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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin
Autoren: Elke Pupke
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Aber wo sollten sie sonst sein?
    Einmal hatte die Krankenschwester den Verdacht, die blonde, dicke Kölnerin sei eine Kollegin. Nun, vielleicht hat sie sich geirrt, aber irgendetwas stimmt nicht mit dieser Frau. Was hat sie mit Inka Weber zu tun? Das Mädchen ist ohnehin traumatisiert seit diesem schrecklichen Unglück, sie kann keine neuen psychischen Belastungen gebrauchen.
    Marita erwägt, die Polizei anzurufen. Wahrscheinlich gibt es eine ganz einfache Erklärung und sie macht sich lächerlich. Aber trotzdem kann sie sich nicht überwinden, nach Hause zu gehen. Stattdessen holt sie ihr Handy aus der Tasche und sieht die eingespeicherten Nummern durch. Fred Müller, da ist er. Sie hat sich schon mehrfach vorgenommen, das Hilfsangebot des netten jungen Mannes anzunehmen und mit ihm über die seltsamen Vorkommnisse in der Arztpraxis zu reden. Der Polizist wohnt im Ort und kann vielleicht einfach mal kurz herkommen und nachsehen, wohin Steffi und Inka gegangen sind, ohne gleich einen offiziellen Einsatz daraus zu machen.
    Arno und die beiden Frauen sehen sich erstaunt um, als sie die Stimme von Kriminalhauptkommissar Schneider hören.
    Â»Das ging ja schnell«, staunt Anne.
    Â»Wir waren schon unterwegs, als Berta uns anrief«, erklärt Fred Müller kurz und sieht sich suchend um. Sein Vorgesetzter spricht schon mit den wenigen Badegästen. Eine Frau, die ein kleines Mädchen an der Hand hält, nickt aufgeregt und deutet mit der Hand zum Ausgang.
    Die Männer sehen sich ratlos an. »Ihr wisst wohl auch nicht …«, beginnt der Ortspolizist eine Frage an die drei, als sein Telefon klingelt.
    Er meldet sich und hört dann sichtlich erstaunt zu. »In der Seeresidenz , in Bansin?«, vergewissert er sich, dann rennen die Polizisten los. Sophie, Anne und Arno sind noch im Gebäude, als sie schon das Signal des sich entfernenden Polizeiautos hören.
    Obwohl das Becken flach ist, fällt es Steffi Karstens schwer, herauszukommen. Ihre Daunenjacke hat sich voll Wasser gesogen, sie streift sie einfach ab und wirft sie auf den Boden. Dabei blickt sie auf die zierliche Gestalt, die, mit dem Gesicht nach unten, vor ihr im Pool treibt.
    Es ist vollbracht. Das war die Hauptschuldige. Sie spürt keinerlei Mitgefühl für die junge Frau, die ihr vertraut hat, oder für deren Mutter. Auch keinen Triumph. Sie ist nur müde. Wie nach einem langen anstrengenden Weg kann sie den Erfolg, am Ziel zu sein, noch nicht genießen, sie ist zu erschöpft, muss sich erst ausruhen.
    Türenschlagen und lautes, aufgeregtes Rufen reißen die Mörderin aus ihrer Erstarrung. Die Polizei! So schnell sind sie ihr auf die Spur gekommen. Gut so, so sollte es sein. Sie hat nicht erwartet, straffrei davonzukommen. Sie hat auch gar keine Kraft mehr, sich zu verstellen, ihre Taten zu vertuschen.
    Eigentlich hat sie sich nie Gedanken darüber gemacht, wie es weitergeht, wenn sie ihren Racheplan vollendet hat. Sie hat nur noch auf dieses Ziel hin gelebt, alle zu bestrafen, die sie für schuldig hält am Unglück ihrer Familie.
    Von der Zeit danach hatte sie eine vage Vorstellung, in der sie sich in einer Gefängniszelle sah, von der Welt abgeschnitten, ohne Verantwortung für sich oder andere.
    Nun, als sie die Stimmen hört, wird ihr plötzlich klar, dass es so einfach wohl nicht sein wird. Man wird sie mitnehmen, sie verhören, selbst wenn sie gar nichts sagt, wird man ihr immer wieder Fragen stellen, Vermutungen äußern, die Schuldigen verteidigen – niemand hätte Schuld, es wäre nur ein Unfall gewesen – dann noch die Gerichtsverhandlung, wieder werden sie die Wunden aufreißen. Nein, sie will nicht mehr.
    Noch bevor die Polizisten die schwere Tür der Hotelschwimmhalle öffnen, hat Steffi Karstens den Raum durch den Nebeneingang verlassen, durch den sie auch hineingekommen ist. An der Strandpromenade bleibt sie kurz stehen. Sie hört das Rauschen des Meeres, spürt die Kälte nicht. Als sie durch den Strandsand stapft, lächelt sie erwartungsvoll, als kehre sie nach einer langen Reise zurück zu ihrer Familie, die sie freudig empfängt. »Ich komme, mein Kleiner«, flüstert sie und geht ohne zu zögern in die eiskalten Fluten.
    Sonntag, 23. Dezember
    Ungewöhnlich früh gab es in diesem Jahr schon Eis auf der Ostsee. Es ist keine geschlossene Eisdecke, denn das Meer bewegt sich. Heute ist das Wasser eisfrei und
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