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Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
Autoren: Rebecca Michéle
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irgendwie seriöser vorgestellt. Grauhaarig und in Uniform. Dieser Justin scheint noch sehr jung zu sein und sieht mehr aus wie ein Surfer oder ein Model für Herrenunterwäsche.“
    Abigail rührte in der Suppe.
    „Ach, man muss mit der Zeit gehen. Er ist Ende zwanzig und sehr zuverlässig. Ich fahre nämlich schon länger nicht mehr selbst. Wenn es regnet und dunkel ist, habe ich Probleme mit dem Sehen. Ja, ja, das liebe Alter.“
    Mabel betrachtete ihre Cousine genauer. Die Jahre waren auch an ihr nicht spurlos vorbeigegangen, wie eine Sechzigjährige wirkte sie auf den ersten Blick aber nicht. Mabel vermutete, dass das Skalpell eines Chirurgen sowie regelmäßige Botox-Spritzen an ihrer beinahe faltenfreien Gesichtshaut nicht unbeteiligt waren. Auf Abigails Handrücken, die mit kleinen, braunen Flecken übersät waren, zeigte sich ihr Alter allerdings deutlich.
    Emma servierte als zweiten Gang Roastbeef und Mabel merkte, wie hungrig sie war, schließlich hatte sie nicht gefrühstückt. Sie beschloss, Abigail von dem Stoffstück und ihrem Besuch bei Inspektor Warden nichts zu erzählen. Der Rest der Mahlzeit verlief schweigend. Erst als beide Frauen mit dem Dessert ihr Essen beendet hatten, erhob sich Abigail und sagte: „Lass uns den Kaffee in meinem Boudoir trinken, Mabel. Dort ist es gemütlicher und ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen.“
    Mabel, die eigentlich gleich nach dem Essen zurück nach London hatte fahren wollen, beschloss, sich erst anzuhören,was ihre Cousine zu sagen hatte. Außerdem musste sie warten, bis der Chauffeur ihr Auto brachte, und schließlich hatte sie den weiten Weg nach Cornwall gemacht, um sich mit Abigail auszusöhnen.
    Mit den ausgesuchten viktorianischen Möbeln war Abigails Boudoir geschmackvoll und nicht überladen eingerichtet, und im Kamin brannte ein gemütliches Feuer, obwohl es draußen nicht kalt war. Mabels Blick fiel auf einen runden Tisch mit geschwungenen Beinen, auf denen einige gerahmte Fotografien standen. Alle zeigten Arthur Tremaine, Abigails verstorbenen Mann. Es waren ältere Aufnahmen dabei – Arthur in Uniform der britischen Armee oder hoch zu Ross, aber auch welche, die kurz vor seinem Tod aufgenommen schienen, denn sein einst volles Haar war grau und schütter und zwei tiefe Falten hatten sich von der Nase hinunter zum Kinn eingegraben.
    Abigail bemerkte Mabels Blicke. Sie trat neben ihre Cousine und legte eine Hand auf ihren Unterarm.
    „Es macht dir doch nichts aus, Mabel? Ich meine, wir können auch in ein anderes Zimmer gehen, wenn es dir lieber ist.“
    Schnell schüttelte Mabel den Kopf.
    „Es ist so lange her, Abigail. Manchmal erscheint es mir, als wäre es in einem anderen Leben gewesen.“ Ernst sah sie Abigail in die Augen und sagte leise: „Ich weiß, es wäre längst an der Zeit gewesen zu sagen, dass ich dir und Arthur verziehen habe. Du hast mich mit deiner Einladung beschämt, denn ich konnte bisher nicht über meinen Schatten springen, den ersten Schritt zu tun, um die Vergangenheit hinter uns zu lassen.“
    Abigails nahm Mabel in ihre Arme, und für einen Moment war es, als wären sie wieder jung. Als es klopfte und Emma Penrose mit einem Tablett in den Händen eintrat, fuhren diebeiden Frauen hastig auseinander. Verlegen sahen sie sich an und widmeten sich dann dem Kaffee, ließen die kleinen runden Kuchenstücke jedoch unberührt.
    „Ich hoffe, du wirst eine Weile auf Higher Barton bleiben“, nahm Abigail das Gespräch wieder auf, als Emma gegangen war. „Wir haben so viele Jahre nachzuholen.“
    Mabel zögerte, dann sagte sie: „Eigentlich wollte ich heute wieder nach Hause fahren. Die Sache mit der Toten hat mich doch sehr mitgenommen.“
    „Ach Mabel, deine Nerven haben dir einen Streich gespielt.“ Abigail lächelte verständnisvoll. „Kein Wunder, nachdem du bei dem Unwetter die Nacht im Auto verbringen musstest. Nein, Cousine, du bist endlich gekommen, so schnell lasse ich dich nicht wieder fort.“
    „Abigail, ich versichere dir, ich habe mir die Leiche nicht eingebildet!“, beharrte Mabel. „Als Krankenschwester habe ich gelernt, auch in Stresssituationen einen kühlen Kopf zu behalten. Selbst wenn ich früher sechsunddreißig Stunden Dienst hatte, waren mein Verstand und mein Wahrnehmungsvermögen stets ungetrübt. Sag, Abigail, war unter den gestrigen Gästen eine junge Frau, auf die die Beschreibung passen würde? Sehr hübsch, ungefähr ein Meter siebzig groß, schlank, blonde Haare? Sie trug ein
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