Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Akers
Vom Netzwerk:
Luft wurde schlagartig backofenheiß. Die Besatzung scharte sich hinter Wilsons merkwürdig bucklige Schultern und starrte mich durch das dicke Glas an. Ich schwenkte einen schweren Arm, und man gab den Weg für mich frei. Wilson führte mich zur Reling und beförderte mich mit einem leichten Stoß über den Rand des Boots. Geräuschlos nahm mich der Reine auf.
    Eine Weile wurde es dunkler und dunkler, kälter und kälter. In absoluter Stille sank ich durch das Wasser. Meine Atemgeräusche wurden von den Schläuchen und vom Metall des Eisenmanns verschluckt. Ich starrte auf mein Gesicht, das sich im trüben Licht der lautlosen Motoren der Maschine im Glas widerspiegelte. Meine Augen wirkten tot, meine Haare bildeten ein wirres Chaos um meinen Kopf, meine Züge sahen blass und müde aus. Ich war in den letzten beiden Jahren um zehn Jahre gealtert. Die Geschäfte gingen schlecht. Seit ich der Nummer eins von Veridons Verbrecherwelt eine Waffe an den Kopf gehalten und dadurch unsere komplizierte Freundschaft beendet hatte, liefen die Dinge nicht gut für mich. Meine Kontakte hatten aufgehört, mit mir zu reden. Meine Stammkunden suchten mich nicht mehr auf. Ich war gezwungen, Aufträge von Leuten anzunehmen, denen ich nicht vertraute – Aufträge, die ich nicht haben wollte. Ich musste mit Menschen wie Grau zusammenarbeiten und mich in Situationen begeben, bei denen ich nicht wusste, ob ich wieder aus ihnen herauskommen würde. Aufträge wie diesen. Situationen wie diese.
    Ein totes Gesicht klatschte gegen das Glas, die Haut schlaff und weiß, die Augen wie glatte, bleiche Murmeln. Ich erschrak und stieß mir den Kopf an dem Metallanzug an. Die Gestalt legte die Hände auf das Glas und fuhr den Rand entlang hinab, bis sie Halt fand. Der Tote beobachtete mich mit ausdruckslosen Augen. Weitere Hände tauchten aus der Dunkelheit auf und hielten meinen Rücken, schlangen sich um meine Arme. Mein erster Instinkt war Gegenwehr. Ich musste die aufsteigende Panik niederringen und ließ mich von jenen vom Fluss aufgedunsenen Armen ergreifen. Sie führten mich nach unten. Ich nahm Lichter wahr, einen weitläufigen Ring von Lichtern, die in der Dunkelheit verblassten. Eine flache, runde Tür in einer von Muscheln überzogenen Wand aus Eisen. Sie öffnete sich wie eine Blende, und wir begaben uns hinein. Meine Begleiter trieben zurück, hinaus in die kalte Strömung. Ich blieb allein in einer kleinen Kammer zurück, wo ich zu Boden sank. Ein schwerer, dumpfer Schlag ertönte. Das Wasser rings um mich schien zu vibrieren, dann floss es langsam ab. Der Anzug fühlte sich schwer um meine Schultern an. Mühsam befreite ich mich daraus. Die Luft in der Kammer erwies sich als kalt und steril.
    Ich ließ den Eisenmann von mir abfallen und kramte in dem kleinen Lederranzen, den ich dabei hatte. Meine Finger waren taub, und mir wurde bewusst, wie sehr ich fror. Nach mehreren Versuchen gelang es mir, die Reibungslampe zum Leben zu erwecken. Ich richtete mich auf. Der Raum war voll von Leichen, die dicht um mich herum standen, dichter, als ich gedacht hätte. Dutzende davon. Ich brauchte eine Sekunde, um zu erkennen, dass ich mich in einem Raum aus Glasscheiben befand und in das trübe Wasser des Reine hinausblickte. Auf dieser Seite des Glases befand sich mein winziger, trockener Raum, auf der anderen drängten sich wahre Heerscharen von Fehn, die leicht in der Strömung des Flusses schwankten.
    Die Fehn … nun ja. Die Fehn bereiten mir Unbehagen. Ich hatte schon früher mit ihnen zu tun gehabt und betrachtete einen unter ihnen sogar als Freund, Erschaffer Morgan, wenngleich ich ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte. Vermutlich war er mittlerweile aus den Rängen der individuellen Fehn ausgeschieden und in den trägen Chor jener eingegangen, die ihre Persönlichkeit und ihren Geist an das Gruppenbewusstsein des Fehnschwarms verloren hatten. Ich unterdrückte ein Schaudern, während ich mein Publikum betrachtete, dessen Augen lose in den Köpfen prangten und dessen Münder im kalten Wasser offen standen.
    »Sind wir so abstoßend?«, fragte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah einen der Fehn aus einem Niedergang im Boden heraufkommen. Seine Kleider waren größtenteils trocken, in seinen Augen funkelte noch Empfindungsvermögen. Er überquerte den Boden und streckte die Arme wie ein Bittsteller aus. »Ist unsere Gegenwart so schrecklich, Jacob Burn?«
    »Also …«, setzte ich an und betrachtete die Fenster rings
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher