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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft
Autoren: Sabine Kornbichler
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auf die frei gewordene Fläche auf dem Esstisch.
    »Hätte ich mir eigentlich auch denken können«, meinte er, während er wie ein Kind die Beine baumeln ließ und an mir vorbeisah, als müsse er seine Gedanken ordnen. »Wissen Sie, was ich mich schon damals gefragt habe, als ich über
BGS&R
geschrieben habe, und was ich Ihren Vater gerne gefragt hätte? Was macht eigentlich einen richtig guten Detektiv aus?«
    »Oje«, seufzte ich. »Das lässt sich nicht mit zwei Sätzen beantworten.« Ich stellte den Kaffeebecher in eine Lücke zwischen zwei Bücherstapel und richtete meinen Blick nach innen.
    »Ein guter Detektiv sollte eine hohe soziale Kompetenz besitzen. Und er muss ein wirklich guter Schauspieler sein, um sich in jedem sozialen Gefüge selbstverständlich bewegen zu können.«
    »Sie meinen, er muss den Mitarbeiter aus der Poststelle genauso gut mimen können wie den Geschäftsmann auf dem Golfplatz?«
    Ich nickte. »Haben Sie eine Vorstellung davon, wie schnell jemand als Fremdkörper auffällt, wenn er ein bestimmtes Umfeld nicht absolut verinnerlicht hat und es nach außen verkörpert? Menschen haben gute Sensoren dafür, wenn etwas nicht stimmt. Ganz besonders, wenn sie misstrauisch sind. Dann überprüfen sie nämlich auch gerne mal die Legende, die ihnen ein Detektiv auftischt.«
    »Das heißt, wenn er da nicht akribisch ist und das Ganze bis ins letzte Detail durchdacht hat, fliegt er auf.« Richard Stahmer schnippte mit den Fingern und sah einem imaginären Etwas hinterher, das sich in Staub aufgelöst zu haben schien. »Ich vermute mal, es gehört auch ein gutes psychologisches Gespür dazu.«
    »Wenn nötig, muss so jemand ein Vertrauensverhältnis zu dem Menschen aufbauen, den er ausspionieren soll. Da geht es dann nicht zuletzt darum, dessen wunden Punkt herauszufinden. Angeblich vergessen Menschen, wenn man diesen Punkt berührt, ihre Vorsicht und tappen in Fallen.« In einem Anflug von Frösteln zog ich die Schultern hoch. Ich fragte mich, wie leicht ich über meine wunden Punkte zu manipulieren war. »Na ja, so viel dazu. Und dann gibt es da natürlich noch das weite Feld der Observationen und Recherchen im Hintergrund.«
    »Tun sich Ihr Vater und seine Partner eigentlich schwer mit dem Ruf dieser Branche? Ich meine, da tummeln sich jede Menge schwarzer Schafe, die sich keinen Deut um Gesetze scheren und die davon überzeugt sind, dass Moral etwas sei, das der Auftraggeber zu verantworten habe. Ihre Aufgabe sei es lediglich, Kriminelle zu überführen – Betrüger, Diebe, Wirtschaftsspione, Schwarzarbeiter.«
    »Schwarze Schafe finden Sie überall. In Ihrem Metier ist das sicher nicht anders. Mein Vater ist Realist, und als solcher ist er sich bewusst, womit Kollegen in der Branche zum Teil ihr Geld verdienen. Aber ihm und seinen Partnern ist es gelungen, die Schatten, die so etwas wirft, von
BGS&R
fernzuhalten. Die Detektei genießt einen hervorragenden Ruf«, sagte ich mit unverhohlenem Stolz in der Stimme, während ich mit dem Zeigefinger über den Rand eines Ausstellungskatalogs strich. »Was beweist, dass sich auch mit einer weißen Weste Geld verdienen lässt.«
    Er hob die Augenbrauen. »Viel Geld?«
    Ich hätte nicht sagen können, wie er das machte, aber er brachte mich mit einer Frage zum Lachen, mit der andere mich in die Flucht getrieben hätten. Vielleicht lag es daran, dass ich dahinter ganz andere Fragen vermutete. Solche, auf die ich gerne eine Antwort gefunden hätte. Ich schmunzelte. »Viel Geld.«
    Richard Stahmer forschte in meinem Gesicht, als versuche er, unter hunderten imaginärer Sommersprossen eine ganz bestimmte zu finden. »Und da hat es Sie nicht gereizt, in seine Fußstapfen zu treten?«
    Ich hielt seinem Blick stand und schüttelte den Kopf. »Ich finde es viel spannender, eigene Spuren zu hinterlassen.«
    Er sah auf seine Füße. Einen Augenblick lang schien er völlig in ihren Anblick versunken zu sein. »In Ihrer Wohnung … haben Sie da die Wände auch selbst bemalt?«
    »Das wäre langweilig. Ich habe einen ehemaligen Kommilitonen gebeten, sich auf einer meiner Wände zu verewigen.«
    »Und teilen Sie Ihre Wände mit jemandem?« Die Frage klang ganz beiläufig. Er sah mich dabei nicht an. Als ich nicht antwortete, löste er den Blick von seinen Schuhen. »Die Frage war zu persönlich, verstehe.« Er legte eine Hand aufs Herz und machte eine winzige Verbeugung, als wolle er um Entschuldigung bitten. Dann neigte er den Kopf und grinste. »Es hilft nichts.
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