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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
Autoren: Andreas J. Schulte
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hier vor meinem Karren stehen bleibt, dann verkaufe ich heute gar nichts mehr.“
    „Also, du wolltest doch gerade etwas kaufen – oder, Konrad?“ Ich nickte, entschied mich dann für einen großen, runden Hartkäse mit Kümmel und einen viel zu großen Topf gesalzener Butter. Beides wanderte zu dem Brot in den Beutel. Nachdem ich der Alten die Geldstücke in die faltige Hand gedrückt hatte, war sie deutlich erleichtert. Sie zwinkerte mir noch einmal zu und schenkte mir ein fast zahnloses Lächeln, das vor vielen Jahrzehnten bestimmt Männerherzen gebrochen hatte. „Konrad, ein sehr netter Name. Wenn du demnächst mal wieder Käse brauchst, darfst du wieder bei mir kaufen.“ Ich nickte ihr zu. Doch bevor ich noch etwas sagen konnte, zog mich Jupps Pranke weg von ihrem Handkarren.
    „Die Alte sieht zwar aus wie des Teufels Großmutter, aber ihr Käse ist der beste auf dem ganzen Markt, sagt selbst Hildegard.“ Und Hildegards Wort war Gesetz. Jupp war vielleicht ein großer, tapsiger Bär. Seine Frau Hildegard aber trug er auf Händen. Mit ein Grund, warum ich ihn so mochte. Dass Jupp mich in sein Herz geschlossen hatte, hatte ebenfalls mit Hildegard zu tun. Kurze Zeit, nachdem wir in Andernach angekommen waren, hatte ich beobachtet, wie einem Pferdekarren, der auf dem Weg zum Hafen war, ein Basaltmühlstein abrutschte. Der Mühlstein fiel vom Ka rren und rollte die steile Gasse hinunter wie ein Spielreifen, den Kinder mit einer Peitsche vor sich hertreiben. Ich sah den Stein auf mich zurollen, vor allem aber sah ich eine Frau, die rückwärts aus einer Haustür kam. Sie lachte und unterhielt sich noch und bemerkte dabei gar nicht die Gefahr. Mit zwei großen Schritten war ich bei ihr, stieß sie kurzerhand wieder zurück in den Hausflur, aus dem sie gerade gekommen wa r, und sprang hinterher. Keine Sekunde zu früh, denn der Mühlstein donnerte in diesem Moment an uns vorbei und krachte ein paar Schritte weiter in eine Hauswand. Von diesem Tag an war ich für Hildegard und Jupp ein Held. Die beiden verstanden sich auf Anhieb mit Maria, und Jupp vergötterte Sophie. Als ich dann allein war, machten es sich Jupp und Hildegard zur Aufgabe, sich um mich zu kümmern.
    Jupps Stimme unterbrach meine Gedanken: „Komm, Konrad, ich begleite dich noch ein Stück, muss eh an der Kölnpforte nach dem Rechten schauen.“
    Während wir über den Marktplatz gingen, musterte ich Jupp von der Seite. Wir waren gleich groß, Jupp war nur deutlich breiter. Es war gar nicht so leicht, ein passendes Wams für ihn zu finden. Bei näherem Hinsehen fiel mir jetzt auf, dass er heute ein Neues trug. Dunkles Blau, Brust, Rücken und Schultern gesteppt, sodass auch ein Harnisch bequem darüber getragen werden konnte. Schwarze Beinlinge aus Wolle, hohe Stulpenstiefel, die bis zum Knie reichten, rotblauer kurzer Mantel und den Schaller, den Eisenhelm mit Nackenschutz an zwei Riemen auf dem Rücken. Kein normaler Mensch trug einen Schaller, wenn es nicht unbedingt nötig war, so bequem waren die Dinger auch wieder nicht. Also trug Jupp seinen Helm fast immer über der Schulter.
    „Sag mal, Jupp, hab ich ir gendeinen Feiertag verpasst?“ Jupp blickte mich stolz an: „Wie gefallen sie dir? Wams und Mantel hat Hildegard neu genäht – war auch nötig, der alte Mantel hatte schon Jahre auf dem Buckel. Und wenn erst einmal der hohe Besuch da ist, kann ein ordentliches Wams nicht schaden.“
    „Hoher Besuch – wen meinst du?“ Jupp blieb stehen und starrte mic h an: „Sack und Asche, sag mal Konrad , bist du der einzige Mensch in Andernach, de r davon noch nicht gehört hat? Weißt du denn nicht, dass seine Majestät unser Kaise r Friedrich zwei, drei seiner hohen Herren hier nach Andernach schicken wird? Und natür lich kommen die nicht allein. Ich wette, ein ganzer Rattenschwanz von Dienern und Getreuen wird gleich mit in die Stadt einfallen.“
    „W arum sollte der Kaiser Männer nach Andernach senden?“
    „Na, unserem Herrscher hat es nun mal in Andernach gefallen. Damals, als er sein Heer gegen die Burgunder gesammelt hatte. Davon hast du doch gehört – oder?“
    Ja, davon hatte ich gehört. Nur wollte mir immer noch nicht einleuchten, warum Friedrichs Vasallen hierher an den Rhein kommen sollten. Andernach war ein nettes kleines Städtchen – keine Frage. Aber es war nicht Köln oder Trier. Oder sollte ich besser sagen, es war Gott sei Dank nicht Köln oder Trier?! Jupp musste wohl meine Ratlosigkeit bemerkt haben.
    „Also,
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