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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen
Autoren: Jörg Kastner
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Amtsinspektoren der Stadt Amsterdam hatte er den Befehlen des Amtsrichters Folge zu leisten. Außerdem war er neugierig und wollte herausfinden, wie Dircks und seine Dirne vorgingen. Keiner der Bestohlenen, die bei den Behörden vorstellig geworden waren, hatte etwas von dem eigentlichen Vorgang des Diebstahls bemerkt. Erst hinterher hatte ein jeder von ihnen festgestellt, daß der Platz seiner Börse nur noch von leerer Luft ausgefüllt wurde.
    Die beiden Männer und die Frau verschwanden im Eingang des Hauses und damit aus Katoens Blickfeld. Dafür waren sie jetzt um so deutlicher zu hören, als sie lärmend die Treppe heraufkamen und schließlich vor der Tür des Nebenraums stehenblieben. Ein Schlüssel wurde herumgedreht, und die Tür nebenan schwang mit einem hellen Quietschen auf.
    Katoen nahm einen der beiden wackligen Stühle, die zusammen mit einem Tisch und einem Bett von ähnlich zweifelhafter Qualität die ganze Einrichtung des Mietzimmers darstellten, und rückte ihn an die Wand zum Nebenraum. Er setzte sich und beugte sich vor, bis er durch das kleine Loch sehen konnte, das Dekkert eine Stunde zuvor in das zwar dicke, aber morsche Holz gebohrt hatte. Es war ihr Glück, daß hier am Hafen noch viele alte Häuser standen, bei deren Bau man hauptsächlich Holz verwendet hatte. Neue Gebäude mußten in Amsterdam schon seit vielen Jahren aus Backstein errichtet werden, um die Gefahr einer Feuersbrunst zu verringern.
    Im Nebenzimmer entzündete Jaepke Dircks die Flamme einer kleinen Lampe, die neben einer bauchigen Flasche und drei schmucklosen Steingutbechern auf dem einzigen Tisch stand. Dann nahm er die Flasche und füllte sämtliche Becher.
    »Auf Euer Wohl, Mijnheer! Trinkt nur, der gute Genever hier geht auf mich!«
    Die Dicke Dela, im Trinken geübt, hatte ihren Becher als erste geleert und machte sich nun an den Kleidern ihres Freiers zu schaffen, wobei Katoen nicht ganz klar war, ob ihre leicht fahrigen Bewegungen der Erregung oder dem Entkleiden des Mannes dienen sollten. Der jedenfalls fühlte sich offenbar überrumpelt und stolperte zwei Schritte zurück.
    Dircks stellte lachend seinen Becher ab. »Nicht so eilig! Erst das Geschäft und dann das Vergnügen. Über den Preis waren wir uns ja einig, Mijnheer. Wenn Ihr also so gütig wärt?«
    »Aber selbstverständlich«, sagte der Freier mit schwerer Zunge, stieß einen mächtigen Rülpser aus und kramte einen ledernen Beutel hervor; ein paar Münzen wanderten in die Hände des Kupplers. »Dreißig Stüber, wie abgesprochen.«
    Dircks ließ die Münzen in einer Tasche seines Wamses verschwinden und zeigte auf das Bett im hinteren Teil des Zimmers. »Macht es Euch nur bequem, Mijnheer, damit Dela Euch verwöhnen kann. Ihr werdet es nicht bereuen.«
    Der Freier steckte die Börse zurück unter sein Wams. Halb aus eigenem Antrieb, halb von Dela gezogen, fiel er aufs Bett, und die Nachtläuferin zog ihm die Hose herunter bis auf die Waden. Ihre kräftigen Hände packten sein Geschlecht und rieben es.
    Er schloß die Augen. Sein Atem ging heftiger, und in regelmäßigen Abständen grunzte er wohlig. Die Hure fuhr fort, mechanisch wie ein Uhrwerk, bis der Mann sein Glied steif und fest in die Höhe reckte.
    Jaepke Dircks saß die ganze Zeit über am Tisch, nippte hin und wieder an seinem Genever und sah dem Treiben auf dem Bett gelangweilt zu. Wenn Katoens Verdacht zutraf, sah er ähnliches Abend für Abend, und die dreißig Stüber Hurenlohn waren das wenigste, was er daran verdiente.
    Die Dicke Dela ließ für einen Moment von dem Freier ab und raffte ihre Röcke, bis ihr bloßes Hinterteil zum Vorschein kam. Und was für ein Hinterteil! Zwei mächtige rosige Fleischkugeln, deren Gewicht Katoen lieber nicht zu schätzen versuchte.
    Dekkert, der die ganze Zeit über auf dem zweiten Stuhl neben ihm gesessen hatte, beugte sich vor und flüsterte Katoen ins Ohr: »Was habt Ihr denn? Ihr seht so erschrocken aus.«
    »Ihr wärt auch erschrocken, hätte man Euch zwei solche Schinken präsentiert«, erwiderte Katoen, ebenfalls im Flüsterton.
    »Schinken?« Dekkerts Augen wurden groß, und er strich sich über den Bauch. »Das erinnert mich daran, daß ich schon seit Stunden nichts mehr gegessen habe.«
    Im Nebenraum hatte die Nachtläuferin mit erstaunlicher Behendigkeit ihren schweren Leib auf den Freier geschwungen und begann, sich auf und nieder zu bewegen, in einem Rhythmus, den die Erfahrung aus tausend anderen Nächten sie gelehrt hatte. Der Mann grunzte
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