Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
Frisur war ungewohnt, aber Tobbs musste insgeheim zugeben, dass sie gar nicht mal so schlecht aussah.
    »Todsicherer Plan. Erst habe ich dafür gesorgt, dass König Tanuki mich zum Verhör holt«, erzählte sie. »Er kannte uns ja nicht, also war es nicht schwer, mich als Arnold auszugeben. Ein bisschen Schlamm und die Haare waren braun. Dann musste ich nur dafür sorgen, dass sie mich den Nixen vorwerfen. Ich habe zum Glück oft genug mit den Elfen gepokert, um zu wissen, wie man jemanden anständig beleidigt. Und dann haben sie mich gefesselt und in den See geworfen.« Sie verzog das Gesicht und deutete auf ihre Bisswunde. »Na ja, manche Nixen müssen erst lernen, dass grünes Süßwasserblut der eigenen Artgenossen giftig ist.«
    Tobbs dachte an das kochende Wasser des Mondsees und ihm wurde flau im Magen.
    »Jedenfalls hat es dann eine Ewigkeit gedauert, alle Knoten aufzubekommen. Die Tanukis hatten ein kompliziertes System für die Kettenleinen. Die Nixen sollten an die Gefangenen rankommen, sich aber nicht gegenseitig die Fesseln durchbeißen können. Sie waren ziemlich sauer.«
    »Das sehe ich«, erwiderte Tobbs.
    Ein Schmetterling sauste heran und umrundete seinen Kopf. Tobbs schnappte ihn aus der Luft. Er erwartete, dass die Nachricht von Moriko sein würde, doch als das Insekt die Flügel aufklappte, las er die Inschrift:
    Kommt zum Cho-Babadoo!
    Sofort!
    Wanja wartet. Neki.
    »Ach, haben die mein Verschwinden auch schon bemerkt«, knurrte Tobbs. »Also auf, lass uns sehen, dass wir Mamsie Matata finden und dann so schnell wie möglich ins Tal kommen und dann … Anguana?«
    Doch das Mädchen schwieg. Mit verkniffenen Lippen starrte es auf die Veranda des Palasts.
    Die Flamencospieler schrammelten auf den kaputten Gitarren, als ginge es um ihr Leben. Und Ankou Arnold und Amaterasu lachten und tanzten. So, wie Arnold die junge Göttin anlächelte, waren Sonnenflecken sicher kein Thema für ihn.
    Tobbs schnitt es ins Herz, Anguanas Miene zu sehen. Er konnte nur zu gut verstehen, wie sie sich gerade fühlte.
    »Tut mir leid«, sagte er und meinte es vollkommen ernst. »Aber schau mal – ein solcher Idiot hat dich doch gar nicht verdient!« Wenn es eine Freundin auf der Welt gab, die absolute Solidarität verdiente, dann war es Anguana!
    Anguana wurde erst blass, dann rot, dann schluckte sie tapfer und versuchte sich an einem Lächeln.
    »Tja«, meinte sie mit seltsam hoher Stimme. »So viel zum Thema Orakel.«
    Sonnenlicht ließ den Berg leuchten. Die Herbstfarben am Fuß des Berges strahlten wieder, nur die schwarz verkohlten Flächen weiter oben zeugten noch von der Schlacht.
    Tobbs und Anguana stolperten Hand in Hand durch niedergebranntes Unterholz, traten in noch warme, nass gewordene Asche. Mamsie Matata hatte sich in ihren Spiegel verkrochen und schwieg.
    Je näher sie dem Tal und der Stadt Katuro kamen, desto weniger war der Wald verwüstet. Immer wieder sah sich Tobbs um – zum einen auf der Hut vor den Kitsune, zum anderen in der Hoffnung, Moriko zu sehen. Doch das Fuchsmädchen tauchte nicht auf. Langsam machte er sich doch Sorgen, dass ihm in den letzten Minuten des Kampfes etwas zugestoßen war.
    Angestrengt ließ er seinen Blick durch das dichte Gehölz schweifen. Zwischen bunten Ahornbäumen stand eine einzelne Kiefer. Im Kontrast zum Ahornlaub stachen ihre grünen Nadeln noch mehr hervor. Ihre Äste bildeten ein großes, weit ausladendes Dach. Und unter diesem Dach – Tobbs musste zweimal hinschauen – entdeckte er goldene Fuchsaugen.
    Ein Haus mit grünem Dach und goldenen Fenstern, hallte die Stimme von Nummer eins in seinem Kopf. Beinahe hätte er gelacht, so einfach war die Lösung.
    »Warte mal«, bat er Anguana. Dann schluckte er und ging auf den Baum zu. Bei jedem Schritt schlug sein Herz schneller, seine Hände zitterten, und vor Aufregung wurde ihm schwindelig. Er musste sich bücken, um unter die tief hängenden Zweige kriechen zu können – und stand gleich darauf in einem kühlen, schattigen Raum.
    »Yoko?«, fragte er leise.
    Mehrere Füchse waren hier, er konnte ihre Anwesenheit ganz deutlich spüren, doch merkwürdigerweise sah er sie nicht. Erst als etwas vor ihm knackte, erkannte er eine Gestalt. Es war ein großer, schlanker Fuchs. Zumindest auf den ersten Blick. Doch plötzlich begann die Gestalt sich zu verändern, wuchs in die Höhe, bekam Arme und einen längeren Hals. Menschliche Gesichtszüge begannen hinter dem füchsischen Äußeren zu schimmern. Dann waren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher