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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Körper der kostbaren Luft beraubt wurde, nach der ihre Lungen schrien, verließ sie die Kraft wie Wasser, das in trockener Erde versickerte.
     
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    Während das Pochen in seinen Schläfen sich verstärkte, hämmerte das Herz in Christoforos Brust so heftig, dass er einen Moment lang das Gefühl hatte, es wolle aus seinem Körper fliehen. Hände, die einem anderen zu gehören schienen, pressten das Kissen auf das Gesicht seiner Gemahlin, von dem nur noch die Stirn zu sehen war. Blicklos nahm er wahr, wie Desdemonas Fingernägel die Haut von seinen Handrücken kratzten. Doch er spürte weder diesen fruchtlosen Versuch, sich zur Wehr zu setzen, noch ihre Knie in seinem Rücken. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurden die Bewegungen kraftloser. Aber es war der Augenblick, in dem ihre blonden Locken plötzlich still dalagen, als ihm plötzlich überwältigende Furcht in die Glieder fuhr. Mit einem erstickten Laut zuckte er wie verbrannt zurück, starrte auf Desdemonas reglose Gestalt hinab und schlug das Kissen zur Seite. Was hatte er getan? Eine Welle grenzenloser Panik stieg in ihm auf und raubte ihm die Luft zum Atmen.
     
    „Was geht dort drinnen vor sich?“ Emilias Stimme drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr. „ Signore !“ Jemand hämmerte mit den Fäusten gegen das Holz der dickbohligen Tür, und Christoforo schrak zusammen, als habe ihn jemand geschlagen. Was hatte er nur getan? „Oh, mein Gott“, hauchte er und riss das weiß schimmernde Kissen von ihrem bleichen Gesicht. „Oh, mein Gott!“ Heiße Tränen füllten seine brennenden Augen und benetzten Desdemonas Wangen, als er sich über sie beugte und ihren schlaffen Körper wiegte wie den eines Kindes. „Was habe ich getan?“, stöhnte er heiser, als die unverriegelte Tür aufflog und Emilia mit einem Kerzenleuchter in der Hand in die dunkle Kammer stürmte.
    „Oh, Dio mio “, keuchte sie, sobald sie die leblose Gestalt im Licht ihres Leuchters entdeckte, und eilte an die Seite ihrer Herrin, um sich über sie zu beugen und ihren Puls zu fühlen. „Sie lebt!“ Hastig sprang sie auf, um in die angrenzende Kammer zu rennen und einen nassen Lappen zu holen, den sie der flach Atmenden auf die Stirn legte. „Was?“, stammelte Christoforo, dem im Schein der Kerzen funkelnde Tränen die Wangen hinabrannen, und fiel neben dem Bett auf die Knie. Zitternd ergriff er die kalte Hand seiner Gemahlin und schluchzte haltlos. „Bitte stirb nicht“, presste er mühsam hervor. „Ich vergebe dir alles.“ „ Ihr vergebt ihr ?“, platzte Emilia, die inzwischen weitere Kerzen entzündet hatte, ungehalten heraus. „Was um alles in der Welt habt Ihr zu vergeben?“, zischte sie wütend.
     
    „Sie hat mich hintergangen“, flüsterte er tonlos, ohne den trüben Blick zu heben, der auf den flatternden Lidern seiner Gattin heftete. „Hintergangen?“, fragte Emilia fassungslos und starrte die zusammengesunkene Gestalt des Generals mit aufgerissenen Augen an. „Wer hat Euch diese Lüge in den Kopf gesetzt?“ Ihre Stimme war heiser vor Verachtung und Abscheu. „Euer Gemahl“, wisperte er kaum hörbar. „Er hat sie mit Cassio ertappt.“ Seine Worte erstarben und er presste stöhnend die Wange an Desdemonas kalte Stirn. „Oh, Ihr Narr!“, explodierte die Zofe. „Sie ist eine Heilige! Und sie trägt Euer Kind in sich!“ Bevor diese Neuigkeit in sein Bewusstsein vordringen konnte, wurden sie von lauten, sich rasch nähernden Stimmen unterbrochen. Und als Emilia zur Tür eilte, um zu sehen, was vor sich ging, erspähte sie im Licht von beinahe einem Dutzend Fackeln eine Gruppe zorniger Männer, die eine wimmernde Frau den langen Gang entlangschleppten.
     
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    „Was ist hier los?“ Lodovicos tiefe Stimme war ernst und ruhig. Sie hatten nach dem Dottore und Marcantonio Bragadin geschickt, um die Verschwörung gegen Cassio aufzuklären. Sein Bein war von dem alten Heiler abgebunden worden, und inzwischen trugen ihn zwei junge Soldaten auf einer Bahre. Bianca wurde von zwei weiteren Venezianern mitgezerrt. Sie hatten beschlossen, den Fall vor Christoforo Moro zu bringen, da er immer noch das Kommando innehatte. „Ist das ein Tollhaus?“, rief Bragadin aus – schockiert von dem Anblick, der sich seinen Augen bot, als er Moros Gemach betrat. „Du Mistkerl!“, fauchte Emilia, sobald sie ihren Ehemann erblickte, und ging mit den Fäusten auf ihn los. Mit geheuchelter Überraschung ergriff er ihre Handgelenke und zwang sie brutal auf
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