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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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EGRIFFSERLÄUTERUNG
    Bei dem griechischen Wort „Kanon“ handelt es sich um ein Lehnwort aus dem Semitischen. Die ursprüngliche Bedeutung war „Rohr“. Man muss sich wohl ein Schilfrohr oder einen Getreidehalm vorstellen. Im weiteren Sinne bedeutete es „Maßrohr“, „Maßstab“. Gebräuchlich waren im Griechischen die Bedeutungen von „Norm“, „Regel“, „Vorschrift“, aber auch „Liste“ und „Verzeichnis“. Im 4. Makkabäerbuch heißt es in Kapitel 7,21: „Sollte nicht der, der nach dem ganzen Kanon der Philosophie philosophiert, Gewalt über die Triebe erlangen?“ Der Kanon der Philosophie war die Regel, die verbindliche Gültigkeit hatte. Sie galt fast schon wie ein Gesetz. Es handelte sich also nicht mehr um das Maß für räumliches Messen, sondern vor allem um das Maß als Norm des Ethischen. Die Kirche behielt diese Bedeutung bei. Unter Kanon verstand man die verbindliche Glaubensnorm für alle. Man sprach z. B. vom Kanon des Glaubens, dem Kanon der Wahrheit. Daneben wurden aber auch Tabellen etc. als Kanon bzw. Kanones bezeichnet. Ab Mitte des 4. Jahrhunderts hatte der Begriff Kanon in der Kirche jedoch noch eine weitere Bedeutung, die nun für unser Verständnis von Kanon und kanonisch prägend wurde und ist. Unter Kanon verstand man jetzt die Schriften des Alten und Neuen Testaments. Die Bibel war Kanon. Die Geschichte der Kanonisierung der Schriften des Neuen Testaments wird noch in Kap. 3 dargestellt.
    Das Wort Evangelium leitet sich vom griechischen „Euangelion“ ab und bedeutet so viel wie „Gute Nachricht“, „Frohbotschaft“, „Heilsbotschaft“. Im Evangelium wurde Jesus Christus verkündet. Es beinhaltete die frohe Botschaft von Tod und Auferstehung Jesu. Der Begriff wurde auf Werke übertragen, die zum einen Berichte der Passion und Auferstehung lieferten, und zum anderen auf Sammlungen mit Jesus-Worten, die seine Lehre und Verkündigung wiedergaben.
    Es lassen sich aber auch Einflüsse etlicher anderer literarischer Gattungen in den Evangelien nachweisen. Die Sammlungen von Wundergeschichten Jesu haben in der hellenistischen Aretalogie (Darstellung göttlicher Menschen) ihre Vorläufer. Die Spruchsammlungen lassen einen deutlichen Einfluss der jüdischen Weisheitsliteratur erkennen. Kennzeichen dieser Schriften sind ihr Sammelcharakter sowie die stark biographischen Züge, ohne Biographie zu sein. Sie wollen über das Leben Jesu berichten, aber nicht um einen Menschen darzustellen, sondern um zu zeigen, dass dieser Mensch Sohn Gottes ist.
    Erwachsen ist die Evangelienliteratur aus dem Interesse der frühchristlichen Gemeinden am Leben und Lehren Jesu. War in den ersten Jahren des Christentums die Überlieferung noch vorwiegend mündlich, so kam die schriftliche Weitergabe schnell hinzu. Neben den alttestamentlichen Schriften, stellten für die Urkirche die mündliche Überlieferung so genannter Herrenworte Jesu sowie kurze Erzählungen über Jesus die höchste Autorität dar. Maßgeblich für die Verschriftlichung war nicht die Sorge, dass die mündliche Tradition ungenauer sei und das Wesentliche vergessen könnte, sondern der im kulturellen Umfeld verbreitete Gebrauch der Schrift.
    Nicht nur die griechische Welt liebte die Schrift. Im Judentum spielte das Buch der Bücher, vor allem die Tora, die fünf Bücher Mose, die zentrale Rolle. In der jüdischen Gemeinde gab es kein männliches Gemeindemitglied, das nicht lesen und schreiben konnte. Daneben war die schriftlich fixierte Botschaft der Lehre Jesu Christi eine Art Verkündigungsersatz bei Abwesenheit des Verkündigers. Man denke nur an die Missionsarbeit des Paulus, der in vielen, räumlich weit auseinanderliegenden Gemeinden predigte und diese nur sehr unregelmäßig besuchen konnte. An der in seinen Briefen niedergelegten Verkündigung konnte sich die jeweilige Gemeinde während seiner Abwesenheit orientieren. Die ältesten schriftlichen Dokumente des frühen Christentums stellen somit die Paulus-Briefedar. Daneben wurden Gemeindeordnungen, Sprüche Jesu, Gleichnisse und Wundergeschichten zusammengestellt und gesammelt. Die mündliche Überlieferung wurde noch einige Zeit gepflegt und hoch geachtet.
    Die apostolische Tradition, d. h. die Berufung auf die Autorität eines Apostels, war ein Produkt der nachapostolischen Zeit. Genannt seien hier nur die Petrustradition im westlichen Syrien – auf das aus dieser Tradition stammende apokryphe Petrusevangelium wird noch gesondert eingegangen – die
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