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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition)
Autoren: Sean Chercover
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blind gegen die Mauer, um einen Vorsprung zu finden. Es ging nicht, er konnte seinen Arm nicht weit genug ausstrecken, und jedes Mal, wenn er mit der Hand gegen die Mauer schlug, verlagerte sich sein Schwerpunkt weg vom Haus. Er zog die Hand zurück und klammerte sich wieder ganz fest. Adrenalin schoss durch seine Adern.
    Okay, es hat einfach etwas mit Physik zu tun …
    Er musste gleichzeitig mit der rechten Hand um die Ecke reichen und seinen rechten Fuß um die Ecke schieben. Ohne etwas zu sehen. Wenn er den Sims verfehlte, würde er in die Tiefe stürzen.
    Er hatte nur eine Chance.
    Er atmete aus, ging in Position, hob den Fuß an, gab sich einen Ruck, fuchtelte mit dem Arm um die Ecke an der Wand herum und schwang gleichzeitig sein Bein herum, um mit dem Fuß den Sims zu ertasten.
    Sein Fuß fand Halt und mit der Hand fand er einen vorstehenden Backstein. Er zog seinen Körper herum und schlug dabei mitdem Mund an die Mauerkante. Er konnte Blut schmecken, aber er hatte es geschafft, auch wenn ihm ganz schummrig war und sich alles drehte.
    Er klammerte sich erst einmal fest, wo er war, und atmete dreimal tief durch. Als sein Drehwurm vorüber war, schob er sich ein paar Meter weiter, bis er sich schließlich genau unter der Metallstange befand.
    Würde sie halten? Er würde es ja herausfinden.
    Er wischte sich an seiner Jeans das Blut von den Händen, packte die Stange und ließ seine Beine über den Abgrund schwingen. Er schwang seine Beine nach hinten, um die Schwungkraft zu erhöhen, einmal, zweimal, dann nach vorn, hievte sich hoch und schwang Beine und Rumpf bis über die Brüstung.
    Als er aufs Dach fiel, ließ er die Stange los und zog die Waffe aus dem Hosenbund.
    Der Attentäter stand etwa fünf Meter entfernt über sein Gewehr gebeugt. Aber als er Daniels Aufprall auf dem Dach hörte, ging er in die Hocke und hob seine Pistole vom Boden auf.
    Daniel drückte ab.
    Drapeau erstarrte. Er hatte einen verwirrten Gesichtsausdruck. Blut schoss aus seinem Hals. Mit seiner freien Hand griff er an die Wunde, und das Blut spritzte zwischen seinen Fingern hindurch. Er hob die Pistole an.
    Daniel drückte noch einmal ab. Und noch einmal. Und noch einmal.
    Mit jeder Kugel, die seine Brust traf, zuckte Lucien Drapeau. Er ließ die Pistole fallen und sackte wie in Zeitlupe aufs Dach.
    Daniel ließ sich mit dem Rücken auf den Kiesbelag des Daches fallen, vollkommen erschöpft. Er blieb einfach eine Minute lang so liegen und starrte in den Himmel, dachte an nichts und lauschte seinem eigenen Atem.
    Dann hörte er Jubelrufe. Die Jubelrufe von Tausenden drangen vom Jackson Square herauf. Wildes, begeistertes Jubeln.
    Er hat’s geschafft …
    Daniel stand auf und wischte sich die blutigen Hände am Hemd ab. Als er zum Rand des Daches ging, fühlten sich seineBeine an wie Gummi. Er sicherte das Gewehr, dann montierte er das Zielfernrohr ab, warf das Gewehr aufs Dach, stützte seine Ellbogen auf die Brüstung und spähte durch das Fernrohr.
    Sein Onkel stand auf der Bühne vor der strahlend weißen Fassade der Saint-Louis-Kathedrale, lächelte und winkte den Massen auf dem Jackson Square zu. Dann bat er mit erhobenen Armen um Ruhe, und die Menge verstummte.
    Er hat’s geschafft!
    Daniel spürte, wie seine Brust anschwoll und sich ein Grinsen in seinem Gesicht breitmachte. Er schaute wieder durchs Fernrohr. Sein Onkel legte seine blaue Bibel auf das Rednerpult, beugte sich zum Mikrofon vor, lächelte wieder und schickte sich an, zur Welt zu sprechen.
    Und dann färbte sich plötzlich Tim Trinitys Hemd ganz rot. Vor seiner Brust war eine Fontäne von Blut zu sehen. Es glitzerte in der Sonne wie Millionen kleiner Rubine.
    Schreiend liefen die Leute in alle Richtungen auseinander. Trinity brach auf der Bühne zusammen.
    Daniel ließ das Fernrohr fallen und lief los.

84
    Andrew Thibodeaux trat von dem Gewehr auf dem Tisch zurück und lauschte dem Höllenlärm draußen mit distanzierter Gelassenheit. Er betrachtete das Loch, das die Kugel in die Gardine gerissen hatte. Natürlich gab es ein Loch, aber er war trotzdem überrascht, es zu sehen. Das Loch kam ihm seltsam vor, aber er wusste nicht warum.
    In seinem Hirn hallten die Anweisungen wider, die der Hirte des Herrn ihm gegeben hatte. Eines gab es noch zu tun. Den Betrüger zu töten, war das Wichtigste, und das war ihm gelungen, aber Andrews Aufgabe war noch nicht ganz erledigt.
    Er ging zurück zum Bett und starrte die Pistole an.
    Dieser Teil gefiel ihm
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