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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals
Autoren: Stefan Fandrey
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vertreiben vermögen, keinerlei Unterstützung angedeihen.«
    Pozzi nickte heftig.
    Carafa spie auf den glänzenden Marmorboden. »Schon als er seinen vierzehnjährigen Großneffen zum Kardinal bestimmte, brach er alle Absprachen mit den Kardinälen. Wir hätten ihn niemals wählen dürfen!«
    Noch immer nickend, sagte Pozzi: »Ganz meine Meinung. Und was macht der dekadente Adoleszent seitdem? Er vergrößert seinen Reichtum in gleichem Maße wie seinen Bestand an Huren.«
    »Gottes Werk dienten seine Taten bisher nicht«, stimmte Carafa zu.
    »Vergessen wir nicht, dass er die Zahl der Mitglieder des Kardinalskollegiums auf siebzig erhöht hat«, ergänzte Pozzi. »Mir scheint, diese Entscheidung hat ihre Wurzeln allein in dem Wunsch, seine Nepoten zu protegieren.«
    »Folglich müssen wir etwas unternehmen«, sagte Carafa. »Wir dürfen nicht länger zaudern, sondern müssen entschlossen handeln. Es kann nicht der Wille des Herrn sein, dass ein schwacher, eitler Papst das Bollwerk der katholischen Kirche gegen die Häresie der Protestanten bildet.«
    Da lächelte Castagna. »Ich kenne Euch schon lange, Callisto«, sagte er. »Lange genug, um Euch den Kämpfer für den einzig wahren Glauben nicht ganz abnehmen zu können.«
    Carafa verengte die Augen zu Schlitzen. »Wie darf ich Euch verstehen?«
    Das Lächeln auf Castagnas Lippen erstarb nicht, sondern wurde sogar noch breiter. »Euch geht es allein um Macht.« Sogleich hob er die Hände. »Nein, bitte, missversteht mich nicht. Ich schätze Männer, die ein klar umrissenes Ziel verfolgen. Als Vizekanzler der Kirche bekleidet Ihr das zweithöchste Amt im Vatikan – aber eben nur das zweithöchste. Ihr habt nie einen Hehl daraus gemacht, wozu Ihr Euch eigentlich berufen fühlt. Und Ihr, Primo.«
    Pozzi starrte Castagna an, als könne dieser ihn auf der Stelle zerreißen wie der Wolf das Lamm.
    »Euch«, sagte Castagna, »geht es nur um eines: Gold, Silber und Juwelen. Verzeiht, das waren gleich drei Dinge.«
    Pozzi stand sprachlos da. Fast schien es, als wolle er Castagna an die Gurgel springen. »Was …«, brachte er schließlich hervor, »was fällt Euch ein?«
    »Während es Callisto nach dem apostolischen Stuhl dürstet«, sagte Castagna ungerührt, »verlangt Euer florentinisches Kaufmannsherz allein nach weltlichen Dingen. Die Vergrößerung des Kardinalskollegiums trifft Euch nicht in Eurem Gewissen, sondern in Eurem Geldbeutel. Jeder Kardinal mehr bedeutet weniger Einnahmen bei den anderen Kardinälen. Und der Segen des Nepotismus dürfte Euch auch nicht fremd sein.«
    Pozzi wollte schon etwas entgegnen, doch Carafa kam ihm zuvor. »Genug geschwatzt!«, polterte er. »Bei unserem letzten Treffen standet Ihr in unserer gemeinsamen Sache noch wie ein Fels. Nun beleidigt Ihr Pozzi und mich, als wären wir dreckige Straßenräuber.«
    »Oh!«, rief Castagna und hob entschuldigend die Hände. »Beleidigt hätte ich Euch, hätte ich die Unwahrheit gesagt. Schwört beim Kreuze des Herrn, dass ich gelogen habe, und unverzüglich bitte ich Euch um Verzeihung. Nun?« Er sah die Kardinäle fragend an.
    Während Pozzi mit dem Schuh einen imaginären Fleck auf dem Boden fortzuwischen versuchte, hielt Carafa dem Blick Castagnas stand. »Ich schulde Euch keinen Schwur«, sagte er. Seine Nasenflügel bebten vor Zorn. »Doch von Euch will ich hier und jetzt wissen, ob wir auf derselben Seite stehen oder ob Ihr Eure Gesinnung gewechselt habt wie die Huren in Eurem Bett?«
    »Vergesst nicht«, sagte Castagna, »dass protestantische Teufel meinen Bruder und meine Neffen gemeuchelt haben. In unserem Kreis bin ich wohl der Einzige, dem aus tiefstem Herzen daran gelegen ist, die Reformation zu ersticken wie ein wild brennendes Feuer. Item bin ich der Ansicht, dass Sixtus in keinster Weise der richtige Mann auf dem Heiligen Stuhl ist, dem die Kraft und Entschlossenheit zuzutrauen wäre, dieses Ziel zu erreichen.«
    »Was soll dann dies ganze Gewäsch?«, wollte Carafa wissen.
    Castagna blieb die Ruhe selbst. »Ich möchte nur betonen«, sagte er, »dass, obgleich wir dasselbe erreichen wollen, unsere Motive nicht dieselben sind.«
    Carafa atmete tief durch. Die Zornesröte wich allmählich aus seinem Gesicht. »Ich denke«, sagte er, wobei er Pozzi ansah, »dass Eurem Verlangen nach Offenheit hiermit Genüge getan wurde.«
    »Gewiss«, sagte Castagna.
    »Wohlan«, sagte Carafa. »Wir sind uns folglich einig, dass die Zeit reif ist, unseren Plan zum Wohle der Christenheit
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