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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts
Autoren: Roger Zelazny
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Stimme war wie eine frische Brise, die er fast vergessen hatte, durch all die Bäume, die er fast vergessen hatte, mit ihrer Feuchtigkeit und ihren Gerüchen und ihren Farben, die ihm so zurückgegeben wurden.
    „Woher kommst du, Mann? Vor einem Augenblick warst du noch nicht hier.“
    „Aus der Schlucht der Toten“, sagte er.
    „Laß mich dein Gesicht berühren“, und er erlaubte es ihr, und sie tat es.
    „Es ist seltsam, daß ich dein Nahen nicht fühlte.“
    „Dies ist eine seltsame Welt“, antwortete er.
    „Das ist wahr“, sagte sie. „Du bist das einzige lebende Geschöpf auf ihr.“
    Und er sagte: „Wie ist dein Name?“
    Sie sagte: „Nenne mich Sythia“, und das tat er.
    „Ich heiße John“, sagte er. „John Auden.“
    „Ich bin gekommen, um bei dir zu sein, um dir Freude und Behaglichkeit zu bereiten“, sagte sie, und er wußte, daß das Ritual begann.
    „Warum hast du geweint, als ich dich fand?“ fragte er.
    „Weil ich dachte, daß auf dieser Welt nichts sei, und ich von meinen Reisen so müde war“, erklärte sie ihm. „Wohnst du hier in der Nähe?“
    „Nicht weit von hier“, antwortete er. „Gar nicht weit.“
    „Wirst du mich dort hinbringen? An den Ort, wo du lebst?“
    „Ja.“
    Und sie stand auf und folgte ihm in die Schlucht der Toten, wo sein Zuhause war.
    Sie stiegen hinab und hinab, und rings um sie waren die Überreste von Menschen, die einmal gelebt hatten. Aber sie schien diese Dinge nicht zu sehen, sondern ihr Blick ruhte nur auf Johns Gesicht und ihre Hand auf seinem Arm.
    „Warum nennst du diesen Ort die Schlucht der Toten?“ fragte sie ihn.
    „Weil sie überall um uns sind, die Toten“, antwortete er.
    „Ich fühle nichts.“
    „Ich weiß.“
    Sie durchquerten das Tal der Gebeine, wo Millionen Tote von vielen Rassen und Welten rings um sie aufgehäuft lagen, und sie sah diese Dinge nicht. Sie war an das Grab aller Welten gekommen, aber dies wurde ihr nicht bewußt. Sie hatte seinen Hüter getroffen und wußte nicht, was er war, er, der wie ein Betrunkener neben ihr einhertaumelte.
    John Auden führte sie zu seinem Zuhause – eigentlich war es nicht der Ort, wo er lebte, aber jetzt würde er es sein –, und dort betätigte er uralte Schalter, in dem Gebäude innerhalb des Berges, und daraufhin sprang Licht von den Wänden, Licht, das er nie zuvor gebraucht hatte, aber jetzt benötigte.
    Die Tür glitt hinter ihnen zu, und die Temperatur stieg auf normale Wärme. Frische Luft zirkulierte, und er sog sie in seine Lungen und atmete sie aus und genoß das fast vergessene Gefühl. Sein Herz schlug in seiner Brust, ein rotes, warmes Etwas, das ihn an den Schmerz und das Vergnügen erinnerte. Zum ersten Mal seit endlosen Zeiten bereitete er ein Mahl und holte eine Flasche Wein aus den tiefen, verschlossenen Schränken. Wie viele andere hätten das ertragen können, was er ertragen hatte?
    Niemand wahrscheinlich.
    Sie speiste mit ihm, spielte mit dem Essen, kostete von allem, aß sehr wenig. Er andererseits stopfte sich förmlich voll, und sie tranken den Wein und waren glücklich.
    „Dieser Ort ist so seltsam“, sagte sie. „Wo schläfst du?“
    „Früher habe ich dort geschlafen“, erklärte er ihr und wies auf einen Raum, den er fast vergessen hatte, und sie traten ein, und er zeigte ihn ihr, und sie winkte ihn zum Bett und zu den Freuden ihres Körpers.
    In jener Nacht liebt er sie, viele Male, mit einer Verzweiflung, die den Alkohol wegbrannte und sein ganzes Leben mit etwas, wie Hunger nach vorn stieß, das aber in Wirklichkeit viel mehr war.
    Am folgenden Tage, als die sterbende Sonne das Tal der Gebeine mit ihrem bleichen, mondähnlichen Licht benetzt hatte, wachte er auf, und sie zog seinen Kopf an ihre Brust, nachdem sie selbst nicht geschlafen hatte, und fragte ihn: „Was ist dieses Etwas, das dich bewegt, John Auden? Du bist nicht wie einer der Menschen, die leben und sterben, sondern du nimmst das Leben fast wie einer der Faioli, quetschst es aus allem, was sich dir bietet, und jagst es in einer Hast, die auf einen Zeitsinn hindeutet, wie ihn kein Mensch kennen sollte. Was bist du?“
    „Ich bin einer, der es weiß“, sagte er. „Ich bin einer, der weiß, daß die Tage des Menschen gezählt sind, und einer, der sie zur Neige auskosten will, da er spürt, daß ihm nicht mehr viele gegeben sind.“
    „Du bist seltsam“, sagte Sythia. „Habe ich dir Vergnügen bereitet?“
    „Mehr als irgend etwas, das ich je kannte“, sagte er.
    Und sie
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