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Die Tote ohne Augen

Die Tote ohne Augen

Titel: Die Tote ohne Augen
Autoren: Jeff Herr
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könnte sich denn währenddessen um
ihre Anlage kümmern, Herr Lüttich? Gibt es jemanden, der genau weiß, was zu tun
ist?“
    Mike saß da und schwieg. Er sah
aus wie ein Häufchen Elend. Er hatte niemanden, dem er zugemutet hätte, sich um
die Pferde zu kümmern. Außer Kathia. Bei diesem Gedanken begann er zu weinen.
Was, wenn seine Unschuld nie bewiesen würde? Was, wenn er zu Unrecht ins
Gefängnis käme? Ihm fiel eigentlich nur eine Person ein, die sich auskannte.
Seine Exfreundin Josefa.
    Der Staatsanwalt fuhr fort: „Dann
bleibt wohl nichts anderes übrig, als sie zu fragen. Ihr Freund ist doch
Tierarzt, haben Sie mir erzählt?“
    „Ja, das stimmt. Glücklich bin
ich aber mit der Situation nicht, immerhin hatten wir noch vor kurzer Zeit
einen Streit, wo sie sich über meine Reitschule lustig gemacht hat. Kann sich denn
nicht die Reitstaffel der Polizei in dieser Zeit drum kümmern?“
    „Das kann ich mal nachfragen“,
meinte Sven, „aber versprechen kann ich nichts.“
    Sie ließen Mike im
Vernehmungsraum zurück.
    „Mann, der tut mir leid“, sagte
Maria, „aber die Beweise sprechen alle für sich, der hatte eine Affäre mit der
Getöteten. Vielleicht wollte die ja nicht mehr und er hatte Angst, dass sie
Blödsinn erzählt über ihn und dass er einen schlechten Ruf bekäme. Vielleicht
war der ja gar nicht mit dieser Frau zusammen. Viele Fakten sprechen dafür. Zum
Beispiel wollte er etwas von ihr, sie aber nicht von ihm. Da hat er sie einfach
so mal in ihrem Zimmer vergewaltigt. Danach hat er sie umgebracht und ein paar
Tage liegen lassen, irgendwo in der Scheune. Als das Ganze dann zu riechen
begann, hat er sie in einer Nacht- und Nebelaktion in den Weiher verfrachtet,
den Sack mit Steinen beschwert und weg war sie. Und sie lag ja auch eine gute
Zeit da drin. Ihr Zimmer wurde schön geputzt und fertig. Wenn nicht durch
Zufall dieser Labrador sie herausgefischt hätte oder besser ein Stück von ihr,
hätten wir sie noch lange nicht gefunden.“
    „Das ist ja alles schön und gut!“,
sagte Dr. Root. „Aber eines habt ihr vergessen. Wer hat die Ampulle mit der
Säure an der Quellenfassung entwendet und diese in die Augen der Pferde
geträufelt? Und dann in die Augen von Frau Momsen? Also der Lüttich war nicht
in der Verfassung, das ist spurentechnisch ja einwandfrei geklärt. Außerdem war
dieser die ganze Zeit hier auf seiner Anlage, da hat er hundert Alibis der
Kinder. Der Einzige, der die Säure bei der Quellenfassung entwendet haben kann,
ist dieser, wie hieß der noch mal?“
    „Pierre Clement“, meinte
Maria.
    „Genau. Pierre Clement. Aber der
wiederum hat gar nichts mit dem Reiterhof zu tun, kannte die Tote nicht und der
hat auch absolut kein Motiv. Der Lüttich dagegen hätte einige Motive. Angst,
verlassen zu werden, Angst um seine Reitschule, wenn Kathia geht und die Affäre
auspackt, Eifersucht, wenn Kathia vielleicht einen anderen hat, und so weiter.
Also für mich ist der Clement raus aus der Sache und der Lüttich drin. Und zwar
viel zu tief drin!“ Das war jedenfalls Dr. Roots Meinung.
    Mike wurde ins Gefängnis verfrachtet
und dort, nach medizinischem Haftfähigkeitsattest in einer Einzelzelle
untergebracht.

Kapitel 13
     
    Eine Woche später.
    Der Leiter der Reitstaffel hatte
sich bereit erklärt, sich mit seinen Jungs um die Reitanlage zu kümmern. Mike
Lüttich gab ihnen Anweisungen übers Telefon. Die Reitschule war natürlich
vorübergehend geschlossen worden. Mikes finanzieller Ruin stand bevor. Der
Haftrichter hatte ihn zwar nicht gleich für schuldig befunden, hatte aber auch
die Untersuchungshaft nicht aufgehoben. Mike hatte sich in den letzten Tagen
etwas beruhigt und er konnte wieder teilweise klar denken, aber mit der
Situation abfinden konnte er sich nicht. Er war unschuldig. Er war allerdings davon
überzeugt, dass er seine Unschuld nur dann beweisen konnte, wenn die Polizei
einen anderen Schuldigen hatte. Die Einzigen, die ihm dabei helfen konnten,
waren Maria und Sven. Er hatte über die Staatsanwaltschaft einen Termin bei den
beiden angefragt. So besuchten Maria und Sven ihn im Besucherraum.
    „Herr Lüttich, was gibt es denn?“,
fragte Maria.
    „Also ich möchte noch einmal mit Ihnen
sprechen.“ Der Text, den er sich schon bestimmt 50 Mal selbst im Kopf vorgesagt
hatte, fiel ihm einfach nicht mehr richtig ein. „Ich möchte Ihnen noch einmal
in aller Ruhe sagen, dass ich Kathia nicht umgebracht habe. Es tut mir leid,
dass ich letzte Woche vor Ihnen
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