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Die Tote in der Bibliotek

Die Tote in der Bibliotek

Titel: Die Tote in der Bibliotek
Autoren: Agatha Christie
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hierher geschafft und in meine Bibliothek gelegt?»
    «Er hat sie zwar in Ihre Bibliothek gelegt, aber er hat sie nicht umgebracht.»
    «Unsinn! Wenn er sie in meine Bibliothek gelegt hat, dann hat er sie auch umgebracht! Das eine hängt doch mit dem anderen zusammen.»
    «Nicht unbedingt. Er hat sie tot in seinem Haus gefunden.»
    «Das kann er seiner Großmutter erzählen!», sagte der Colonel höhnisch. «Wer eine Leiche findet, der ruft die Polizei – wenn er ein Ehrenmann ist, jedenfalls.»
    «Na», sagte Miss Marple, «wir haben nun mal nicht alle Nerven wie Drahtseile, so wie Sie, Colonel Bantry. Sie sind eben ein Mann vom alten Schlag. Die jüngere Generation ist anders.»
    «Kein Stehvermögen» – ein wohl bekannter Ausspruch des Colonels.
    «Aber manche», sagte Miss Marple, «haben viel durchgemacht. Ich habe einiges über Basil Blake erfahren. Er war beim Luftschutz, als er erst achtzehn war. Hat vier Kinder aus einem brennenden Haus gerettet, eines nach dem anderen. Ist noch ein fünftes Mal hinein, wegen eines Hundes, obwohl man ihn gewarnt hat. Das Haus ist über ihm eingestürzt. Man konnte ihn herausholen, aber sein Brustkorb war zerschmettert. Er musste fast ein Jahr in Gips liegen und war danach noch lange krank. Da fing er an, sich fürs Entwerfen und Konstruieren zu interessieren.»
    «Ach!» Der Colonel hustete und putzte sich die Nase. «Ich, äh – das wusste ich ja gar nicht.»
    «Er redet nicht darüber.»
    «Hm – sehr gut. Richtige Einstellung. Steckt wohl mehr in dem Burschen, als ich dachte. Dachte immer, er hätte sich vorm Krieg gedrückt. Zeigt, dass man keine voreiligen Schlüsse ziehen sollte.» Colonel Bantry schien beschämt.
    «Aber trotzdem» – seine Empörung flammte wieder auf – «wieso wollte er ausgerechnet mir einen Mord anhängen?»
    «So hat er das wohl nicht gesehen», sagte Miss Marple. «Für ihn war es eher ein – ein Scherz. Er stand zu diesem Zeitpunkt stark unter Alkoholeinfluss, wissen Sie.»
    «Hatte einen in der Krone, wie?» Colonel Bantry hegte die Sympathie des Engländers für alkoholische Exzesse. «Tja, man kann einen Mann nicht danach beurteilen, was er tut, wenn er betrunken ist. In Cambridge hab ich mal einen gewissen Gegenstand – na ja, tut nichts zur Sache. Gab einen Riesenkrach deswegen.»
    Er lachte in sich hinein, nahm sich aber sofort wieder zusammen und musterte Miss Marple scharf. «Sie glauben nicht, dass er den Mord begangen hat, wie?»
    «Ich bin mir sicher, dass er’s nicht war.»
    «Aber Sie glauben zu wissen, wer es war?»
    Miss Marple nickte.
    «Ist sie nicht großartig?», rief Mrs. Bantry nach Art eines verzückten griechischen Chors der gleichgültigen Welt zu.
    «Und wer?»
    «Ich wollte Sie um Hilfe bitten», sagte Miss Marple. «Ich denke, wenn wir zum Einwohneramt gehen, können wir uns ein sehr viel besseres Bild machen.»

Siebzehntes Kapitel

I
     
    S ir Henry machte ein sehr ernstes Gesicht. «Das gefällt mir nicht», sagte er.
    «Ich bin mir dessen bewusst», sagte Miss Marple, «dass Sie es nicht gerade orthodox nennen würden. Aber es ist außerordentlich wichtig, nicht wahr, ganz sicherzugehen – ‹doch mach ich doppelt sicher Sicherheit›, wie Shakespeare sagt. Wenn Mr. Jefferson also einverstanden wäre…»
    «Was ist mit Harper? Sollte er nicht eingeweiht werden?»
    «Es könnte unangenehm für ihn werden, zu viel zu wissen. Aber Sie können ihm ja einen Wink geben – dass er bestimmte Personen beobachten lassen, ihnen auf den Fersen bleiben sollte, verstehen Sie?»
    «Ja, damit wäre der Sache gedient…», sagte Sir Henry nachdenklich.
     

II
     
    Superintendent Harper sah Sir Henry Clithering durchdringend an. «Um Missverständnisse auszuschließen, Sir: Sie möchten mir einen Wink geben?»
    «Ich teile Ihnen mit, was mein Freund mir soeben mitgeteilt hat; er hat es mir nicht im Vertrauen gesagt. Er beabsichtigt, morgen einen Anwalt in Danemouth aufzusuchen, um ein neues Testament aufzusetzen.»
    Harpers buschige Brauen senkten sich tief über die ruhigen Augen. «Hat Mr. Jefferson vor, seinen Schwiegersohn und seine Schwiegertochter davon zu unterrichten?»
    «Ja, heute Abend.»
    «Aha.» Der Superintendent trommelte mit einem Federhalter auf den Tisch. «Aha», wiederholte er. Wieder sah er den anderen scharf an und sagte: «Sie geben sich also nicht mit der Anklage gegen Basil Blake zufrieden?»
    «Sie etwa?»
    Des Superintendents Schnurrbart zitterte. «Und Miss Marple?», fragte er.
    Die
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