Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die unglaubliche Entdeckung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
Vom Netzwerk:
das Techne Tycheon gerettet?«, fragt Penumbra mit fast verzweifelter Stimme. Er kann nur an seinen Auftrag denken. »Ist ein Buch mit diesem Titel noch in Ihrem Besitz?«
    »Das bedeutet … ›Die Kunst der Wahrsagerei‹, oder? Habe ich recht?«
    Penumbra nickt. Offenbar ist San Francisco eine gute Stadt, um Griechisch zu sprechen.
    Mo denkt nach, geht im Geist seinen Warenbestand durch. »Tut mir leid, Mr. Penumbra, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir es nicht haben.«
    »Es war an Bord der William Gray «, sagt Penumbra. »Ich habe den Beweis.«
    »Dann existiert es nicht mehr. Das Schiff ist untergegangen. Und darüber …« Mo hebt die Arme und umspannt den Gehweg, die Straße, die Ladenfronten, das ganze dunkle Tableau, das sich bis hinunter zum Wasser erstreckt. »Darüber ist eine großartige Stadt in die Höhe gewachsen.«

DER PSYCHOHISTORIKER
    E r geht durch die Stadt. Er ist entmutigt. Es ist doch schon etwas, sagt er sich, das Schicksal der William Gray und des von ihm gesuchten Buches herausgefunden zu haben. Aber dennoch ist es ein Misserfolg. Sein erster Auftrag als Junior-Assistent für Neuerwerbungen, und gleich ein Fehlschlag.
    Carol Janssen hat in einem abgelegenen Dorf in Peru das Buch der Träume gefunden. Ein anderer Mitarbeiter, Julian Lemire, holte aus einem aktiven Vulkan das Tagebuch von Nebukadnezar II. Langton Armitage selbst ist zweimal in die Antarktis gereist. Und jetzt ist Penumbra seiner eigenen Trophäe so nahe gekommen, und doch ist sie unerreichbar. Eine ganze Stadt versperrt ihm den Weg.
    Er wendet sich nun einer anderen Aufgabe zu, die zu lösen er nichts unversucht lassen will. In der Bibliothek sucht er im dicken Telefonbuch von Palo Alto die Adresse von Novak, Claude Casimir, heraus, seinem alten Zimmergenossen, der nach Stanford gegangen und dort geblieben ist.
    ***
    Mit dem Peninsula Commute Train tuckert er durch eine lose Abfolge von Städten: durch San Mateo, Hillsdale, San Carlos, Redwood City, Menlo Park bis nach Palo Alto.
    Auf der Fahrt durch die hügelige Halbinsel kommt Penumbra zu dem Schluss, dass San Francisco eigentlich nicht zu Kalifornien gehört. Die Stadt ist blass und vom Wind zerzaust, Palo Alto ist grün und ruhig, und ein kräftiger Geruch nach Eukalyptus liegt in der Luft. Der Himmel ist perlmuttblau, nicht platingrau. Penumbra streckt das Gesicht der großzügigen Sonne entgegen und fragt sich: Warum besuche ich meinen alten Zimmergenossen erst jetzt?
    Claude Novaks Haus ist ein kleiner Stuckkasten mit roten Dachziegeln. Der Baum auf dem vertrockneten, braunen Rasen davor ragt so hoch auf, dass das Haus dagegen winzig aussieht. Ein Mammutbaum, stellt Penumbra fest. Claude lebt unter einem Mammutbaum.
    Im Innern keine Möbel. Alles liegt auf dem Boden, auf dem grünen Plüschteppichboden. Dicke Millimeterpapierblöcke sind zu niedrigen Türmen aufgestapelt, Bleistifte und Kugelschreiber stecken in Kaffeetassen oder ragen aus dem Teppichflaum. Stapel von Büchern mit einschüchternden Titeln liegen herum: Endliche Automaten, Moderne Matrixalgebra, Umwege im Hilbertraum. Claudes andere Bibliothek ist auch angewachsen. Sie bildet einen langen Block, der sich wie eine Art niedrige Mauer an der braun gefliesten Wand der Küche entlangzieht. Auf faltigen Taschenbuchrücken stehen in fetten Groß buchstaben die Namen der Autoren: ASIMOV BRADBURY CLARK E DEL REY  … Eine struppige graue Katze lauert hin ter der Science-Fiction und maunzt den Eindringling an.
    »Mach’s dir bequem«, sagt Claude. Er lässt sich auf den Boden plumpsen. Neben einer Pizzaschachtel, einer Ausgabe der San Jose Mercury News und einer einzelnen verwelkten Pflanze steht in der Mitte des Raums, etwa da, wo normalerweise der Esstisch steht, zwischen zwei gefährlich schiefen Stapeln mit Büchern und Ordnern ein …
    »Ist das ein Computer, Claude?«
    Er nickt. »Eigenbau.« War der Apparat am Galvanic College glatt und elegant, so ist der hier grobschlächtig und funktional – eine Sperrholzkiste mit einem instabilen Seifenkisten-Look. Er ist auch viel kleiner: ein Gepäckstück, kein Küchengerät. Die Platte an der Oberseite ist aufgeklappt, das Innenleben des Computers ragt heraus: lange Tafeln, gespickt mit elektronischen Bauteilen, die glitzern wie winzige Steine und Muscheln.
    »Damit du das einordnen kannst«, sagt Claude. »Der ist etwa ein Viertel so groß wie der alte IBM damals, hat aber die doppelte Leistung.«
    Der Computer arbeitet: Lämpchen und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher