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Die Tochter des Praesidenten

Die Tochter des Praesidenten

Titel: Die Tochter des Praesidenten
Autoren: Jack Higgins
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mir leid, Jake, das würde bloß Gerede geben. Was glauben Sie, wie die Presse sich darauf stürzen würde! Alle würden glauben, Sie hätten sich eine kleine Freundin zugelegt.«
      Cazalets Schultern sackten zusammen. Sie strich sanft über seine Wange. »Vielleicht hin und wieder bei einigen Empfängen und ähnlichen Gelegenheiten.«
      »Gott, das ist furchtbar.«
      »Du bist mein Vater, und ich liebe dich, nicht nur, weil du dieser glorreiche junge Kriegsheld warst, der meine Mutter in irgendeinem gottverlassenen Sumpf gerettet hat, sondern auch, weil du ein anständiger Mann bist, der während einer schrecklichen Krankheit standhaft bis zum Ende an der Seite seiner Frau geblieben ist. Dafür bewun­ dere ich dich, Jake Cazalet, und ich liebe dich – um deiner selbst willen. Ja, ich bin wirklich glücklich, deine Tochter zu sein.« Sie drückte ihn an sich und schaute zu Teddy, dem Tränen in den Augen standen. »Passen Sie auf ihn auf, Teddy. Ich gehe jetzt.« Rasch verließ sie das Mauso­ leum und verschwand im Regen.
      »Gott im Himmel, Teddy, was soll ich nur tun?« sagte Jake Cazalet mit gebrochener Stimme.
      »Dafür sorgen, daß sie stolz auf Sie ist, Senator. Sie werden der verdammt beste Präsident werden, den unser Land je gehabt hat. Und jetzt kommen Sie.«
      »Kennedy hatte recht«, meinte Cazalet auf dem Weg zur Limousine. »Jeder, der an Fairneß in diesem Leben glaubt, täuscht sich leider gründlich.«
      »Sicher, Senator, das Leben ist grausam, aber es ist nun mal das einzige, das wir haben. Ach, und übrigens – ich hatte gerade einen Anruf auf meinem Handy. Senator Freeman hat beschlossen, nicht zu kandidieren. Damit sind Sie nominiert. Jetzt geht’s richtig voran.«

    LONDON, SIZILIEN, KORFU ÖSTLICHES MITTELMEER

    1997

    2

    Ein kalter Westwind trieb im Lauf der Nacht Regenwol­ ken auf London zu. Gegen Morgen hatte er sich zwar ge­ legt, doch es goß noch immer in Strömen, als ein Wärter in einem dunkelblauen Regenmantel das Tor zum Hof des Wandsworth-Gefängnisses öffnete. Er hieß Jackson und war früher bei der Grenadiergarde gewesen, woran noch sein exakt gestutzter Schnurrbart erinnerte.
      »Na los«, meinte er mit einem aufmunternden Schubs zu Dermot Riley. »Vorwärts.«
      Riley, der nur dünne Gefängniskleidung trug, spähte hinaus in den leeren, von hohen Backsteinwänden umge­ benen Hof.
      »Da werde ich ja total durchweicht«, sagte er mit dem harten Akzent der Provinz Ulster.
      »Keine Sorge, ich bin schließlich kein Unmensch.« Jackson reichte ihm einen kleinen Taschenschirm.
      »Ich möchte lieber zurück in meine Zelle.«
      »Eine Stunde Hofgang pro Tag, so heißt es in den Vor­ schriften, und die restlichen dreiundzwanzig können Sie in Ihrer Zelle sitzen. Man kann Sie schließlich nicht mit ehrlichen Ganoven zusammenlegen, oder? Sie wissen ja, wie sehr die sich wünschen, mal einen von der IRA in die Finger zu kriegen. Diese Bombe im West End letzte Wo­ che hat sechzehn Menschen getötet und Gott weiß wie viele verletzt. Sie sind nicht sehr beliebt, Riley, überhaupt nicht. Und jetzt vorwärts.«
      Er schob Riley in den Regen hinaus und schloß hinter ihm die Tür. Riley öffnete den Schirm, zog eine Zigarette aus seiner Tasche, zündete sie mit einem billigen Plastik­ feuerzeug an und begann seinen Rundgang.
      Beinahe verwundert merkte er, wie gut es ihm, trotz des Regens, tat, sich Bewegung zu verschaffen, und die Zigarette weckte seine Lebensgeister noch mehr. Aber im Grunde war alles besser, als dreiundzwanzig Stunden pro Tag mutterseelenallein in der Zelle zu hocken. Bislang hatte er sechs Monate hinter sich und somit nur noch vierzehneinhalb Jahre vor sich. Manchmal meinte er, wahnsinnig zu werden, wenn er an diese Jahre dachte, die ihm endlos erschienen. Es wäre nicht so schlimm gewe­ sen, wenn man ihn heim nach Ulster in ein Gefängnis ge­ schickt hätte. Dort würde er wenigstens mit alten Kame­ raden zusammen sitzen, aber hier in Wandsworth …
      Das Tor öffnete sich, und Jackson rief: »Kommen Sie, Riley, Sie haben einen Besucher.«
      »Einen Besucher?«
      »Ja, Ihr Rechtsverdreher.« Als Riley im Regen stehen­ blieb, wiederholte er ungeduldig: »Ihr Anwalt, kapieren Sie nicht, Sie irischer Dummkopf! Bewegen Sie sich end­ lich.«

    Jackson führte ihn nicht in den großen Besucherraum, sondern öffnete am Ende eines Seitengangs die Tür zu ei­ nem Zimmer mit einem Tisch und zwei Stühlen.
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