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Die Tote ohne Augen

Die Tote ohne Augen

Titel: Die Tote ohne Augen
Autoren: Jeff Herr
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trug sie rosa
Jeans und braune Stiefeletten mit Plüschrand.
    „Glauben Sie wirklich, ich würde
das ganze Theater wieder abbrechen, nur weil Sie zu faul waren, um sich während
der letzten Stunden anständig auf die Verhandlung vorzubereiten?“ Richter Bauer
runzelte die Stirn. Seine dicken, grauen Augenbrauen wölbten sich nach außen,
als er seine Augenlider zu zwei kleinen Schlitzen zusammendrückte. Er sah
Vanessa an und sagte trocken: „Abgelehnt! Staatsanwaltschaft! Die Anklage
bitte!“ Dr. Root begann: „Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Mike Lüttich, Frau
Kathia Momsen Anfang November dieses Jahres ermordet und diese dann in
Etteldorf in den Weiher geschmissen zu haben, dass niemand die Leiche findet.“
Der Staatsanwalt setzte sich hin. „Herr Lüttich“, fragte der Richter, „werden Sie
Angaben machen zu dem, was Ihnen hier vorgeworfen wird?“
    „Ja, das werde ich. Ich war’s
nicht. Ich habe der Polizei doch schon alles erklärt. Ich habe diese Frau
geliebt. Ich hätte ihr niemals wehtun können.“ Er schilderte Kathias
Vergangenheit und seine Zeit mit Josefa. Während seiner Aussage musste er sich
mehrmals die Nase putzen und die Tränen abwischen. Manchmal machte er eine
kleine Pause beim Sprechen, da er das Gefühl hatte, jeden Moment
zusammenzubrechen. Er war nicht mehr der Mann, der noch vor ein paar Wochen in
seiner Reithalle gestanden hatte. Maria, die als leitende Kommissarin mit im
Saal war, musste sich ebenfalls auf die Zähne beißen, um noch klar denken zu
können. Sie wollte diesen Mann unbedingt aus dieser Sache heraushaben. Aber
wenn er wirklich der Mörder war? Im Moment spielten ihre Gefühle verrückt.
„Herr Lüttich, nehmen Sie bitte neben Ihrer Verteidigerin Platz! Als Nächstes rufe
ich Herrn Dr. Lomesch, zweiter Angeklagter, in den Saal.“ Der Gerichtsdiener
schritt wieder zur Tür und bat die beiden Polizisten, Dr. Lomesch in den Saal
zu führen. Dieser trug seinen besten Anzug und italienische Designerschuhe.
Aber von den Handschellen blieb auch er nicht verschont. Er setzte sich auf den
Stuhl vor dem Richter. „Herr Staatsanwalt, die Anklage gegen Herrn Dr. Loesch
bitte!“ „Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Dr. Fabrizio Lomesch, Frau Kathia
Momsen Anfang November diesen Jahres ermordet und diese dann in Etteldorf in
den Weiher geschmissen zu haben, dass niemand die Leiche findet.“ „Herr
Lomesch, Sie haben die Anklage gehört“, sagte der Richter. „Sind Sie durch
einen Anwalt vertreten?“
    „Ja, das ist er!“ Ein etwa zwei Meter
großer Mann stand auf und begab sich neben Dr. Lomesch. „Mein Name ist Alex
Hirsch. Ich bin der Anwalt von Herrn Dr. Lomesch. Mein Mandant wird keine
Aussage machen. Ich werde für ihn sprechen.“ Er stand vor dem Richterpult wie
eine Mauer, sodass der Richter Herrn Lomesch gar nicht mehr sehen konnte. „Herr
Dr. Lomesch hat sich nichts zuschulden kommen lassen und ich verurteile aufs Strengste,
dass dieser Mann von der Staatsanwaltschaft eine Nacht in Untersuchungshaft
gebracht wurde. Ich unterstelle der Polizei Inkompetenz und bitte darum, dass
dieser Fall von einer anderen Dienststelle noch einmal komplett von vorne
aufgerollt wird. Mein Mandant ist natürlich sofort aus der Untersuchungshaft zu
entlassen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen!“
    Es war, als hätte man Maria mit
der flachen Hand voll ins Gesicht geschlagen. Dieser Anwalt arbeitete
anscheinend mit allen Mitteln. Er setzte sich wieder neben seinem Mandanten in
den Saal.
    „Das wird ja lustig“, sagte
Richter Bauer. „Der eine war’s nicht und der andere auch nicht. Herr
Staatsanwalt, ich muss schon sagen, dass es unüblich ist, hier so kurzfristig
aufzukreuzen und dann auch noch mit zwei Hauptverdächtigen! Ich würde jetzt am
liebsten mal hören, was die Polizei dazu sagt. Frau Maria Ferreira, ich bitte Sie
in den Zeugenstand.“ Maria stand auf. Ihre Hände schwitzten. Ihr schwarzes Haar
hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie trug eine graue Stoffhose mit
passender Jacke dazu. Ihre Dienstwaffe hatte sie beim Sicherheitsmann am Eingang
zum Gerichtsgebäude abgeben müssen. Sie fühlte sich müde und hoffte, die richtigen
Worte zu finden, um die Wahrheit endlich aufzudecken. Wenn das eine Wahrheit
war, die Mike Lüttich zugute kam, umso besser.
    Maria schilderte, wie sie bei den
Ermittlungen vorgegangen war. Natürlich war Lüttich der erste Verdächtige, aber
nur weil er sich selbst verdächtig gemacht hat. Warum hat er Kathias Zimmer
nach
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