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Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern

Titel: Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern
Autoren: Andreas Weiler
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    Vor ihnen wartete die Zitadelle. Sie atmete eine Kälte, die noch weitaus intensiver war als die des Winterlandes, zu dem inzwischen auch diese Region gehörte. Während sie durch die Wandelgänge schritten und Treppen emporstiegen, blickte sich Myriam immer wieder um. Sie vermochte die seltsamen Symbole auf manchen kristallenen Wänden nicht zu deuten, aber Luther Straightwire blieb ab und zu stehen, bohrte Wurzeln in den gefrorenen Boden und erzitterte.
    »Sind wir hier richtig?« fragte David leise. »Ist dies der Ort des Sterns?«
    Der Lenker sah ihn an, aber sein Blick ging durch ihn hindurch und betrachtete die Geschehnisse längst vergangener Äonen.
    »Ich weiß es nicht, David. Noch nicht!«
    »Was ist mit der verdammten Loge?« Farrell trat von einem Bein aufs andere und sah sich immer wieder mißtrauisch um.
    »Denken Sie an Ihre Abschirmung. Ich werde als der Liktor identifiziert. Und solange sie mental stumm sind, kann uns nichts geschehen.«
    Sie setzten ihren Weg durch die Zitadelle fort. Weite Hallen nahmen sie auf, und das Echo ihrer Schritte hallte frostig von den Wänden wider. Sie wanderten durch Säle, in denen kompliziert wirkende Gerätschaften darauf warteten, von der Loge zu neuem elektronischen Leben erweckt zu werden. Sie sahen Servomechanismen, die sich mit längst entladenen Akkumulatoren verbunden hatten. Sie marschierten an langen Nischenreihen vorbei, in denen vor Epochen andere Lenker und Liktoren geruht hatten.
    Es fiel ihnen nicht schwer, in anderen Barrieren Strukturlücken entstehen zu lassen.
    Myriam stöhnte leise und mußte manchmal stehenbleiben und irgendwo nach Halt suchen, wenn sie das Gefühl hatte, ihre Kräfte ließen nach. Claude Farrell stützte sie. Einmal wandte sich der Treiber an David.
    »David, sie kann nicht mehr, begreifst du das denn nicht? Sie ist erledigt. Die Krankheit schwächt sie immer mehr, und …«
    David drehte sich bei diesen Worten nur um und sah sie aus blutunterlaufenen Augen an. Myriam erschrak fast, als sie in sein Gesicht blickte. Die Wirkung des Blütenstaubs der Höllenorchideen hatte inzwischen gänzlich nachgelassen, aber nach wie vor existierte ein dünnes Band zwischen ihnen, das jetzt allerdings weder Informationen noch Emotionen übermittelte. Aber Myriam war dennoch dazu in der Lage, ein düsteres Bild hinter der Stirn Davids zu erkennen. Er war erschöpft. Und seine Erschöpfung war von ganz anderer Natur als die ihre. Sein ganzes Leben lang hatte er auf diese Augenblicke zugesteuert, und jetzt befürchtete er, ihm könne die Kraft fehlen, sein Schicksal zu erfüllen.
    »Sie wird leben«, sagte er leise, und es war nicht mehr als ein Hauch, der wie ein faseriger Dunst von seinen Lippen wehte. »Sie wird leben, Claude.«
    Schließlich gelangten sie in die Autarke Kammer. Die blitzenden Tafeln integrierter technischer Systeme bedeckten die Wände, an denen einst pflanzliche Faserstränge gewachsen waren. Weißgraue Schlieren wanderten wie träge über die Oberfläche der Kristallkugel, die auf einem energetischen Stützgerüst ruhte. Ein dünner Stengel war zu sehen. Er ragte aus dem Boden und schien die Kugel mit einer ausgebreiteten Borkenhand zu tragen.
    Es war völlig still.
    Irgendwann seufzte Luther Straightwire. »Zehnmal tausend Jahre. Vielleicht noch länger.« Er sah David an. »Die Zeit hier auf Schwarzkind verstreicht länger als in anderen stellaren Regionen. Die gravitationellen Auswirkungen der Singularität …«
    »Ich weiß.«
    »Die Loge ist müde. Spürt ihr es? Vor rund zehntausend Jahren verfielen zunehmend die Körper der überlebenden Treiber der STAR ANGEL. Aber ihre Angst hatte nicht nachgelassen. Die Furcht war zum Inhalt ihrer Existenz geworden. Ihr ordneten sie alles unter. Sie vergewaltigten die Biosysteme dieser Station. Sie töteten schlafende Lenker. Und sie machten einen Liktor zu ihrem willfährigen Werkzeug. Mit Hilfe der Anlagen hier ließen sie sich ihre Hirne aus den alten Körpern herausoperieren und in der Stasiskugel unterbringen.«
    Er winkte, und die weißgrauen Schlieren lösten sich auf. Myriam schluckte unwillkürlich, als sie die Gehirnmasse im Innern der Kugel sah. Vor der kristallenen Sphäre flirrte es, aber die Konturen innerhalb der Wolke aus Ektoplasma stabilisierten sich nicht.
    David trat näher heran. »Sie haben recht, Straightwire. Die Loge ist in ihren eigenen Träumen und Visionen gefangen. Sie hat unseren Retransfer hier auf Schwarzkind gespürt, und sie erwachte zum
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