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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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von seiner Lektüre aufzusehen.
    «Da drüben.»
    Sebastian ging hin und nahm die Jacke von der Lehne.
    «Danke.»
    «Keine Ursache. Willst du was essen?»
    «Nein danke.»
    «Und, alles gekriegt, wofür du gekommen bist?»
    Der junge Mann konzentrierte sich noch immer auf das Gerät vor ihm auf dem Tisch. Sebastian blickte zu ihm hinüber. Wahrscheinlich wäre es am einfachsten gewesen, den Kommentar zu überhören und einfach zu gehen, aber warum sollte er es sich leichtmachen?
    «Hast du einen Kaffee für mich?», fragte Sebastian, während er sich in die Jacke zwängte. Wenn Gunillas Sohn ihn nicht hierhaben wollte, blieb er gern noch ein Weilchen. Ihn kostete es jedenfalls nichts. Verwundert sah der Jüngling von seiner Lektüre auf.
    «Neben der Spüle», sagte er mit einer erneuten Kopfbewegung in Sebastians Richtung, die ihn vermuten ließ, dass der Kaffee hinter ihm stand. Er drehte sich um, sah aber weder eine Kaffee- noch eine Thermoskanne oder was auch immer er erwartet hatte. Dann erblickte er ein schwarzes, halbkreisförmiges Ungetüm, das eher an einen futuristischen Motorradhelm erinnerte. Aber es ragte ein kleiner Metallhahn daraus hervor, unter dem ein Auffanggitter angebracht war, und an der Seite gab es Knöpfe. Oben noch mehr Metall. Daneben standen drei kleine Glastassen, die Sebastian endgültig davon überzeugten, dass die Maschine wohl irgendeine Form von Getränk ausspuckte.
    «Weißt du, wie sie funktioniert?», fragte der Sohn, als Sebastian keine Anstalten machte, sich dem Gerät zu nähern.
    «Nein.»
    Jocke schob den Stuhl zurück und ging an Sebastian vorbei zur Arbeitsfläche.
    «Was möchtest du denn haben?»
    «Irgendwas Starkes. War spät gestern.»
    Jocke warf ihm nur einen müden Blick zu, nahm eine Kapsel aus einem Gestell neben der Maschine, das Sebastian noch gar nicht bemerkt hatte, legte sie in die Maschine, stellte eine der Glastassen auf das Gitter und drückte einen Knopf.
    «Aha. Und wer bist du, wenn ich fragen darf?», brummte er mit einem desinteressierten Blick in Sebastians Richtung.
    «Dein neuer Papa.»
    «Cool. Humor. Sie sollte dich behalten …»
    Dann drehte er sich um und setzte sich wieder an den Tisch. Sebastian dämmerte, dass Joakim schon zu viele Vormittage mit zu vielen unbekannten Männern in seiner Küche erlebt hatte. Schweigend nahm er das Tässchen vom Gitter. Der Kaffee war wirklich stark. Und heiß. Er verbrannte sich die Zunge, leerte die Tasse aber dennoch unter Schweigen.
    Zwei Minuten später war er draußen im grauen Septembermorgen.

    Auf der Straße angekommen, musste er sich zunächst kurz orientieren, ehe er wusste, wie er am schnellsten nach Hause kam. Zu der Wohnung in der Grev Magnigatan.
    Zu Ellinor Bergkvist. Seiner Untermieterin, oder als was auch immer er sie bezeichnen sollte. Wie sie dazu geworden war und wieso sie ausgerechnet bei ihm gelandet war – all das war Sebastian noch immer ein Rätsel.
    Sie hatten sich zu der Zeit kennengelernt, als Hinde begonnen hatte, Sebastians Sexpartnerinnen zu ermorden, woraufhin er zu Ellinor gefahren war, um sie zu warnen. Das hatte schließlich dazu geführt, dass sie bei ihm einzog. Er hätte sie schon damals sofort vor die Tür setzen müssen. Aber sie war immer noch da.
    Sebastian hatte viel Zeit damit verbracht, über seine Beziehung zu Ellinor zu grübeln. Manche Dinge wusste er mit Sicherheit.
    Er liebte sie definitiv nicht.
    Mochte er sie? Nein, nicht einmal das. Aber er hatte in gewisser Weise zu schätzen gelernt, was sie mit seinem Leben angestellt hatte, seit sie sein ungebetener Gast geworden war. Sie verlieh seinem Dasein eine Form der Normalität. Gegen alle Widerstände erwischte Sebastian sich dabei, wie er sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlte. Sie kochten gemeinsam. Lagen im Bett und sahen fern. Schliefen miteinander. Oft. Sie pfiff fröhlich vor sich hin, sie kicherte vergnügt. Wenn er nach Hause kam, sagte sie, dass sie ihn vermisst habe. Am liebsten hätte er sich das nicht eingestanden, denn so sollte es eigentlich nicht sein, nicht mit Ellinor – doch ihre Nähe hatte tatsächlich dafür gesorgt, dass er seine Wohnung zum ersten Mal seit vielen Jahren als eine Art Zuhause betrachtete.
    Ein dysfunktionales, aber dennoch ein Zuhause.
    Ob er sie ausnutzte? Unbestritten. Eigentlich scherte er sich einen feuchten Kehricht um sie. Alles, was sie plapperte, ging bei ihm zum einen Ohr hinein und zum anderen hinaus. Sie war wie eine Geräuschkulisse. Aber während seiner
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