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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich
Autoren: Tim Powers
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sagen zu dürfen, daß er sich an nichts von allem, was er vergangene Nacht sah, erinnern wird.«
    »Nun«, sagte Jacky verwundert, als der tropfende, bärtige Riese sich heraufzog und neben sie setzte, »das wird er sicherlich nicht.« Sie sah ihn aufmerksam von der Seite an. »Ich dachte, Sie seien tot, als Sie dort unten an mir vorbeirollten. Sie waren voller Blut, und Ihre... Augen, und...«
    »Ja«, sagte Ashbless nachdenklich. »Ich war dem Tode nahe - aber diese Nacht war eine Nacht der Magie, und nicht alles davon war unheilvoll.« Er wandte den Kopf und begegnete ihrem Blick. »Du fandest Zeit, dich zu rasieren?«
    »Oh!« Jacky rieb sich die bloße Oberlippe. »Es... der Schnurrbart wurde abgesengt...«
    »Großer Gott. Nun, ich bin jedenfalls froh, daß du heil davongekommen bist.« Er lehnte sich zurück, schloß die Augen und atmete tief ein. »Ich werde hier sitzen bleiben«, sagte er, »bis die Sonne hoch genug steht, mich abzutrocknen.«
    »Sie werden sich erkälten und an Lungenentzündung sterben«, sagte Jacky, »was sicherlich schade wäre, nachdem Sie Dantes komprimiertes Inferno überlebt haben.«
    Er lächelte, ohne die Augen zu öffnen, und schüttelte den Kopf. »Ashbless hat noch viel zu tun, ehe er stirbt.«
    »So? Und was?«
    Ashbless zuckte die Achseln. »Na... sich verheiraten, zum Beispiel. Am fünften des nächsten Monats, um es genau zu sagen.«
    Jacky warf unbekümmert den Kopf zurück. »Das ist hübsch. Und mit wem?«
    »Ein Mädchen namens Elizabeth Jaqueline Tichy. Ein hübsches Mädchen. Bin ihr nie begegnet, habe aber ein Bild von ihr gesehen.« Jacky starrte ihn an. »Wen?« Ashbless wiederholte den Namen. Ihr Gesicht zuckte unschlüssig zwischen einem pikierten Lächeln und einem empörten Stirnrunzeln. »Sie sind ihr nie begegnet? Wie können Sie dann so verdammt sicher sein, daß sie Sie haben will?«
    »Ich weiß, daß es so sein wird, Jacky mein Junge. Du könntest sagen, daß sie keine andere Wahl hat.«
    »Soll das eine Tatsache sein?« erwiderte Jacky ärgerlich. »Ich nehme an, Ihre breiten Schultern und Ihr blondes Haar sollen sie unfähig machen, Ihnen zu widerstehen, wie? Oder nein, sagen Sie nichts - es soll Ihre Dichtkunst sein, nicht wahr? Sicherlich werden Sie ihr ein paar Verse aus Ihren unverständlichen ›Zwölf Stunden ‹ vorlesen, nicht wahr, und sie wird sich denken, da sie nichts davon versteht, müsse es Kunst sein, nicht wahr? Also, Sie sind wirklich ein arroganter...«
    Ashbless hatte verblüfft die Augen geöffnet und richtete sich auf. »Verdammt, Jacky, was ist los mit dir? Großer Gott, ich habe doch nicht gesagt, daß ich sie vergewaltigen würde, oder? Ich...«
    »O nein! Sie geben ihr nur die einmalige Chance, sich mit einem richtigen Dichter zu liieren. Welch ein Glück für sie!«
    »Was, zum Kuckuck, faselst du da, Junge? Das ist doch alles dummes Zeug. Ich sagte bloß...«
    Jacky sprang auf und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Lernen Sie Elizabeth Tichy kennen!«
    Ashbless blickte verdutzt zu ihr auf. »Was willst du damit sagen? Kennst du sie? Ach so, natürlich, du kennst sie, nicht wahr? Hör zu, ich wollte nicht...«
    Jacky fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Verdammt noch mal, ich bin Elizabeth Jacqueline Tichy!«
    Ashbless lachte unbehaglich - dann verschluckte er sich. »Ah - großer Gott. Bist... sind Sie es wirklich?«
    »Das ist eines der vielleicht vier Dinge, deren ich sicher bin, Ashbless.«
    Er wedelte bestürzt mit den Händen. »Tut mir leid, ja - Miss Tichy. Ich dachte, Sie wären bloß der gute alte Jacky, mein Kamerad aus den alten Tagen in Kapitän Jacks Haus. Die ganze Zeit hätte ich mir nie träumen lassen, daß Sie...«
    »Sie waren nie in Kapitän Jacks Haus«, sagte Jacky, und beinahe bittend fügte sie hinzu: »Ich meine, soviel ich weiß. Oder doch?«
    »In gewisser Weise ja. Sehen Sie, ich...« Er brach ab. »Wie wäre es, wenn wir beim Frühstück darüber diskutierten?«
    Jacky runzelte wieder die Stirn, doch nach einer Pause nickte sie. »Einverstanden, aber nur, weil der arme Doyle so viel von Ihnen hielt. Und es bedeutet nicht, daß ich etwas zugestehe, verstehen Sie?« Sie lächelte, dann faßte sie sich und runzelte streng die Stirn. »Kommen Sie, ich kenne ein Lokal in der St. Martins Lane, wo sie einen sogar am Feuer sitzen lassen.«
    Sie sprang von der Mauer herunter, als Ashbless aufstand, und gemeinsam gingen sie, noch immer streitend, im durchsichtigen Morgenlicht nordwärts zum
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