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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure
Autoren: Martina André
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sich galant in Madlens Richtung, ohne ihr jedoch in die Augen zu schauen. Dann wandte er sich an Cuninghame. »Mylord«, presste er mühsam hervor und zwang sich nochmals zu einer abgehackten, militärischen Verbeugung, bevor er sich hastig der Treppe zuwandte.
    »A Iain! Feith rium!« Madlens Aufforderung zu warten knallte wie ein Peitschenhieb hinter ihm her. Widerwillig blieb er stehen und drehte sich langsam zu ihr um, wobei er geflissentlich dem Blick ihres Gönners auswich.
    »Mylady?«
    »Ich danke dir nochmals für deine Hilfsbereitschaft.« Ihr Lächeln wirkte trotz des unverkennbaren Liebreizes mit einem Mal gefroren – wie das eines Engels, der sich in ständiger Begleitung des Teufels befand.
    »Keine Ursache.« John drehte sich um und stolperte die Treppe hinunter. Die Enttäuschung über Madlens wahre Verbindungen verursachte ihm eine plötzliche Übelkeit.
    Draußen angekommen, schnappte er hastig nach Luft. Die Menschenmenge hatte sich aufgelöst. Nur ein paar Betrunkene torkelten noch herum und suchten offenbar Streit. Ansonsten hätte man getrost von einem prachtvollen Nachmittag sprechen können, wenn da nicht dieser lange wankende Schatten gewesen wäre, der das einfallende Sonnenlicht ungnädig störte.
    Strattons Gestalt baumelte mit heraushängender Zunge am Balken, der Hals abgeknickt wie ein Gerstenstängel nach einem Hagelsturm. Dazu hatte ihm der Henker wie bei einem frisch erlegten Hirsch fachmännisch den Leib aufgebrochen. Bei näherer Betrachtung sah es ganz danach aus, als ob man Stratton das Herz entfernt hatte, während die restlichen Eingeweide grau und schwer über seine blutbesudelten Schenkel herabhingen. Der süßliche Geruch von rostigem Eisen und halbverdauten Exkrementen wehte zu John herüber und erinnerte ihn an geschlachtetes Vieh. Er spürte, wie sein Magen abermals rebellierte und wie sich unvermittelt ein Würgereiz einstellte, den er nur schwer zu unterdrücken vermochte. Gleichzeitig fragte er sich, warum man Stratton am Ende so grausam zugerichtet hatte.
    Jemand schlug John auf die Schulter, so dass er zusammenzuckte.
    Paddy grinste ihn mit seinem lückenhaften Gebiss an. »Mann, wo warst du die ganze Zeit? Oder hast du dir etwa vor Angst in die Hosen geschissen?« Das Lachen des Iren klang scheppernd.
    »Ich war im Pub«, erklärte John mit heiserer Stimme und wies mit einem beiläufigen Nicken auf das White Hart Inn. »Hab der Wirtin geholfen.«
    Paddy schüttelte ungläubig den Kopf. »Dann hast du wahrhaftig etwas verpasst, mein Junge. Nicht nur, dass es ewig gedauert hat, bis der Kerl tot war. Bevor Stratton der Strick angelegt wurde, hat er Cuninghame und seine Helfershelfer auf ewig als Hexer verflucht. Und allein der Teufel weiß, was er damit gemeint haben könnte.«
    Plötzlich kam ein eisiger Wind auf. John zog fröstelnd sein Plaid um die Schultern. »Wo sind die Jungs?« Er blickte sich suchend nach Micheal und Malcolm um.
    »Dort drüben«, antwortete Paddy und deutete auf ein paar junge Männer, die unter einer haushohen Linde standen und offenbar angeregt über die Geschehnisse des Nachmittags debattierten. Paddy schien verwundert darüber, dass John an weiteren Einzelheiten nicht interessiert war.
    »Komm jetzt«, murmelte John. »Lass uns so rasch wie möglich verschwinden. Das hier ist kein Ort für aufrichtige Männer.«

Edinburgh 1647 – »Seelenfänger«
     
    Für einen Moment hatte Madlen gehofft, auf dem Weg vom White Hart Inn zu den Gespannen noch einmal auf John Cameron zu treffen, doch der Highlander schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Ebenso wie die blutgierige Meute von Schaulustigen, die sie zuvor auf dem Weg von der St. Giles Cathedral hoch oben in der Stadt bis hinunter zur Hinrichtungsstätte auf dem Horsemarket wie eine Herde dümmlicher Schafe begleitet hatte. Nur noch vereinzelt liefen ein paar Neugierige herum, die sich am Anblick von Strattons Leichnam ergötzten, vor dem ein Kommando der Stadtwache Position bezogen hatte, damit ihn niemand vorzeitig abhängen konnte.
    Madlen beschlich das Gefühl, in einen Leichenwagen zu steigen, als sie mit Hilfe eines Lakaien in die rabenschwarze Kutsche ihres Gönners kletterte. Die beiden riesigen Rappen, die das Gefährt zogen, verstärkten die düstere Erscheinung der Karosse noch. Lord Chester Cuninghame nahm auf der anderen Seite der Sitzbank Platz, während Ruth, Madlens Dienerin, zusammen mit den Lakaien in einer weiteren Kutsche folgte. Flankiert von vier Leibwächtern zu
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