kopf, der eine solche Miene rechtfertigte. Calihye ließ ihn jedenfalls nicht so empfinden, denn er hielt sie für einen Lichtblick in seinem erbärmlichen Leben. Aber er sah tatsächlich mürrisch aus, was ihre Züge nun spiegelten.
    In der letzten Zeit hatte er häufig so säuerlich dreingeblickt – oder war es seit längerer Zeit? –, und das für gewöhnlich ohne einen offensichtlichen Grund. Jedenfalls, wenn man davon absah, dass er häufig zornig war – auf alles und jedes gleichzeitig.
    »Wir müssen nicht unbedingt essen«, sagte Calihye nun.
    »Nein, nein, selbstverständlich sollten wir das tun! Es ist ja schon beinahe Mittag.«
    »Was beunruhigt dich so?«
    »Nichts.«
    »Habe ich dir letzte Nacht kein Vergnügen bereitet?«
    Entreri hätte über diese absurde Frage beinahe gelacht, und er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sie ansah und erkannte, dass sie ihn einfach zu einem Kompliment verlocken wollte.
    »Du hast mir viele Nächte Vergnügen bereitet. Großes Vergnügen. Und die vergangene Nacht gehörte ebenfalls dazu«, sagte er und war froh zu sehen, wie offensichtlich erleichtert sie war.
    »Was beunruhigt dich also?«
    »Ich sagte dir doch, dass ich nicht beunruhigt bin.« Entreri griff nach unten, nach seiner Hose, und begann sie über die Füße zu ziehen. Er hielt inne, als er Calihyes Hand auf seiner Schulter spürte. Als er zu ihr aufsah, bemerkte er, dass sie ihn besorgt anblickte.
    »Deine Worte passen nicht zu deinem Gesichtsausdruck«, sagte sie. »Verrate es mir doch! Kannst du mir denn nicht vertrauen? Was bringt Artemis Entreris Stimmungen so durcheinander? Was ist mit dir? Was ist dir zugestoßen, das dieses innere Feuer entzündete?«
    »Du sprichst in albernen Rätseln, die du dir nur einbildest.« Wieder beugte er sich vor, um die Hose anzuziehen, aber Calihye packte ihn fester und zwang ihn, sie erneut anzusehen.
    »Was ist los?«, bohrte sie weiter. »Wie entsteht ein Krieger von solcher Vollkommenheit wie Artemis Entreri? Was hat dich zu dem gemacht, was du bist?«
    Entreri wandte sich ab und betrachtete seine Füße, ohne sie wirklich zu sehen. In seinem Kopf war er wieder ein Junge, kaum mehr als ein Kind, unterwegs auf den staubigen Straßen einer Hafenstadt am Rande der Wüste, die erfüllt waren von dem Geruch nach Bilgewasser und von stechendem Sand, je nachdem, aus welcher Richtung der Wind wehte.
     
    Die Wagen knarrten, obwohl sie stillstanden, als der Wind den Sand gegen ihre Holzseiten trieb. Ein paar Pferde wieherten unbehaglich, und eins bäumte sich sogar so weit auf, wie das schwere, enge Geschirr es zuließ. Der Kutscher, ein dünner, sehniger Mann mit harschen, kantigen Zügen, der den Jungen an seinen Vater erinnerte, ließ sofort die Peitsche auf das verängstigte Geschöpf niedersausen.
    Ja, genau wie sein Vater.
    Der fette Gewürzhändler, der auf einem der Wagen saß, starrte den Jungen lange Zeit an. Diese Augen mit den schweren Lidern schienen ihn zum Schlummern verleiten zu wollen, sie waren so hypnotisch wie eine hin und her schwankende Schlange. Es gab dort etwas, wusste der Junge, es lag Magie in diesem Blick, die Fähigkeit, andere zu beherrschen, was es diesem jämmerlichen, ungepflegt wirkenden Kerl gestattet hatte, eine so wichtige Stellung bei der Gruppe einzunehmen, die sich versammelt hatte, um als Karawane aus Memnon herauszuziehen. Die anderen beugten sich alle diesem Mann, das sah er genau, obwohl er nur ein Junge war und wenig über die Welt oder die Hierarchie innerhalb der Kaufmannsklasse wusste.
    Aber dieser hier war ganz sicher der Anführer, und der Junge errötete und fühlte sich geschmeichelt, dass sich ein Anführer von so vielen mit ihm und seiner Mutter abgab. Sein Stolz wich jedoch bald einem Ausdruck gewaltigen Staunens und Unglaubens, als der dicke Mann Münzen herausholte – Goldmünzen!
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