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Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
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Licht sich in einem dichten Kegel konzentriert, und über dem Kegel schwebt ein Gesicht, das grell von unten angestrahlt wird.
    »Mr. Penumbra«, tönt es aus dem Gesicht. Es ist Mo, aber hier oben ist er verwandelt. Die gespiegelten Lichtovale auf seinen Brillengläsern sehen aus wie Monde. Die Augen dahinter liegen im Dunkeln. »Wie oft muss ich Sie noch darum bitten? Nennen Sie mich Mo.«
    »Aber Sie …«
    »Bitte.«
    »Natürlich. Mo.« Das Wort klingt linkisch aus seinem Mund. »Ich war gerade in der Stadtbibliothek. Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt und … nun ja, ich habe eine Karte gefunden.«
    »Karten sind gut. Ich mag Karten. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Meine Spezialmischung.« Das Rätsel des würzigen Dufts klärt sich: Kardamom. Aus einer blassen Tasse auf dem Schreibtisch steigt Dampf auf, fast golden kringelt er sich im Schein der Lampe.
    »Ja, danke.«
    Aus einer filigranen, in ein violettes Tuch eingeschlagenen Kanne – eine sehr stilvolle Thermoskanne – gießt Mo wohlriechenden Kaffee in eine Tasse und stellt sie unter die Lampe. »Setzen Sie sich. Trinken Sie. Entspannen Sie sich.«
    Penumbra gehorcht. Der Kaffee ist sehr heiß und sehr zähflüssig. Er hat das Gefühl, seine Kehle würde imprägniert. Er sieht, dass Mo sich in ein sehr bedeutend aussehendes Buch vertieft hat – eindeutig einer der Bände aus den hohen Regalen. Chinesische Schriftzeichen füllen die Seiten.
    Mo bemerkt seinen Blick. »Ja, ja, Mr. Penumbra, wir sind hier nicht in der Stadtbibliothek. Diese Bücher kann man nicht nur einfach überfliegen.« Er klappt es zu. »Allerdings sollte ich wohl einräumen, dass ich auch ein paar Nachforschungen angestellt habe.« Er hebt den Band etwas an, damit Penumbra den Buchrücken sehen kann. Weiße Buchstaben mit großen Zwischenräumen: F A N G .
    »Fang wie der Buchhändler Fang?«
    »Ja. Der Gründer des Ladens. Mr. Friedrich käme ebenfalls in den Genuss dieser Auszeichnung, nur dass er eben sein eigenes Schiff versenkt und seinen Partner gezwungen hat, nach einem neuen Heim zu suchen. Mr. Fang hat dieses Gebäude hier aufgetan. Habe ich Ihnen das schon erzählt? Und Friedrich wurde aus allen Unterlagen … getilgt.«
    »Was sagt Fang?«, fragt Penumbra und deutet auf das Buch.
    Mo nimmt seine Brille ab und reibt sich die Augen. »Tja, was? Wie viele seiner … hmm … Kollegen war Mr. Fang sehr bemüht, seine Erinnerungen vor flüchtiger Einsichtnahme zu schützen. Das Buch ist verschlüsselt.«
    »Verschlüsselt!«
    »Eigentlich ganz einfach, aber Verschlüsselung und Chinesisch gleichzeitig … puh!« Mo setzt sich die Brille wieder auf die Nase. Er schaut Penumbra ruhig an. Dann spricht er: »Das hier ist keine gewöhnliche Buchhandlung.«
    »Wie wahr. Kommt mir mehr wie eine Jugendherberge vor …«
    »Nein, nein, nicht das«, sagt Mo und schüttelt den Kopf. Seine Brillengläser leuchten wie Suchscheinwerfer. »Die verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind … sie werden jetzt schon weniger. Noch gar nicht aufgefallen, Mr. Penumbra? Ihr Summer of Love neigt sich schon wie der dem Ende zu.«
    »Nein, war mir nicht aufgefallen. Außerdem … Ich bin nicht wegen des Summer of Love nach San Francisco gekommen.«
    »Sicher, sicher. Drogen, Musik, ein neues Zeitalter am Horizont … und Sie kommen wegen eines altes Buchs.«
    Penumbra zuckt zusammen. Er spürt einen Stich. Aber Mo lächelt: völlig ohne Häme, durch und durch herzlich.
    »Mr. Corvina ist auch in diese Stadt gekommen, weil er nach einem Buch gesucht hat«, sagt Mo. »Er ist aus … woher noch gleich? Ich glaube, aus San Diego. Ich denke nicht, dass er vorhatte zu bleiben, aber ich habe ihm den Job im Laden angeboten und … tja, da sitzt er nun.«
    »Sie beide haben mir sehr geholfen.«
    »Tja … also, Mr. Corvina liegen Ihre Nachforschungen sehr am Herzen, wissen Sie. Er meinte, wir sollten Ihnen helfen, so gut es geht. Ich meinte, das ist Blödsinn.«
    Wieder ein Stich. »Es tut mir leid, dass Sie das so sehen, Mr. Al-Asmari.«
    Diesmal erträgt Mo die respektvolle Anrede klaglos. »Leute wie Sie habe ich früher schon kennengelernt, Mr. Penumbra. Leute mit Ihrer Gabe.«
    »Falls ich irgendwelche Recherchequalitäten habe, dann nur …«
    »Nein, Nein. In Archiven herumwühlen kann jeder. Ich spreche von der Bereitschaft, mit absurden Ideen zu liebäugeln. Das ist eine hoch geschätzte Eigenschaft unter … meinesgleichen.«
    Penumbra schweigt.
    »Ich wünschte,
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