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Die Verfemten

Die Verfemten

Titel: Die Verfemten
Autoren: Thomas Knip
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Distanz zu halten.
    Jetzt erst erkannte er die Kleiderfetzen, in die die Gestalten gehüllt waren. Sie waren in zahlreichen Lagen dicht übereinander gelegt und verhüllten die hageren Körper fast vollständig. Der Stoff war brüchig und dreckig. Nur um die Augen war bei den meisten ein kleiner Spalt offen. Dunkle, blutunterlaufene Augen, die in dem schwachen Licht fiebrig funkelten, richteten sich auf den halbnackten Mann.
    Talon schwang das Stück Holz um sich herum und trieb damit die vordersten Angreifer zurück. In dem Dämmerlicht konnte er kaum ausmachen, wie vielen Gegnern er gegenüberstand, doch es waren genügend, um ihn in einem weiten Bogen langsam zu umzingeln.
    Seine provisorische Waffe traf eine der Gestalten in die Seite und warf sie zurück. Die Wurzel knirschte bedenklich. Ein dumpfer Aufschrei drang aus den Stofffetzen. Der Mann mit den rotbraunen Haaren nutzte den Schwung aus und traf zwei weitere Körper, die nach hinten taumelten.
    Eine Hand packte ihn bei der Schulter. Talon riss den Kopf herum und blickte in zwei funkelnde Augen. Mit dem Ellenbogen schlug er den Arm zurück. Ekel packte ihn. Der raue Leinenstoff war mit Absonderungen durchtränkt und legte eine schmierige Schicht auf seine Haut. Die Faust seiner linken Hand schlug zu. Er traf eine der Gestalten mitten in das vermummte Gesicht. Es fühlte sich an, als würde er auf einen Stapel nasse Wäsche einprügeln. Sofort bildete sich auf dem verdreckten Tuch ein dunkler, roter Fleck.
    Talon schrie auf. Ein Schlag traf ihn in die Seite, auf Höhe der Niere. Er taumelte vor und zog dabei die lange Wurzel in einem weiten Bogen durch. Sie traf einen seiner Gegner und schleuderte ihn mit Wucht zu Boden, doch dabei zerbrach das Holz und ließ dem Mann aus dem Dschungel kaum mehr als einen wertlosen Stumpf zurück.
    Er spürte, wie sich zwei, drei der Gestalten mit ihrem gesamten Gewicht gegen ihn warfen und ihn zu Boden reißen wollten. Mit letzter Kraft hielt er ihnen stand und schüttelte einen von ihnen ab. Dann jedoch packten ihn zwei kräftige Hände bei den Knöcheln und brachten ihn aus dem Gleichgewicht.
    Talon ruderte noch mit den Armen, um sich abzufangen. Er bekam einen der Gegner an einem verschmierten Stofflappen zu fassen, der lose am Körper hing, und riss ihn mit sich zu Boden. Sofort waren die Gestalten trotz ihrer schwerfälligen Bewegungen über ihm und hielten ihn am Boden fest. Seine Arme wurden zur Seite gerissen. Ein Gemisch aus Ausdünstungen und fauligem Atem schlug ihm entgegen. Nur mit Mühe konnte er die aufsteigende Übelkeit unterdrücken.
    Die verhüllten Körper verständigten sich mit kehligen Lauten, von denen Talon ab und zu einen Brocken verstand. Er fühlte, wie eine unförmige Hand an seine linke Seite griff und das bronzene Schwert in einer schwungvollen Bewegung aus der einfachen Scheide aus gewickeltem Leder zog.
    Die antike Klinge glitzerte in den Lichtstreifen, die von oben herabfielen, dunkel auf. Eine der Gestalten schob sich mühevoll über Talons Körper und hob das Schwert langsam an.
    Ein dumpfer Ruf ließ die Gruppe einhalten. Der, der das Schwert hielt, wurde plötzlich durch einen kräftigen Hieb zur Seite geschleudert. Aus den Kehlen der Vermummten drang gedämpft ein wütender Schrei. Nur zögernd wichen sie zurück und machten einer hoch aufragenden Gestalt den Weg frei.
    Talon hob den Kopf so weit wie möglich an. Im fahlen Gegenlicht sah er eine Gruppe aus drei Personen, von denen die mittlere Ehrfurcht gebietend einen massiven Stab wie einen Knüppel in der Hand hielt und durch mehrere kurze Hiebe die Gestalten von Talons Körper vertrieb. Dennoch hielten sie ihn an den Handgelenken und Knöcheln fest, um ihm keine Flucht zu erlauben.
    Der Vermummte trat auf den am Boden liegenden Mann zu und beugte sich vor.
    „Danke, dass Sie mich vor dieser Horde gerettet hab- …“, setzte Talon in gebrochenem Kiswahili an und hoffte, dass man ihn verstand. Doch weiter kam er nicht. Der Knüppel stieß vor und traf Talon seitlich an der Stirn. Sein Bewusstsein explodierte und tauchte in eine namenlose Dunkelheit ab.

    Als er erwachte, schien der Boden unter ihm zu tanzen.
    Talon konnte die aufkommende Übelkeit nicht mehr zurückhalten und übergab sich. Sofort war er hellwach. Er hustete Reste des Erbrochenen heraus, die ihm in die Luftröhre gerutscht waren, und spuckte aus. Sein Hals brannte wie Feuer.
    Doch noch schlimmer war das Pochen in seinem Kopf. Er spürte, wie es mit jedem Schlag
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