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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin
Autoren: Torsten Fink
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Aussicht auf Rettung. Sie schloss die Augen.
    »Maghai-Blut. Drei Tropfen, Maru Nehis«, drängte der Daimon.
    Sie schlug die Augen wieder auf. Er saß ihr gegenüber, nur eine Handbreit von ihr entfernt. Maru schreckte zurück. Etwas in ihr flüsterte ihr zu, dass sie Utukku auf keinen Fall von ihrem Blut geben dürfe. »Wozu brauchst du es?«
    Der Daimon legte den Kopf in den Nacken. »Ich war stark.«
    Sie betrachtete ihn. »Gib ihm kein Blut!«, mahnte die Stimme in ihrem Hinterkopf.

    »Dein Blut, Maru Nehis«, sagte er und sah sie durchdringend an. Das Rot seiner Augen schien intensiver geworden zu sein.
    Maru schluckte. Utukku hatte ihr mehrfach geholfen und bis jetzt nie eine Gegenleistung verlangt. Also war er weder ein Alfskrold noch ein böser Geist. Wie konnte sie ihm seinen Wunsch abschlagen?
    »Wir brauchen etwas Scharfes zum Schneiden«, sagte sie endlich.
    Seine Augen leuchteten auf. »Messer.« Utukku deutete auf die silberne Klinge, die dort im Schutt lag.
    Maru nickte. Ich werde es bereuen, dachte sie, als sie das Messer aufhob und sich die scharfe Kante über die Handfläche zog. Wenn ich lange genug am Leben bleibe, werde ich es bereuen.
    Der Daimon war plötzlich wieder hinter ihr. Seine Hand fasste nach ihrer, ihre Finger schienen miteinander zu verschmelzen. Ein Schauer lief Maru über den Körper. Licht explodierte in ihrem Kopf – und dann kamen die Bilder.
     
    Feuer. Überall war Feuer. Sie sah ein brennendes Dorf, und sie saß am Ufer eines Sees und schaute durch Utukkus Augen zu. Krieger plünderten und töteten Männer, Frauen, Kinder. Dann waren da plötzlich Berge, schmale Felsgrate und Lawinen, die in die Tiefe stürzten und sie alle mitrissen. Eine weite, graue und wild bewegte Fläche. Das Meer. Maru hatte das Meer noch nie gesehen, aber das musste das Meer sein. Wieder Menschen. Eine endlose Reihe, die am Ufer entlangzog. Plötzlich das riesige Haupt eines Seeungeheuers, das sich aus den Tiefen erhob. Ein friedlicher Bach oder Fluss. Ein alter Mann, der bis zu den Hüften im Wasser stand und seine Hände eintauchte. Er wurde von einer Wolke von Schmetterlingen umflattert. Biredh? Dann wieder Feuer. Eine Stadt. Das war Serkesch! Die Stadt brannte. Tote Krieger lagen überall. Es war das Tor des Brond, das in Flammen stand,
und auf den Mauern wurde gekämpft. Bussarde kreisten hoch oben. Und halb begraben unter einem zerbrochenen Torflügel lag Immit Schaduks verkohlte Leiche unter vielen anderen. Dort an der Wand lehnte Umati. Sie blutete, ein abgebrochener Speer steckte in ihrer Seite. Drei tote Krieger lagen vor ihr. Dann das offene Land, vor Hitze flimmernd. Ein schwarzer Punkt in der Ferne. Ein Reiter. Er ritt nach Osten. Seine Umrisse lösten sich in der flirrenden Luft auf. Dieses Bild gab ihr einen Stich, und sie wusste nicht warum.
    Mit einem Mal war es vorbei.
     
    Maru blinzelte. Utukku saß ihr gegenüber und betrachtete sie. Er hatte sich nicht verändert, nur das Kupferrot seiner Augen leuchtete heller als zuvor.
    Maru schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. »Was war das? Die Bilder? Was habe ich gesehen.«
    »Was war. Was ist. Was kommt«, sagte Utukku mit seiner silbernen Stimme.
    »Der Alte, im Wasser, Biredh. Ist er... ist er... Dhanis?« Sie kam sich lächerlich vor, als sie das fragte.
    Der Daimon lachte schnarrend, aber er gab keine Antwort.
    Maru schloss die Augen. Das letzte Bild brannte in ihrem Kopf. Es schien ihr das bedeutsamste von allen zu sein, ohne dass sie einen Grund hätte sagen können.
    »Das ist der Anfang«, sagte der Daimon und erhob sich. »Ich danke dir, Maru Nehis.«
    »Nicht der Rede wert«, murmelte Maru und lehnte sich an die Wand. »Du hast jetzt, was du willst. Da kannst du auch gehen und mich hier sterben lassen.«
    Der Daimon legte den Kopf schief und sah sie lange nachdenklich an. »Willst du dieses Grab verlassen, Maru Nehis?«, fragte er schließlich.

    Maru setzte sich mit einem Ruck auf. Hatte sie richtig gehört?
    »Du kannst mich hier rausbringen, Utukku?«, fragte sie ungläubig.
    »Nein, ich nicht. Aber das Wasser.«
    »Wasser?« Maru verstand nicht. Eines hatte sich zumindest nicht geändert, er sprach immer noch in Rätseln.
    »Der Berg. Er ist voll davon.«
    Das hatte er schon einmal gesagt, erinnerte sich Maru. Im Gräbertal. Sie hatte dem keine Bedeutung beigemessen.
    Utukku kauerte plötzlich an der Wand. Seine Rechte verschwand im Gestein. Er flüsterte etwas, seine Farben begannen zu pulsieren. Maru hörte
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