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Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
Autoren: Lesley Downer
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in Kagoshima kennt Madame Kitaoka«, wandte Tante Kiyo ein.
    »Gehen wir doch nicht vom Schlimmsten aus.« Fujinos Kummer machte sie atemlos. »Wir wissen nicht, was passiert ist. Es besteht immer noch Hoffnung, bis wir es genau erfahren.«
    »Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen«, warnte Nobu. »Die Armee wird die Beschießung erst eingestellt haben, als General Kitaoka tot war. Darauf müssen Sie sich gefasst machen.«
    »Für uns ist alles vorbei. Wir werden uns ihnen stellen, und sie können uns töten«, erwiderte Madame Kitaoka.
    Nobu drehte sich um und sah den Frauen ins Gesicht. »Das Töten hat ein Ende.« Seine Stimme war ruhig und fest. Er atmete tief durch. »Wenn Kuninosuké beim Abstieg vom Shiroyama gesehen worden wäre, hätte man ihn erschossen, aber er ist hier bei uns. Wir tragen die gleichen Uniformen, wir sehen gleich aus. Niemand wird darauf kommen, dass er ein Rebell ist. Ich trauere um General Kitaoka und seine Männer, genau wie wir alle. General Yamagata war sein Freund, er wird ihn mehr betrauern als alle anderen. Aber das Töten hat jetzt ein Ende. Ich bin ein Offizier der kaiserlichen Armee. Ich werde Sie alle beschützen. Dessen können Sie sich sicher sein.«
    Madame Kitaoka hielt den Fächer in beiden Händen. Sie senkte den Kopf. Die Samurai-Tanten taten es ihr gleich. Okatsu schwieg. In Gegenwart von Fujino konnte sie nichts sagen, doch sie blickte zu Nobu und lächelte.
    Taka schaute Nobu an. Mit ihm an ihrer Seite konnte sie sich allem stellen, dachte sie, selbst diesem schrecklichsten Augenblick in ihrem Leben. Wenn jemand die Dinge zum Besseren wenden konnte, dann er. Er würde sich um alles kümmern, würde für sie alle sorgen. Sie hatten nichts zu befürchten.
    Es war das Ende ihres bisherigen Lebens, aber auch der Beginn eines neuen.
    Wie Geistererscheinungen, abgemagert und zerlumpt, stiegen sie den Hang hinunter. Madame Kitaoka ging voraus, und die anderen trotteten hinter ihr her. Fujino kam als Letzte, mit schleppendem Gang, als wäre das Feuer in ihr, das sie so lange angetrieben hatte, schließlich erloschen.
    Als sie beim Bauernhaus vorbeikamen, warf Taka einen letzten Blick auf die rauchgeschwärzten Mauern und das strohgedeckte Dach, unter dem sie für fünf Monate ein Zuhause gefunden hatte. Sie kehrte zurück in eine Welt, die sich für immer verändert hatte und die sie sich nicht mehr vorstellen konnte. Die Stadt war zerstört worden, und selbst das Bambushaus war abgebrannt.
    Hinter den anderen, wo niemand sie sehen konnte, griff Taka nach Nobus Hand und drückte sie fest. Mit seiner Hand in der ihren wusste sie, dass ihnen nichts geschehen konnte, solange sie zusammen waren. Vielleicht begann hier wirklich das neue Japan, mit ihnen beiden – Norden und Süden, Aizu und Satsuma vereint. Sie dachte an ihren Vater und war sich plötzlich vollkommen sicher, dass er, wo immer er auch sein mochte, in welcher Welt auch immer, einverstanden wäre.

Nachwort
    Taka und Nobu sind Produkte meiner Phantasie, doch die Welt, in der sie lebten, und die historischen Ereignisse, die sie durchlebten – der Krieg, der im Japanischen als Krieg des Südwestens und im Englischen und Deutschen als Satsuma-Rebellion bekannt ist – entsprechen den historischen Tatsachen und wurden so genau dargestellt, wie es mir möglich war.
    General Kitaoka ist dem echten »letzten Samurai« nachempfunden, Takamori Saigo (Saigo Takamori, um seinen Namen in japanischer Reihenfolge zu nennen, den Nachnamen zuerst), der in Japan so berühmt und beliebt war wie Winston Churchill oder der Herzog von Wellington in Großbritannien, und dessen Name, Heldentaten und tragisches Ende jedem japanischen Schulkind bekannt sind.
    Am 24. September 1877 – dem Jahr, in dem Thomas Edison den Phonographen erfand, Anna Karenina veröffentlicht und Schwanensee in Moskau uraufgeführt wurde – hatten sich Saigo und an die dreihundert seiner ergebensten und treusten Männer auf dem Shiroyama, dem Burgberg, verschanzt. Die kaiserliche Armee mit einer Stärke von 35 000 Mann lagerte am Fuß des Berges. Um 3.55 Uhr begann die Armee mit dem Beschuss. Um 5.30 Uhr hatte sie die Verteidigungsanlagen der Rebellen zerstört und sie umzingelt. Um 7 Uhr stürmten Saigo und eine bunt zusammengewürfelte Truppe von vierzig Mann, die alle entschlossen waren, zusammen mit ihrem Herrn zu sterben, mit gezogenem Schwert den Hang hinunter. Sie hatten keine Munition mehr.
    Saigo schaffte es sechshundertfünfzig Meter weit. Direkt
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