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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters
Autoren: Marion Henneberg
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will schon ein gebrauchtes Eheweib?«
    Johanns Griff auf Gottwalds Schulter verstärkte sich, und nur mit größter Kraftanstrengung gelang es dem Vogt, sich zurückzuhalten. Ihm war klar, dass sich bei der kleinsten Bewegung Azzos Dolch in Edgithas Hals bohren würde. Zumindest den Knebel hatte Azzo aus ihrem Mund entfernt. Gottwald traute seinen Ohren kaum, als seine Gemahlin ihn just in dem Moment traurig anlächelte und mit heiserer, aber fester Stimme sagte: »Tu es, Gottwald!«
    Ihre Worte hallten durch den Raum, und Burchard griff wutentbrannt nach Hemmas Hand, um sie grob vom Tisch herunterzuziehen.
    »Halt’s Maul, Weibsstück!«, brüllte er Edgitha an.
    Mit dem einen Arm umklammerte er Hemma, während er mit der freien Hand nach seinem Messer griff und es ihr ebenfalls an den Hals setzte.
    Entsetzt betrachtete Gottwald die geschundene Gestalt seiner Tochter. Ihre linke Gesichtshälfte war rot geschwollen, die offenen Haare fielen ihr in nassen Strähnen über die Schulter und verdeckten ihre halb entblößte Brust. Schaudernd sah er auf den Boden, und erst da bemerkte er die zusammengekrümmte Gestalt Esikos. Eine große Blutlache verteilte sich unter dem Bergmann auf dem Holzboden.
    »Und jetzt sagt den beiden hinter Euch, dass sie ihre Waffen weit von sich werfen sollen«, befahl Burchard.
    Er näherte sich langsam mit Hemma, die er brutal vor sich herschob. Dabei zog er das Bein nach, das Esiko mit der Eisenstange getroffen hatte. Just in dem Augenblick stürmten zwei weitere Männer ins Haus, die Schwerter kampfbereit in der Hand. Kurz vor Gottwald, Johann und Manfred blieben sie stehen und richteten bedrohlich ihre Waffen auf sie.
    »Herr Burchard, seid Ihr da drin?«
    Der Angesprochene verzog das Gesicht. »Wo wart Ihr denn die ganze Zeit?«
    Gottwald sah, wie einer von den beiden rot anlief.
    »Ich war in dem kleinen Wachzimmer neben dem Tor eingesperrt, und Hugo hat erst jetzt etwas von dem Überfall mitbekommen. Er hat sich wohl den Magen verdorben und war außerhalb des Hofes, bei den Bäumen. Verzeiht, Herr, es wird nicht wieder vorkommen«, sagte er kleinlaut.
    Auch Azzo hatte sich mittlerweile erhoben und zerrte Edgitha weiter mit sich, nachdem er ihre Fußfesseln durchschnitten hatte. Burchard stand nun direkt vor Gottwald und warf einen verächtlichen Blick in Richtung seiner beiden zerknirscht wirkenden Männer.
    »Dafür haben wir die Stalltür verriegelt. Da kommt keiner raus«, versuchte es Hugo.
    Burchard achtete nicht weiter auf ihn, sondern wandte sich an Gottwald. »Wir werden die beiden freilassen, sobald wir in Sicherheit sind. Was eine mögliche Anklage von Euch betrifft, so wird mein Vetter Otto von Northeim jederzeit bestätigen, dass ich mich bei ihm aufgehalten habe. Ohne den Schutz Heinrichs werdet Ihr dem nichts entgegenzusetzen haben.«
    Gottwald und Johann traten einen Schritt zur Seite, um Platz zu machen. Hinter ihnen hörten sie schleppende Schritte, die vom Keller heraufkamen.
    »Ach, gibt es dich auch noch! Nach und nach tauchen alle wieder auf. Mach dich nützlich und sperr den edlen Herrn Vogt in den Keller. Vorher nimmst du ihm aber noch sein hübsches Schwert ab. Um die beiden anderen kümmert ihr euch.« Er fuhr sich mit der flachen Hand über die Kehle, was ein hämisches Grinsen bei seinen Männern hervorlockte.
    Der zuerst Angesprochene rieb sich den Kopf und zog ein Messer aus dem Gürtel. Seine Haare waren blutverschmiert und klebten an der Kopfhaut, denn es handelte sich um den Mann, den Esiko mit seiner Eisenstange außer Gefecht gesetzt hatte. Johann und sein Gefährte spannten die Muskeln und ballten die Fäuste.
    Dann ging alles sehr schnell. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Gottwald, wie Hemma mit dem Fuß nach einem Messer tastete, das sich in ihrer Reichweite befand. Burchard hielt mit der rechten Hand nochimmer ihren linken Arm fest und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf den Mann an der Treppe. Der Vogt war sich nicht sicher, ob sie es schaffte, aber er hatte nicht mit seiner Frau gerechnet. Die stets kühle und gefasste Edgitha schien ebenfalls gemerkt zu haben, was ihre Tochter im Schilde führte, und tat das Einzige, was sie in ihrer Lage tun konnte. Urplötzlich drehte sie den Kopf zur Seite und biss Azzo in den Arm.
    Durch den Aufschrei wurde Burchard vollends abgelenkt, und Hemma nutzte den Augenblick. Sie bückte sich und versuchte dabei, sich ruckartig und mit aller Kraft aus Burchards Griff zu befreien. Er fasste zwar sofort nach,
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