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Die Tigerin

Die Tigerin

Titel: Die Tigerin
Autoren: Carter Brown
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auf die Theke und goß, dabei in geradezu pedantischer Weise auf
jede Kleinigkeit achtend, ein.
    »Ich glaube, wenn ich auf den
Kern der Dinge zu sprechen komme, so liegt die Schwierigkeit meiner Problematik
darin«, so vertraute ich ihm an, »daß Sie mich wie ein zahmes Kaninchen
behandelt haben und ich so lange Zeit brauchte, um es zu merken .«
    Sein Gesicht war ausdruckslos,
als er das frischgefüllte Glas vor mich hinstellte. »Ich fürchte, ich verstehe
nicht, was Sie meinen, Lieutenant«, sagte er. »Zahmes Kaninchen?«
    »Sie sind vermutlich ein
erstklassiger Psychiater und Sie können jederzeit von mir bestätigt bekommen,
daß Sie der gerissenste Psychologe der Vereinigten
Staaten sind. Oder anders ausgedrückt, Doktor — Sie waren derjenige, der die
ganzen Ermittlungen gelenkt hat, nicht ich. Sie waren derjenige, der mich auf
all die Spuren hingewiesen hat, wobei Sie von vornherein wußten, was für
Informationen ich wahrscheinlicherweise erhalten
würde, und wobei Sie darum besorgt waren, die auftretenden Wissenslücken zu
füllen. Sie schrieben mir sozusagen das Billett aus, das, bei Bernice
angefangen, mit wenigen Zwischenaufenthalten bei Hal Baker enden mußte .«
    »Trinken Sie Ihr Glas aus,
Lieutenant«, sagte er heiser, »und dann gehen Sie — oder ich werfe Sie hinaus .«
    »Doktor«, bat ich, »ich habe da
noch einige ungelöste Probleme. Zum Beispiel: Haben Sie den Autounfall Ihrer
Frau arrangiert oder nicht ?«
    Seine Augen vergrößerten sich
plötzlich, und eine Sekunde lang war mir so, als beabsichtige er, mir einen
Kinnhaken zu versetzen. Aber er tat es nicht.
    »Dann ist da der Wachmann
draußen auf dem Friedhof, dieser Jordan«, sagte ich leise. »Wußten Sie, daß er
halb blind war ?«
    Er hob beide Hände und schlug
sie mit aller Kraft auf die Theke. »Schön, Lieutenant«, sagte er giftig. »Ich
nehme an, Ihre mit billigem Humor gewürzte Unverschämtheit ist eine
Schocktaktik mit dem Zweck, Ihre Beschuldigungen wirkungsvoller zu gestalten.
Lassen Sie uns keine Zeit verschwenden — aus irgendeinem obskuren Grund glauben
Sie jetzt, — daß ich der Mörder bin und nicht Baker. Stimmt das ?«
    »Es stimmt«, sagte ich forsch.
    »Warum hat dann Baker den
Panther in der Absicht, Sie durch ihn umzubringen, losgelassen ?« Er lächelte dünn. »Ich bin überrascht, daß Sie das so
schnell vergessen haben, Lieutenant, es muß doch ein unangenehmes Erlebnis
gewesen sein ?«
    »Nicht Baker hat den Käfig
geöffnet, Doktor«, sagte ich. »Er war im Haus oben — bis er die Schüsse hörte,
die ich abfeuerte, um das Tier zu verjagen — , und
Tania Stroud kann es bezeugen.«
    »Wer glaubt dem Frauenzimmer
schon ein Wort ?« knurrte er.
    »Ich«, sagte ich. »Sie haben
als erster das Haus verlassen, aber ich vermute, daß Sie nicht allzuweit gegangen sind. Sie hielten sich draußen auf,
lauschten auf die Unterhaltung und hatten dann einen glänzenden Einfall. Wenn Sie
den Panther freiließen, während ich mich auf dem Weg durch den Zoo zu meinem
Wagen befand, würde die Raubkatze mit Sicherheit Hackfleisch aus mir machen,
und damit würden zugleich alle Ihre Probleme gelöst sein. Sie hätten der
Polizei erzählen können, wie überzeugt ich von Bakers Schuld gewesen war, und bei der Polizei hätte man nicht den geringsten Zweifel gehegt,
daß er es gewesen war, der den Panther freigelassen hatte. Und so wäre er für
drei Morde, die er nicht begangen hatte, in die Gaskammer gewandert — und Ihre
Rache wäre vollkommen gewesen .«
    Er nippte anerkennend an seinem
Glas, während mich seine Augen mit ungeteilter Konzentration betrachteten. »Sie
können nicht ein Wort von dem, was Sie behaupten, beweisen, Lieutenant«, sagte
er schließlich.
    »Es gibt eine einfache Methode,
es zu beweisen«, sagte ich munter. »Nämlich auf dem Weg der Elimination,
Doktor. Wir können nachweisen, daß die Käfigtür absichtlich und nicht durch Zufall geöffnet wurde — wir können nachweisen, daß
weder Baker noch Tania es getan haben können und daß ich ganz sicher dafür
nicht in Betracht komme. Wer also außer Ihnen kann es getan haben? Dann ist da
das Motiv. Baker war der Bursche, der Ihnen Ihre Geliebte stahl — Sie wollten
sich an beiden rächen; und so brachten Sie das Mädchen um und schoben Baker den
Mord in die Schuhe .«
    Thorro stellte sein Glas sachte auf
die Bar und fuhr sich mit den Fingern langsam durch sein vorzeitig grau
gewordenes Haar. Für ein paar Sekunden wurde sein Blick ausdruckslos
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