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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune
Autoren: Silvia Stolzenburg
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einen Stuhl. „Es ist alles seine Schuld!“, schluchzte sie. „Er hat sie verleumdet und Moro dazu gebracht, sie beinahe zu töten!“ Jago hob scheinbar verdattert die Schultern, während alle Augen im Raum auf ihm und dem leise weinenden Christoforo lagen. „Die Briefe …“, flüsterte der gebrochene Ehemann kaum hörbar. „Die Briefe?“ Emilia sprang auf und wollte etwas sagen. Doch Jago trat blitzschnell auf sie zu und schlug ihr mit dem Handrücken brutal ins Gesicht. Der Hieb schleuderte die junge Frau nach hinten, und sie schlug mit dem Kopf auf der Kante des Bettkastens auf. Augenblicklich bildete sich eine kleine Blutlache am Boden, und der Soldat, der ihr zur Hilfe eilen wollte, schüttelte nach wenigen Augenblicken bedauernd den Kopf. „Sie ist tot.“
    Noch ehe Jago die Bedeutung der Worte begriffen hatte, wurde er von zwei Soldaten gepackt, die ihm grob die Waffe entwanden. „Abführen!“, donnerte Bragadin. „Ihr werdet uns schon bald gestehen, was hier wirklich geschehen ist!“, setzte er – an den sich wild wehrenden Gefangenen gewandt – drohend hinzu. „Ihr dort“, herrschte er zwei Wachen an. „Bewacht die Tür!“ Er würde sich später um Christoforo Moro und seine Gemahlin kümmern. Zuerst musste jedoch Jago verhört werden, um etwas mehr Licht in diese verworrene Angelegenheit zu bringen.
     
    *******
     
    Christoforo hatte all das kaum wahrgenommen. Als die Tür hinter den Soldaten ins Schloss fiel, begannen die Lider seiner Gemahlin erneut zu flattern. „Oh, Desdemona, bitte!“, weinte er und bedeckte ihr eiskaltes Gesicht mit Küssen. „Ich war nicht ich selbst!“ Heftig schluchzend vergrub er das Gesicht in dem Kissen, mit dem er sie nur wenige Augenblicke zuvor hatte ersticken wollen. Ihr vogelgleicher Herzschlag pochte leise gegen seine Schläfe. Die Sekunden wurden zu Minuten und Stunden, bis er schließlich im Licht der Morgendämmerung neben ihr kauernd einnickte.
     
    „Christoforo.“ Zuerst hielt er den Klang ihrer Stimme für einen grausamen Scherz seiner Einbildung. Doch als sein Name erneut erklang, richtete er sich mit solcher Heftigkeit auf, dass ihm die eingeschlafenen Glieder den Dienst versagten und er neben dem Bett zu Boden sank. „Was ist geschehen?“ Verwirrung und die Erinnerung an Schmerz lagen in ihren blauen Augen, als sie sich mühsam auf einen Ellenbogen stemmte, um auf ihn hinabzublicken. „Du lebst!“ Hastig rappelte er sich auf die Knie und berührte ungläubig ihre durchscheinend bleiche Haut.
     
    „Ich, du …“, stammelte sie, als sich die furchtbare Szene in ihr Bewusstsein zurückdrängte. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen entriss sie ihm die Hand und versuchte, vor ihm davonzukriechen, sank jedoch geschwächt in die Kissen zurück. „Vergib mir“, flehte er und setzte sich auf die Bettkante – bemüht, genug Abstand zu halten, um ihr keine Furcht einzujagen. „Du wolltest mich töten“, stellte sie schließlich fest – so sachlich, als ob sie die ganze Angelegenheit nur am Rande anginge, während sie sich in eine sitzende Haltung kämpfte. „Oh, Gott, ich liebe dich so sehr“, presste er trocken hervor. „Ich hätte es nicht ertragen!“ „Was nicht ertragen?“, fragte sie fassungslos, während sie ihn ungläubig anblickte. Ihr gesamter Körper schmerzte heftig, als sei er von glühenden Nadeln durchbohrt worden.
    „Deine Untreue! Es war alles so überzeugend!“ Und dann berichtete er ihr, unterbrochen von Weinkrämpfen, die ganze, kunstvoll gesponnene Intrige. Als er schließlich geendet hatte, schwieg sie scheinbar endlos lange, bevor sie die Decke fester um sich schlang und noch weiter von ihm fortrutschte. „Bitte geh!“, sagte sie schließlich tonlos. Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber die Furcht, die sich in ihre Augen zurückschlich, hielt ihn davon ab. Schwerfällig wie ein Greis erhob er sich von der Bettkante und befolgte den Wunsch seiner Gemahlin. Der Frau, die er vor lauter Dummheit und blinder Eifersucht um ein Haar für immer verloren hätte! Da er nicht wusste, wo er sonst hingehen sollte, kauerte er sich im Korridor an die Wand und vergrub den Kopf zwischen den Knien.
     
    Stunden später wurde er aufgeschreckt, als ein Bote ihn vor den hastig einberufenen Rat zitierte. Jago hatte offenbar unter den Händen eines der talentierten Folterer der Zitadelle den ganzen hinterlistigen Plan gestanden. Rodrigo hatte wie durch ein Wunder den Angriff lange genug überlebt, um Jagos unter
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