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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte
Autoren: Doris Rawolle
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loszuwerden, und so sprudelte es nur so aus ihr heraus: »Vor allem diese Frau! Ich dachte ich sehe nicht recht, wie sie da auf mich zukam, mit ihren graziösen, tänzelnden Schritten. Ich war so was von perplex, dass ich kein einziges Wort hervorbrachte.« Durch die auflebende Erinnerung ordentlich mitgenommen, schüttelte sie mehrmals verdrossen den Kopf. »Ich muss ziemlich blöd ausgesehen haben! Ich weiß auch nicht warum, aber ich habe es irgendwie nicht für möglich gehalten, dass es im täglichen Leben wirklich solche Frauen geben könnte. Leibhaftig, wie aus einem Modejournal! Dazu diese mondäne Umgebung. Ich kam mir vor – ich weiß auch nicht wie … Jedenfalls ziemlich erbärmlich. Ein Glück nur, dass Knut nicht dabei war, denn ich glaube nicht, dass er meinen Aussetzer verstanden hätte.« Sie sah Lena fast flehentlich an. »Kannst du das wenigstens so halbwegs verstehen? Ich kann mir nicht helfen, aber das tat irgendwie weh, sehr weh sogar.«
    Lenas abweisendes Gesicht begann sich zu entspannen und zum ersten Mal seit Ruths Anwesenheit, trat ein warmer, freundschaftlicher Zug in ihr Gesicht. Sie lächelte schwach, ein wissendes, verstehendes Lächeln. Sie sah auf ihre ruhig im Schoß liegenden Hände, und sehr langsam, jedes Wort genau abwägend, sagte sie: »Ich weiß, Ruth – ich weiß – ich habe auch geschluckt, das kannst du mir glauben. Natürlich könnte ich jetzt darauf erwidern; Reichtum muss nicht gleich Glück bedeuten – ein dürftiger Trost – ich weiß.«
    Eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen, bis Lena sich Ruth wieder voll zuwandte. »Willst du gar nicht wissen wie es Knut geht?«
    »Schon …« Sie zauderte. »Ich traute mich nur nicht danach zu fragen.«
    Um Lenas Mundwinkel zuckte es leicht; es fiel ihr also doch schwerer als sie angenommen hatte. Doch sie ahnte bereits, wenn sie es jetzt nicht tat, später würde sie es gleich gar nicht mehr können. Jetzt, im ersten Augenblick der Erkenntnis, da würde die Kraft noch ausreichen, später aber, würden die Zweifel Stück für Stück dies zunichtemachen. Also, jetzt oder nie! befahl sie sich selbst.
    Ruth richtete sich in gespannter Haltung gerade auf. »Was ist, geht es ihm etwa wieder schlechter? Na red’ schon!«, drängte sie.
    »Teils, teils …« Wiederum ein kurzes Schweigen.
    »Mensch, Lena, jetzt mal raus mit der Sprache!«
    »Er hatte sich eine fiebrige Erkältung zugezogen, und wegen des berechtigten Verdachtes auf Lungenentzündung, musste er stationär behandelt werden. Doch bei fortschreitender Besserung, dürfte einer baldigen Entlassung bald nichts mehr im Wege stehen – ungefähr in einer Woche.«
    »Und da sitzt du so seelenruhig hier zu Hause herum?«, rief Ruth in ehrlicher Empörung. »Nein, Lena, das ist unbegreiflich, wie kannst du ihn da nur alleine lassen?!«
    Auf diese spontan gegen sie gerichtete Empörung, war Lena eigentlich überhaupt nicht gefasst, und sie begriff plötzlich, wie dumm es war glauben zu wollen, dass ihre Heimreise so gesehen werden könnte, wie sie sie sah; schlicht und einfach als Pflichterfüllung sich selbst gegenüber. Dass aber genau das, als bloßer Egoismus ausgelegt werden könnte, hatte sie natürlich nicht in Erwägung gezogen. Doch angesichts Ruths empörter Vorhaltung, konnte sie nicht umhin ihr kampflos zuzustimmen; denn nach einem liebenden Menschen sah das nun wirklich nicht aus. Von ihrer Schuldhaftigkeit überzeugt, sagte sie nun im demütigen Ernst: »Es tut mir leid, ich hätte wissen müssen, dass du das nicht verstehen kannst. Und es dir im Nachhinein erklären zu wollen, wäre mir zu mühselig, außerdem würde das am Ergebnis auch nichts ändern. Deshalb, meine Liebe, habe ich diesmal absolut nichts dagegen, wenn du zu ihm fahren möchtest.«
    »Was …? Wie bitte …? Sag das noch einmal?! Damit ich mir auch sicher sein kann, dass ich das eben Gehörte nicht nur geträumt habe«, sagte Ruth, wobei sie sie mit ungläubig großen Augen anstarrte.
    »Lass das, Ruth, du hast mich sehr wohl verstanden – noch einmal würde ich es möglicherweise gar nicht wiederholen können.«
    »Ach so«, verschwand augenblicklich alle Freude aus Ruths Gesicht, »ich soll demnach lediglich die Pflegerolle übernehmen, solang, bis du dich dann irgendwann bemüßigt fühlst, die schöneren Stunden mit ihm zu verbringen.«
    »Wie, so etwas traust du mir zu?!«
    »Das Gegenteil davon wäre ja noch wesendlich dämlicher! Oder solltest du wirklich so vernagelt sein und
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