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Die Totgesagten

Titel: Die Totgesagten
Autoren: Camilla Läckberg
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zwischen ihnen entstanden sein.«
    »Hm.« Erica hatte Schwierigkeiten, es sich vorzustellen. Das Ganze war so unfassbar. »Aber wie kann man parallel zwei so verschiedene Leben führen?«
    »Wie meinst du das?« Patrik küsste sie auf die Nasenspitze.
    »Wie kann man so normal leben? Eine Ausbildung machen, zur Polizistin und zum Psychologen. Und gleichzeitig so … böse sein?«
    Patrik ließ sich Zeit mit der Antwort. Er verstand es auch nicht ganz, aber er hatte seit Donnerstag viel gegrübelt und glaubte, eine Art Antwort gefunden zu haben.
    »Es ist wahrscheinlich genau so, wie du sagst: Es waren zwei verschiedene Leben. Ein Teil von ihnen führte ein normales Leben. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass Hanna ihre Arbeit ernst nahm. Sie war zweifellos eine gute Polizistin. Lars habe ich ja erst kennengelernt, als …« Er brach mitten im Satz ab. »Von ihm habe ich eben kein so klares Bild. Aber er war offensichtlich intelligent, und ich glaube, er wollte im Grunde ebenfalls ein normales Leben führen. Gleichzeitig muss ihr dunkles Geheimnis sie psychisch sehr belastet haben. Als sie in Nyköping dann zufällig Elsa Forsell über den Weg liefen, wo Hanna ihre ers teStelle hatte, wurde vermutlich ein Feuer entfacht, das bis dahin nur geschwelt hatte. Das ist jedenfalls meine Theorie. Genau werden wir es nie erfahren.«
    »Hm.« Erica klang nachdenklich. »So ähnlich kam es mir auch bei meiner Mutter immer vor. Als hätte sie zwei verschiedene Leben geführt. Eins mit uns – Papa, Anna und mir. Und eins in ihrem Kopf, zu dem wir keinen Zugang hatten.«
    »Hast du deswegen beschlossen, Nachforschungen über sie anzustellen?«
    »Ja.« Erica zögerte. »Ich habe das Gefühl, dass sie irgendetwas vor uns geheim gehalten hat.«
    »Und du hast keine Ahnung, was das gewesen sein könnte?« Patrik strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
    »Nein. Ich weiß auch nicht, wo ich anfangen soll. Es ist ja nichts mehr da. Sie hat nichts aufbewahrt.«
    »Bist du sicher? Hast du dich schon mal auf dem Dachboden umgesehen? Als ich neulich oben war, habe ich jede Menge alten Krempel gesehen.«
    »Das meiste ist bestimmt von Papa. Aber wir könnten ja mal nachsehen. Sicherheitshalber.« Sie setzte sich auf. Ihrer Stimme war ein gewisser Tatendrang anzuhören.
    »Jetzt?« Patrik verspürte nicht die geringste Lust, das kuschelig warme Sofa zu verlassen und auf einen kalten und staubigen Dachboden voller Spinnweben zu steigen. Wenn er eins hasste, dann Spinnen.
    »Warum nicht?« Erica war bereits auf dem Weg zur Treppe.
    »Genau, warum nicht?« Patrik stand seufzend auf. Er wusste, dass Widerspruch zwecklos war, wenn Erica sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.
    Als sie auf dem Dachboden stand, bereute Erica im ersten Moment ihren Tatendrang. Hier oben schien tatsächlich nur altes Gerümpel herumzuliegen. Aber da sie nun einmal hier waren, konnten sie sich auch umsehen. Sie duckte sich, um sich den Kopf nicht an den Dachbalken zu stoßen,und klappte ein paar Kartons auf. Angewidert wischte sie sich die Hände an der Hose ab. Hier oben war es wirklich staubig. Patrik sah sich unschlüssig um. Es war eine abwegige Idee gewesen. Erica hatte vermutlich recht, sie kannte ihre Mutter schließlich besser als er. Wenn sie sagte, ihre Mutter habe nichts aufbewahrt … Plötzlich fiel ihm etwas Interessantes ins Auge. Ganz hinten in der Ecke, unter der Dachschräge, stand eine alte Kiste.
    »Komm mal her.« »Hast du was gefunden?« Neugierig kam Erica zu ihm herüber. »Ich weiß nicht. Aber diese Kiste sieht vielversprechend aus.«
    »Die könnte von Papa sein«, meinte sie nachdenklich. Trotzdem, irgendetwas sagte ihr, dass sie nicht Tore gehört hatte. Es war eine grüne Holzkiste mit einem verblassten Blumenmuster. Das Schloss war eingerostet, aber unverschlossen. Vorsichtig klappte sie den Deckel auf. Ganz oben lagen zwei Kinderzeichnungen. Als sie sie in die Hand nahm, bemerkte sie, dass auf der Rückseite etwas vermerkt war. Erica, 3. Dezember 1974 , stand auf dem einen Bild, Anna, 8. Juni 1980 auf dem anderen. Erstaunt stellte sie fest, dass es die Handschrift ihrer Mutter war. Weiter unten in der Kiste lagen ein ganzer Stapel Zeichnungen und Bastelarbeiten, die Anna und sie im Werkunterricht produziert hatten. Dazwischen Weihnachtsschmuck und kleine Geschenke, die sie zu Hause gebastelt hatten. Dabei hatte sie immer gedacht, ihre Mutter mache sich nichts aus all diesen Dingen.
    »Sieh mal!« Sie konnte immer noch nicht fassen, was
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