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Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt

Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt

Titel: Die Terranauten 057 - Fahrt zum Ende der Welt
Autoren: Robert Quint
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erinnerte.
    Überall an Deck waren die Terranauten damit beschäftigt, die Schäden auszubessern, die der heftige Sturm angerichtet hatte. Narda saß auf Sufnors breitem Rücken und ließ ihr braunes Haar im Wind fliegen.
    »Wenn Kapitän Chezang die Wahrheit gesagt hat«, brummte Colynn, »dann müßten wir in wenigen Stunden den Großen Abgrund erreichen.«
    David war skeptisch. »Chezangs Angaben waren nicht sehr genau. Eventuell dauert es noch einen oder zwei Tage.«
    »Das«, sagte Nayala del Drago laut, »glaube ich nicht.«
    Erstaunt riß David die Augen auf.
    Was war das? Dort vom am Horizont?
    Der Himmel war grau, besaß eine blasse, abweisende Färbung, in die immer wieder ockerfarbene Blitze fuhren, die aus dem Nichts zu entstehen schienen und an die kurzlebigen Funken eines riesigen Feuers erinnerten.
    Schwankend schoß die Maryjane darauf zu, tauchte mit dem Bug ein in die scharlachrote Gischt des Gasmeeres und knarrte unter jedem Windstoß. Doch vor ihnen im Norden war die See nicht mehr rot, sondern schwarz wie der Weltraum selbst.
    »Sieht nicht gerade gemütlich aus«, bemerkte Claude Farrell, der ebenfalls hinauf zur Brücke gekommen war.
    »Weiß Gott nicht!« seufzte Colynn.
    Er warf die nur halb aufgerauchte Zigarre zu Boden und trat sie aus, ohne auf Farrells vorwurfsvolle Blicke zu reagieren.
    »Sag den anderen Bescheid, daß sie sich auf eine stürmische Fahrt vorbereiten sollen«, wies David Farrell an. »Der Große Abgrund … Wir haben ihn fast erreicht.«
    Farrell nickte knapp und stieg die Holztreppe hinunter.
    »Die Maryjane wird schneller«, stellte Colynn nervös fest.
    David drehte den Kopf und musterte die gesetzten Segel. Schlaff und faltig hingen sie an den Masten und der Takelage. »Aber der Wind hat nachgelassen …«
    Colynn fluchte. Mit verengten Augen betrachtete er forschend das Meer. Die gasähnliche Substanz wirkte aufgewühlt. Die Wellen hoben und senkten das Schiff, und der geübte Blick des Treibers und ehemaligen Kauffahrers bemerkte die Strömung, die scheinbar mit jedem Meter kräftiger zu werden schien.
    »Ich habe ein ungutes Gefühl«, wandte er sich an David. »Und ich befürchte, wir werden es schwer haben, wenn wir umkehren wollen.«
    Das Grau und Schwarz am Horizont rückten näher.
    Dunkel war die See. Hier und da blitzte etwas auf. Weiß und bräunlich. Ächzend stampfte die Maryjane durch die Wellentäler. Stärker wurde die Strömung. Schneller glitt das Schiff dahin.
    »Das Meer!« brüllte jemand vom Deck. »Das Meer kocht!«
    Gebannt starrte David geradeaus. Ja, das Meer kochte. Kein Wind regte sich, doch dort vorn schien ein Sturm zu wüten.
    Die weißen und braunen Flecke wurden größer.
    Dann konnte man erkennen, um was es sich bei ihnen handelte.
    »Bei allen Raumgeistern«, flüsterte Colynn. »Schiffe! Dutzende, nein, Hunderte von Schiffen!«
    Dreimaster mit zersplitterter Reling und vermoderten Segeln. Die Decks leer. Eine Barke, plump, halb zerbrochen. Fischerboote, die gegen die Schoner wie Nußschalen wirkten. Noch mehr Segler. Einige mit weißen, gesetzten Segeln, die vergeblich auf eine Brise warteten. Schiffe, neu und uralt, zerfallen und leck, blitzend vor Sauberkeit und werftneu.
    Eine Geisterflotte, die steuerlos in der See trieb.
    Nein, dachte David. Nicht steuerlos.
    Nun sah er auch den Strudel, der einen gewaltigen Kreis beschrieb und die Schiffe gefangenhielt, sie mit sich nahm, bis sie im nebligen Grau versanken und sich andere aus den dämmrigen Schwaden schälten.
    Tosen wurde hörbar. Urwelthaftes Rauschen, das stetig lauter wurde. Von dem riesigen Mahlstrom ging das Brüllen aus, der zum Zentrum hin immer schwärzer wurde, bis sich Finsternis den Blicken entgegenstellte und alles verbarg.
    »Der Strudel«, schrie jemand. »Er packt uns! Wir müssen umkehren!«
    Colynn warf David einen forschenden Blick zu, doch der Terranaut reagierte nicht darauf. Mit brennenden Augen starrte er weiter nach Norden in die brausende, tödliche Hölle, der sich die Maryjane mit hoher Geschwindigkeit näherte.
    »Die äußeren Schiffe«, sagte Colynn heiser, »sind noch neu und wurden vielleicht erst vor wenigen Jahren gebaut. Doch je näher man dem Zentrum des Strudels kommt, desto älter werden sie. Bei Myriam! Vielleicht kreisen sie schon hundert Jahre oder mehr! Um dann im Zentrum zu versinken …«
    Der Große Abgrund, dachte David mit seltsamer Benommenheit. Dort vorn liegt er, umgeben von einer Mauer aus wirbelndem Gas, die zu überwinden
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