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Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
Autoren: Rebecca Michéle
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auf einmal klang seine Stimme weich. „Das Meer ist keine vier Meilen entfernt. Sein salziger Geruch vermischt sich mit dem Torf der Heide. Eine einzigartige Kombination.“
    „Sind Sie ein Poet?“, fragte Mabel erstaunt und sah ihn von der Seite an, konnte aber nur die Konturen seines Profils erkennen. Er gab keine Antwort, und Mabel hoffte, bald ihr Ziel erreicht zu haben. Sie war kein ängstlicher Mensch, doch dieser Mann erschien ihr doch etwas seltsam.
    Nach nur wenigen Minuten Fahrt stoppte er den Jeep und deutete auf eine Gartenpforte, die wie aus dem Nichts vor ihnen aufgetaucht war.
    „Der Park von Higher Barton.“ Nun war sein Tonfall wieder brummig und abweisend. „Von hier aus kommen Sie durch den Garten zum Haus hoch. Das ist nicht weit, Sie folgen einfach dem gepflasterten Pfad und …“
    „Danke, ich kenne den Weg“, unterbrach Mabel und öffnete die Tür, da er keine Anstalten machte, ihr aus dem Wagen zu helfen. „Hier scheint sich in all den Jahren nichts verändert zu haben.“
    „Sie sind mit Lady Tremaine bekannt?“, fragte er.
    „Sie ist meine Cousine“, gab Mabel knapp zur Antwort. „Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe, Mister …?“
    Er nickte ihr lediglich zu, und – kaum als Mabel die Wagentür geschlossen hatte – fuhr er davon.
    „Ungehobelter Kerl“, schimpfte Mabel und machte sich auf den Weg zum Herrenhaus, das eine halbe Meile durch den Park hinauf auf einem Hügel lag. Das erste Morgenlicht warf bizarre Schatten auf die Bäume und Sträucher, die in üppiger Blüte den Weg säumten. Es schien Mabel, als wäre die Zeit um vierzig Jahre zurückgedreht worden, als wäre es erst gestern gewesen, dass sie durch den Garten und diese Pforte gegangen war. Ganz in der Nähe führte ein Fußweg hinunter zur Küste. Wie oft waren sie und Arthur zu den Klippen gegangen, manchmal einen Picknickkorb in der Hand …
    Mabel wischte sich über die Augen, um die Erinnerungen zu vertreiben. Das alles lag Jahrzehnte hinter ihr. Als sich die Konturen des Hauses am Ende des Gartens abzeichneten, konnte sie nirgends ein Licht erkennen. Higher Barton lag noch in tiefem Schlaf. Sie zögerte, einfach zum Haupteingang zu gehen und zu läuten. Damit würde sie alle aufwecken und Mabel wusste nicht, wie Abigail auf diese frühe Ruhestörung reagieren würde. Ihre erste Begegnung nach so langer Zeit hatte Mabel sich anders vorgestellt. Sie erinnerte sich, dass in vergangenen Zeiten der Eingang zum Dienstbotenbereich stets früh geöffnet war, denn das Personal begann bei Sonnenaufgang mit seiner Arbeit. Nun, Mabel wusste allerdings nicht, ob und wie viel Personal überhaupt noch auf Higher Barton beschäftigt war, aber ein Versuch war es wert. Sonst würde sie sich auf eine Bank setzen, den heranziehenden Morgen genießen und abwarten, bis sich im Haus etwas rührte.
    Sie umrundete den Ostflügel und ging über die südliche Terrasse, die mit zahlreichen großen Blumenkübeln, in denen Rhododendren und Rosenbäumchen in verschwenderischer Pracht blühten, übersät war. Ein weißer schmiedeeiserner Tisch mit vier Stühlen lud zum Verweilen ein, auf den Flächen glitzerte noch der Tau der Nacht. Mabel sah sich um und atmete tief ein und aus. Der an die Terrasse angrenzende Blumengarten hatte sich im Laufe der Jahrzehnte kaum verändert. Sauber geharkte Kieswege zogen sich durch die Rosenrabatten, und immer noch plätscherte ein Springbrunnen mit einer verkleinerten Nachbildung von Michelangelos David in der Mitte. Die Dämmerung schritt zügig voran und erstaunt bemerkte Mabel, als sie sich umwandte, dass eine der Terrassentüren einen Spalt breit geöffnet war. Sie zögerte,einfach ein fremdes Haus zu betreten, doch da sich der Morgen noch immer von seiner kühlen Seite zeigte, trat sie durch die Tür in die Bibliothek. Sie entschloss sich hier im Warmen zu warten und hoffte, Abigail würde für ihr Eindringen Verständnis aufbringen. Im fahlen Morgenlicht erkannte Mabel, dass sich der Raum über die Jahrzehnte hinweg kaum verändert hatte. Deckenhohe Regale voller Bücher umschlossen ihn an vier Seiten, der Schreibtisch aus viktorianischer Zeit stand noch an derselben Stelle wie früher, nur der alte schwarze Telefonapparat mit der Wählscheibe war durch einen modernen schnurlosen ersetzt worden. Vor dem Kamin lud eine Sitzgruppe mit zwei Sofas und einem Sessel zum Verweilen ein. Als Mabel ein Sofa umrundete und sich setzen wollte, stieß ihr Fuß an etwas Weiches. In der Annahme, der Teppich
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