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Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual

Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual

Titel: Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual
Autoren: Henry Roland
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darüber beraten.
    Warum folgst du David terGorden nicht unverzüglich nach Adzharis? erlaubte sich der Steuermann nachzufragen.
    Die Egosphäre des Lenkers strahlte Heiterkeit aus; in den parapsychischen Frequenzen schien eine Sonne aufzugehen. Törichtes Geschöpf! dachte der Lenker belustigt. Denk dir, das Gesetz der Zeit ist gnadenlos, es zwingt mir eine Terminplanung auf. Er übermittelte dem Steuerbaum eine panoramische Vision des Kosmos, und seine tausend dringenden Aufgaben leuchteten als Koordinatenpunkte in Dutzenden von Galaxien, stellaren Wolken und Sternennebeln. Es ist richtig, daß David terGorden meine wichtigste einzelne Tätigkeit gilt, aber die Gesamtheit all meiner anderen Aktivitäten kommt ihr an Wichtigkeit annähernd gleich. Nein, für diesmal ist die Gelegenheit verpaßt. Ich habe hier noch eine Kleinigkeit zu regeln, dann werde ich woanders sehr nötig gebraucht. Die Zeit muß von neuem reifen.
    Wird sie herangereift sein, wenn David terGorden den Alten Wald aufsucht?
    Falls er ihn findet, dürfte sein Bewußtsein unterdessen ausreichend erweitert sein, um den Existenzschock verkraften zu können, den das Wissen, das ihn erwartet, ihm bereiten muß.
    Und dann wird er sein Erbe antreten? mutmaßte das Tau Ulema.
    Ja.
     
    *
     
    Beim Erwachen bestand seine erste Handlung aus einem Prusten. Die Balsamemulsion, in welcher der frischgeclonte Körper ruhte, schwappte mit dessen ersten Regungen in die äußeren Atmungsorgane. Die rechte Hand bekam einen Griff zu fassen. Trotz der noch unsicheren Motorik seiner neuen Gliedmaßen gelang es dem Mann, sich in dem flachen, wannenartigen Behältnis aufzusetzen.
    Sofort gewann seine wissenschaftliche Neugier die Oberhand. Er blickte umher. Links standen zwei ähnliche Wannen, in denen sich gleichfalls Gestalten zu rühren anfingen. Die plötzliche, seit langem ungewohnte Vielfalt von Wahrnehmungen verursachte dem Mann ein Schwindelgefühl. Er konnte wieder richtig sehen, hören, fühlen, schmecken, riechen, sich bewegen, er vermochte wieder zu handeln! Als er sich aufrichtete, stellte er fest, daß es innerhalb der für seine physischen Bedürfnisse normalen Schwerkraft von einem G geschah. Fahrig wischte der Mann sich Reste der Emulsion aus den Augen. Zwecks vorsichtiger Erprobung bewegte er seine neuen Arme, stieg mit seinen neuen Füßen aus dem Behältnis, drehte den neuen Kopf auf dem neuen Hals. Nichts zeigte an, daß dieser Körper nur eine Nachzucht war, eine geclonte Nachahmung, herangewachsen gemäß des genetischen Codes einer einzigen Zelle seines alten, ursprünglichen, längst toten Körpers. Er fühlte sich wie neugeboren.
    Er hörte ein Hecheln. Nanuk sprang mit triefnassem Fell aus seiner Schablonationswanne und schüttelte sich mit unablässigem Japsen der Begeisterung. Dann rannte der bullige rotbraune Hund auf seinen sechs stämmigen Beinen wie besessen los, jagte kreuz und quer durch die Begrenzungen des Cloning-Labors. Hege Krotzer lachte.
    Während Nanuk seinen allzu lange unterdrückten Bewegungsdrang austobte, trat der ehemalige Wissenschaftler der Grauen Garden zum dritten der flachen Behälter. Er reichte der Frau eine Hand und half ihr beim Aufstehen. Zalia säuberte sich die Augen. Als sie Krotzer erblickte, stieß sie einen Schrei aus, an dem sie sich verschluckte; sie begann zu husten. Krotzer schaute an sich hinab, musterte seinen nackten Körper. »Graue Arda! Ist an mir irgend etwas schiefgegangen?« Während er seine noch schwerfällige Zunge bemühte, merkte er selbst, daß etwas nicht so war wie ursprünglich.
    Zalia wirkte unverändert, nur war sie … Sie beide waren nun gleich groß. Und sein Körperbau … Er schüttelte verdutzt den Kopf. Alles war irgendwie anders. Zalia erholte sich von ihrem Hustenanfall und eilte in den Hintergrund der Räumlichkeit, in der sie das Bewußtsein wiedererlangt hatten – oder vielmehr, wo der Lenker mittels unbegreiflicher Methoden ihre Egos von dem greulichen provisorischen Klumpen aus ektoplasmischem Gewebe gelöst und sie den fertiggestellten Clon-Körpern aufgepfropft hatte. Hege Krotzer betrachtete die damit verbundenen physiologischen und psychologischen Probleme als nach seinem Erkenntnisstand ungelöst, ganz zu schweigen von ihrer theoretischen Erhellung. Aber er fand sich vorerst damit ab, daß der Lenker solche Prozesse beherrschte – wie er sich mittlerweile auch damit abgefunden hatte, daß es dem Lenker gelungen war, über interstellare Entfernungen hinweg
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