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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich
Autoren: Tim Powers
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den Torbogen noch nicht erreicht, als eine Meute von Horrabins Fehlern hüpfend und rutschend herausdrängte, hitzig verfolgt von einem Schwärm der Däumlinge.

    Ashbless war trotz aller chemischen und zauberischen Mittel zur Erhaltung des Bewußtseins in einen Dämmerzustand gesunken, aus dem er nur für Augenblicke erwachte. Einmal war er sich undeutlich bewußt, daß er eine abschüssige Ebene hinabgetragen wurde; ein anderes Mal bemerkte er, daß sein Träger mit dem rasselnden Ausstoßen des Atems in abgehackter Folge die Töne eines fröhlichen kleinen Liedes hervorstieß; dann wurde es verwirrend: hinter ihnen erhob sich lautes Geschrei, und im Licht der Elmsfeuer, die seinen Träger wie eine Korona umgaben, sah er ein Ding wie eine riesige Kröte, die einen Dreispitz trug, auf einer Seite vorbeihüpfen, während auf der anderen ein sechsbeiniger Hund mit dem Kopf eines Menschen vorbeischnürte; und dann war die Luft voll von springenden Käfern oder Heuschrecken, die weder das eine noch das andere waren, sondern winzige zornige Männlein, die kleine Degen schwenkten.
    Später strauchelte sein Träger, und alles kugelte und purzelte den abschüssigen Hang hinab, und das letzte, was Ashbless erblickte, bevor er wieder das Bewußtsein verlor, verwunderte ihn trotz der Umnachtung, die ihn in der Nähe seines Todes umgab: er sah plötzlich Jackys Gesicht, ohne Schnurrbart und tränennaß, das ihn überrascht anstarrte, als er vorbeirollte.

    Das funkensprühende, flimmernde Ding, das gegen Jacky rollte, kollidierte auch mit den augenlosen Schwestern und schleuderte sie in die Dunkelheit fort, wo sie vor Enttäuschung schnatterten, und Jacky rappelte sich noch rechtzeitig auf, um zu sehen, daß das von blauen Lichterscheinungen umgebene Ding ein Mensch war, und daß dicht hinter ihm William Ashbless die abschüssige Bahn hinabrollte, über und über blutig und augenscheinlich tot; einen Augenblick später zog Jacky den Kopf ein und grub Finger und Zehen in den feuchten Lehm zwischen den Steinplatten, denn ein Getümmel bellender, fluchender und quietschender Gestalten, unsichtbar in der Dunkelheit, wälzte sich schwerfällig an ihr vorbei und über sie hinweg, dichtauf gefolgt von einer Horde von großen Heuschrecken. Einige Augenblicke später verlor sich der Höllenzirkus unterhalb von ihr, und sie begann die abschüssigen Platten wieder hinaufzukriechen.
    Auch von oben kamen Geräusche, entfernte Schreie und Rufe und irres Gelächter, das unheimlich durch die Kellergänge hallte, und sie überlegte halb betäubt, was dieser Wahnsinn zu bedeuten habe, der über die Rattenburg und ihre Bewohner gekommen war.
    Nach langer Zeit fühlte sie, wie der Boden unter ihr eben wurde, und aufblickend gewahrte sie den Lichtschein entfernter Fackeln und das Halbrund des Torbogens. Carringtons Leute waren verschwunden, und von welcher Art die Handlung des Dramas auch war, sie fand anderswo statt, und Jacky stand auf und lief auf den Lichtschein zu.
    Als sie die erste Fackel erreichte, verharrte sie eine Weile keuchend und erleichtert, erfreute sich der Illusion von Sicherheit, die das Licht ihr verlieh, und nachdem sie verschnauft hatte, kostete es sie Überwindung, durch den Bogen und weiter in die Dunkelheit zu gehen.
    Bald hörte sie voraus nervös aufeinander einredende Stimmen und nahm den Gang, der zur Treppe führte, machte aber halt, als sie auch dort Stimmen hörte.
    Wachen, dachte sie; wahrscheinlich Carringtons Leute, die aufpaßten, daß aus diesem unterirdischen Ameisennest nichts herauskam.
    Da es noch lange dauern konnte, bis die Wachen zur Oberfläche zurückkehrten, beschloß sie den Abzugskanal abwärts zur Themse zu schwimmen, wie sie es schon einmal getan hatte, und sie hatte gerade kehrt gemacht, als die Lautstärke der Stimmen zunahm und ein trüber Widerschein von Fackeln die Wände des Gangs überkroch. Das Licht wurde rasch heller, und es schien, als müßten jeden Augenblick Männer mit Fackeln voraus um eine Biegung kommen. Jacky sah sich in panischer Furcht um, hoffte eine Tür oder Nische zu entdecken, wo sie sich verkriechen könnte, aber es gab keine. Sie drückte sich gegen die Wand.
    Die Stimmen kamen näher, und sie hörte ein schnelles hölzernes Klopfen, und dann kam Horrabin in Sicht. Er rannte auf seinen Stelzen, seine Kleider brannten lichterloh, und er wurde flankiert und verfolgt von einem Gewimmel, das auf den ersten Blick ein Schwarm springender, quietschender Ratten zu sein schien;
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