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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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Sebastian gemeinsam in der Reichsmordkommission arbeitete. Nein, Hinde hatte irgendwie herausgefunden, dass sie Sebastians Tochter war.
    Nun war Edward Hinde tot, doch mitunter plagte Sebastian die Frage, ob – wenn schon Hinde es herausgefunden hatte – nicht auch andere Menschen diesen Schluss ziehen konnten. Das wollte er auf keinen Fall. Vanja und er hatten inzwischen ein gutes Verhältnis zueinander. Ein besseres denn je.
    Er hatte Vanja das Leben gerettet, dort draußen in dem einsamen Haus, wohin Hinde sie verschleppt hatte. Das war natürlich ein wichtiger Grund. Doch Sebastian war es egal, ob sie es nur aus Dankbarkeit mit ihm aushielt. Hauptsache, sie tat es. Und sogar mehr als das. Seit dem dramatischen Ereignis hatte sie seine Nähe sogar ganze zwei Mal freiwillig gesucht. Erst war sie zu ihm ins Krankenhaus gekommen, und als er schließlich wieder entlassen worden war, vor seiner Lungenentzündung, hatte sie sogar vorgeschlagen, sich auf einen Kaffee zu treffen.
    Sebastian erinnerte sich noch gut daran, was für ein Gefühl das gewesen war, ihre Frage zu hören.
    Seine Tochter rief ihn an und wollte ihn sehen.
    Er wusste kaum mehr, worüber sie sich bei dem Treffen unterhalten hatten. Eigentlich wollte er sich an jedes Detail, an jede Nuance erinnern, aber der Augenblick war zu überwältigend gewesen. Die Situation zu groß. Eineinhalb Stunden hatten sie im Café gesessen, nur sie und er. Auf ihre Initiative hin. Keine harten Worte. Kein Kampf. Seit dem zweiten Weihnachtstag 2004 hatte er sich nicht mehr so lebendig, so gegenwärtig gefühlt. Immer wieder kehrte er in Gedanken zu den neunzig Minuten zurück, die sie miteinander verbracht hatten.
    Und es konnte mehr Zeit werden. Musste mehr werden. Denn er durfte wieder arbeiten und wollte es auch. Manchmal ertappte er sich sogar dabei, sich nach dem Job zu sehnen. Eingebunden zu sein, das war auch wichtig. Aber am wichtigsten war es ihm, in Vanjas Nähe zu sein. Er hatte sich damit ausgesöhnt, dass er nie ihr Vater werden konnte. Jeder Versuch, Valdemar Lithner diese Rolle abzuluchsen, würde alles zerstören. Obwohl er bisher ohnehin nicht viel hatte aufbauen können, was sich zerstören ließ. Ein Krankenbesuch und neunzig Minuten Kaffeetrinken, immerhin.
    Akzeptanz.
    Eine gewisse Fürsorge.
    Vielleicht sogar eine beginnende Freundschaft.

    Sebastian schlug die Decke beiseite und verließ das Bett. Er fand seine Boxershorts auf dem Boden und die übrigen Kleidungsstücke auf der Stuhllehne, über die er sie neun Stunden zuvor geworfen hatte. Nach einem abschließenden Blick in den Spiegel fuhr er sich durch das Haar, öffnete die Schlafzimmertür und schlich ins Wohnzimmer hinaus. Einen Moment blieb er in der Tür stehen und lauschte. Aus der Küche am anderen Ende der Wohnung drangen Geräusche. Musik. Ein Löffel, der gegen Porzellan klirrte. Offenbar frühstückte Jocke bereits ohne ihn. Sebastian ging die letzten Schritte zur Toilette, schlüpfte hinein und schloss hinter sich ab. Er hatte das starke Bedürfnis nach einer Dusche, aber der Gedanke, sich ein weiteres Mal Wand an Wand mit Gunillas Sohn auszuziehen, sorgte dafür, dass dies ein unerfülltes Bedürfnis blieb. Er betätigte die Spülung, wusch sich Hände und Gesicht und ging wieder hinaus.
    Auf dem Weg zur Haustür begriff er mit Schrecken, dass er gezwungen war, an der Küche vorbeizugehen. Genau dabei wollte er es auch belassen. Beim Vorbeigehen. Der Sohn, der dort saß, sollte höchstens einen Rücken zu Gesicht bekommen, wenn er von seinem Teller aufblickte. Sebastian eilte an der Küche vorüber, fand im Flur seine Schuhe, zog sie an und suchte die Garderobenhaken an der Wand nach seiner Jacke ab. Sie war nirgends zu sehen.
    «Deine Jacke ist hier», sagte eine tiefe Stimme aus der Küche. Sebastian kniff die Augen zusammen und fluchte still vor sich hin. Genau so war es. Er hatte an der Haustür die Schuhe ausgezogen, nicht aber die Jacke. Hatte den Eindruck vermitteln wollen, ein wenig auf dem Sprung zu sein, ganz so, als hätte er vielleicht nicht genügend Zeit, um zu bleiben, obwohl sie beide wussten, dass es genau darauf hinauslief. Erst in der Küche dann hatte er die Jacke abgestreift, während sie eine Flasche Wein für sich öffnete.
    Sebastian seufzte schwer und stapfte in die Küche. Am Tisch saß ein junger Mann, schätzungsweise zwanzig, mit einem Teller Joghurt und einem eReader vor sich. Er deutete mit dem Kopf auf den Stuhl an der anderen Seite des Tischs, ohne
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