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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten
Autoren: Camilla Läckberg
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in den Gläsern, schob das Besteck millimeterweise zur Seite und wieder zurück.
    Um halb acht war er überzeugt, dass sie tot in irgendeinem Straßengraben lag. Vor seinem geistigen Auge sah er ihr kleines rotes Auto in einen Lastwagen rasen oder in einen dieser Monsterjeeps, mit denen die Leute hemmungslos herumfuhren und alles plattmachten, was ihnen in die Quere kam. Sollte er beim Krankenhaus anrufen? Ruhelos ging er auf und ab. Dann kam er auf die Idee, es auf ihrem Handy zu probieren. Mellberg schlug sich an die Stirn. Wieso war er nicht früher darauf gekommen? Er kannte die Nummer auswendig und runzelte verblüfft die Stirn, als er die Ansage hörte: »Die von Ihnen gewählte Rufnummer ist nicht vergeben.« Er musste sich verwählt haben. Doch beim zweiten Versuch hörte er dieselbe Ansage. Seltsam. Dann musste er wohl bei ihrer Schwester anrufen und fragen, ob sie aufgehalten worden war. Plötzlich ging ihm auf, dass er deren Nummer nicht hatte. Er hatte auch keine Ahnung, wie die Schwester hieß. Er wusste nur, dass sie in Munkedal wohnte. Oder etwa nicht? Ein beunruhigender Gedanke kam ihm. Er wischte ihn weg, weigerte sich, ihn zuzulassen, aber gegen seinen Willen sah er sich selbst in der Bank stehen. Die Szene spielte sich in Zeitlupe vor seinem inneren Auge ab. Zweihunderttausend. So viel hatte er auf die spanische Kontonummer überwiesen, die sie ihm genannt hatte. Zweihunderttausend. Für eine Eigentumswohnung. Nun konnte er den Gedanken nicht länger verdrängen. Er rief die Auskunft an und fragte, ob sie eine Nummer oder irgendeine Adresse von ihr hätten. Man fand keine Teilnehmerin unter diesem Namen. Verzweifelt versuchte er, sich zu erinnern, ob er irgendein Dokument, einen Ausweis oder etwas Ähnliches von ihr gesehen hatte, einen Beweis, dass sie wirklich so hieß, wie sie behauptet hatte. Mit wachsendem Entsetzen wurde ihm klar, dass er nie etwas Derartiges zu Gesicht bekom menhatte. Die bittere Wahrheit war, dass er nicht wusste, wie sie hieß, wo sie wohnte und wer sie war. Aber auf einem Konto in Spanien hatte sie zweihunderttausend Kronen. Sein Geld.
    Wie betäubt taumelte er zum Kühlschrank, holte ihre Portion Mousse au Chocolat heraus und setzte sich damit an den festlich gedeckten Tisch. Langsam versenkte er seine Finger in der braunen Masse. Der Ring blinkte durch die Schokolade. Mellberg hielt ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und betrachtete ihn. Dann legte er ihn auf den Tisch und machte sich schluchzend über den Inhalt der Schüssel her.
    »Das war doch ein wunderschöner Tag, oder?«
    »Hm.« Patrik schloss die Augen. Sie hatten schon vor langer Zeit beschlossen, nicht sofort auf Hochzeitsreise zu gehen, sondern mit Maja zusammen eine längere Reise zu machen, wenn sie ein paar Monate älter war. Im Moment stand Thailand ganz oben auf ihrem Wunschzettel. Trotzdem war es ein seltsames Gefühl, einfach so wieder zum Alltag überzugehen. Am Sonntag hatten sie lange geschlafen, viel Wasser getrunken und über den Samstag geredet. Am Montag hatte sich Patrik freigenommen. Er wollte, dass sie in Ruhe alles verdauten, bevor der tägliche Trott sie wieder vereinnahmte. Nach allem, was Patrik in den vergangenen Wochen geleistet hatte, hatte niemand in der Dienststelle etwas dagegen einzuwenden. Nun lagen sie also gemütlich auf dem Sofa und hatten das Haus für sich allein. Adrian und Emma waren im Kindergarten, und Maja war mit Anna bei Dan, damit Patrik und Erica einen Tag ganz für sich hatten. Nicht, dass Anna einen Grund gebraucht hätte, um zu Dan zu gehen. Auch gestern war sie mit den Kindern den ganzen Tag bei ihm gewesen.
    Patrik war mit seinen Gedanken weit weg. Vorsichtig sprach Erica ihn an: »Hast du nichts geahnt?«
    Patrik wusste sofort, was sie meinte. Er dachte nach.
    »Nein,wirklich nicht. Hanna war so … normal. Ich habe gemerkt, dass sie irgendwie niedergeschlagen war, aber ich dachte, sie hätte private Probleme. Und die hatte sie ja auch. Allerdings habe ich mir die etwas anders vorgestellt.«
    »Mein Gott, dass die beiden tatsächlich als Paar zusammengelebt haben! Obwohl sie Geschwister waren!«
    »Wir werden wohl nie auf alle Fragen eine Antwort bekommen. Martin hat vorhin angerufen und erzählt, dass die Berichte vom Jugendamt gekommen sind. Als Pflegekinder müssen sie nach dem Unfall die Hölle durchlebt haben. Vergiss nicht, dass sie zuerst gekidnappt wurden und dann völlig isoliert bei Sigrid leben mussten. Dadurch muss irgendein unnatürliches Band
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