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Die Tote ohne Augen

Die Tote ohne Augen

Titel: Die Tote ohne Augen
Autoren: Jeff Herr
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eine größere Schule, einen Kinderhort, eine neue
Sporthalle und mehr Wasser, mehr Abwasser, mehr Abfälle. All diese
Herausforderungen zu meistern war dem jetzigen Gemeinderat gelungen, trieb er
jedoch die Pro-Kopf-Verschuldung in Rekordhöhe. Auch siedelten sich neue
Betriebe in Etteldorf an, wie eine Reitschule, ein
Arbeitsbeschäftigungsinstitut, sowie ein neuer Stützpunkt der Feuerwehr.
    Am Nachmittag klingelte Pierres
Telefon „Pierre, hier ist Schosch, der Chemiker des Wasserwirtschaftsamtes.
Könntest du noch mal zur Quellenfassung fahren, ich hab eine Flasche mit
Tetraindexalsäure liegen gelassen. Aber sei bloß vorsichtig, das Zeug ist
hochätzend!“ „Kein Problem, ich fahr hoch.“
    Als Pierre ins Auto stieg, war
ihm etwas mulmig. „Ich hasse so ein Zeug, gerade deshalb bin ich gelernter
Elektriker.“ Ist man bei der Gemeinde angestellt, ist man aber Mädchen für
alles. So flickt der Elektriker schon mal eine Wasserleitung und der Maler
kümmert sich um die Weihnachtsbeleuchtung. Auf dem Weg zur Quelle wurde er von
einem Polizeiwagen überholt. Als er an den Dorfausgang kam, sah er, wo sich der
Einsatzort befand: Am Reiterhof! Das Blaulicht spiegelte sich in den polierten
Holzdielen, welche die Fassade schmückten. Einige Kinder standen links neben
der Reithalle auf einer kleinen Auslaufwiese. Die beiden Hunde, die sich immer
frei auf dem Gelände bewegten, waren angekettet und bellten wie wild. Es musste
etwas Schlimmes passiert sein.
     
    „Du Drecksschwein! Was hast du
getan? Warum? Warum?“
     
    Bei der Quellenfassung angekommen
schloss er die Tür auf. Er brauchte zwei verschiedene Schlüssel für die beiden
Schlösser. Aus Sicherheitsgründen waren alle Wasserbehälter, Quellenfassungen
und Pumpstationen mit zwei Schlössern gesichert. Einen hatte jeder
Gemeindearbeiter, den anderen gab es nur einmal. Er hing im Tresor im Büro des
Bürgermeisters. Zu groß war die Gefahr eines Attentats, denn mit einem Tropfen
Gift im Wasserbehälter konnte man Tausende Menschen vergiften. Nach den Anschlägen
vom 11. September wollte man auf alles vorbereitet sein, die Regierung gab
Vorschriften heraus und entwickelte Einsatzpläne. Stellte zum Beispiel ein
Wanderer fest, dass bei einem Wasserbehälter die Tür aufstand und es keine
direkte Erklärung dafür gab, wurde sofort Großalarm ausgelöst. Pierre war sich
dieser Verantwortung voll und ganz bewusst.
    „Wo bist du denn, du schlimme
Flasche?“ Er schaltete das Licht an. Es war jedoch keine Flasche zu sehen! Er
schloss die Tür der Quellenfassung und suchte außen im Gras, dort, wo Schosch
sein mobiles Labor aufgebaut hatte – nichts! Die Flasche war verschwunden. Er
fuhr zurück nach Etteldorf. Beim Reiterhof hielten mittlerweile zwei weitere
Polizeiautos sowie ein blauer Kombi mit blauem Kreuz auf der Tür. Der Tierarzt
Dr. Lomesch.

Kapitel 2
     
    „Tierquäler! Das wirst du mir büßen!
Nein, das tust du nicht wirklich! Hilfe!“
     
    Am nächsten Morgen war es
Gesprächsthema Nummer eins im ganzen Dorf. Ein Unbekannter hatte am Tag zuvor
zwei Pferden die Augen verätzt. Mike Lüttich, der Besitzer des Reitstalls,
wurde aufmerksam, als die Tiere voller Panik schrien und mit den Köpfen gegen
die Mauer ihrer Box schlugen. Der Tierarzt musste beide erschießen. Der
finanzielle und moralische Schaden war enorm. So ein Pferd kostet um die 10 000
Euro. Ob die Versicherung für den Schaden aufkommen würde, war noch unklar. Der
Tierarzt hatte Proben der Säure genommen und diese ins Labor geschickt. Die
Ergebnisse wurden für morgen erwartet.
    Maria Ferreira, die Kommissarin
aus Gosseldorf, war mit den Ermittlungen befasst. (Marias Biografie finden Sie,
liebe Leser, auf: www.herrjeff.lu) Sie hatte gerade erst in dieser Gegend
angefangen, nachdem sie aus dem Süden des Landes hierher gezogen war. Sie war
eine hübsche Frau, Mitte dreißig mit langem, gelocktem Haar, das sie gewöhnlich
zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Sie hatte tiefblaue Augen, ein paar
Sommersprossen zierten ihre Nase. Um ihren zierlichen Hals hing eine dezente
Goldkette mit einer Medaille in Form eines halben Herzens. Sie trug enge Jeans
und eine rote Bluse mit weißen Streifen. Rechts am Gürtel hing ihre
Dienstwaffe, eine P&H Typ 66, eine kleinkalibrige Waffe mit Zentralfeuerpatronen.
Ihre männlichen Kollegen lachten sie des Öfteren aus, da es eine kleine und
leichte Waffe war. Sie beherrschte ihren Revolver allerdings perfekt und hatte
schon bei manchen
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