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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sehr besorgt aus. Wortlos drehte er Shalima herum und ritt los. Robin folgte ihm.
KAPITEL 38
    Sie benötigten nur einen Bruchteil der Zeit, um zur Komturei zurückzukehren. Salim und der fremde Krieger sprangen aus den Sätteln, kaum daß sie den Hof erreicht hatten, aber Robin zügelte Wirbelwind lediglich und deutete auf den Turm, in dem ihr Zimmer lag.
    »Ich will mich nur ein wenig frisch machen«, sagte sie. »So will ich Bruder Horace nicht unter die Augen treten.«
    Sie ritt weiter, bevor der Templer noch Gelegenheit fand, zu widersprechen, sah aber aus den Augenwinkeln, wie Salim erbleichte, und fast im selben Augenblick wurde ihr klar, daß ihre Worte möglicherweise ein schwerer Fehler gewesen waren. Immerhin spielte sie die Rolle eines Tempelritters, und die Zellen der frommen Brüder lagen im Haupthaus, direkt neben Bruder Abbés Officium. Aber nun war es zu spät, diesen Fehler rückgängig zu machen.
    Sie sprengte über den Hof, sprang vom Pferd und rannte in ihre Kammer hinauf, wobei sie immer zwei oder drei Treppenstufen auf einmal nahm. Hastig riß sie sich die Kutte vom Leib, schlüpfte in Unterhemd und Kettenhemd und legte auch noch Wappenrock und Mantel an. Beides war voller Schmutz und eingetrocknetem Blut, aber sie fühlte sich trotzdem jetzt wohler. Es war genau das, als was Abbé es am Morgen bezeichnet hatte: Ein alberner Mummenschanz. Aber es mußte reichen, um Horace zu täuschen.
    Falls er die Wahrheit nicht längst wußte. Vielleicht war das ja der Grund, weshalb er auf ihrer Rückkehr bestanden hatte…
    Sie würde es erfahren.
    Robin legte den Waffengurt an und ließ als einziges den Schild dort, wo er war. Arn liebsten hätte sie auch noch den Helm aufgesetzt, aber das wäre des Guten wohl doch etwas zuviel gewesen, und so klemmte sie ihn sich nur unter den linken Arm und machte sich auf den Rückweg. Drei oder vier Bedienstete kamen ihr entgegen, als sie den Hof überquerte. Die meisten senkten den Blick und gingen einfach weiter, aber einer blieb überrascht stehen und starrte sie aus aufgerissenen Augen an. Robin ging schneller weiter, bevor er noch etwas sagen konnte. Aber der kleine Zwischenfall machte ihr klar, was für ein Irrsinn dieser Mummenschanz war. Es konnte einfach nicht funktionieren. Es war vollkommen unmöglich, daß sie damit durchkam. Horace und die anderen mußten schon blind sein, um auf diese alberne Verkleidung hereinzufallen.
    Sie erreichte das Haupthaus und stürmte die Treppe hinauf, so schnell es ihr schweres Kettenhemd zuließ. Die Tür zum Officium stand offen, und sie hörte schon von weitem die Stimmen der Templer, die erregt durcheinandersprachen. Robin atmete tief ein, sammelte all ihren Mut und dachte an etwas, was Salim ihr einmal gesagt hatte, nämlich daß Angriff oft die beste Verteidigung sei.
    Ohne weitere Umstände platzte sie in die Versammlung hinein und wandte sich an Abbé, der am Ende der langen Tafel saß. »Bruder Abbé!« rief sie mit erhobener Stimme. »Das ist ungeheuerlich! Seht Euch meine Kleider an! Ich hatte befohlen, sie zu säubern, aber diese faulen Knechte haben sie nicht einmal angerührt!«
    Alle Gespräche im Raum verstummten. Abbé starrte sie aus hervorquellenden Augen an und wurde kreidebleich, und Xavier und Heinrich, die zu seinen Seiten saßen, sahen aus, als träfe sie gleich der Schlag. Heinrich japste hörbar nach Luft.
    »Robin?« murmelte Abbé schließlich. »Was… was tust du hier? Du solltest doch mit…«
    »Das ist meine Schuld, Bruder.« Horace stand auf und wandte sich mit einer verzeihungheischenden Geste an Abbé und die beiden anderen. »Ich habe seine Rückkehr befohlen. Bitte verzeiht, daß ich Euch nicht informiert habe.«
    Abbé wurde immer nervöser. Seine kurzen, fleischigen Finger begannen mit der Tischplatte zu spielen, und sein Blick wanderte flackernd zwischen Robin und Horace hin und her. Er sah aus, als litte er Höllenqualen.
    »Ich … ich habe Robin nach Elmstatt geschickt, um…« begann er, wurde aber augenblicklich von Horace unterbrochen.
    »Mir ist klar, warum Ihr Bruder Robin in solcher Hast weggeschickt habt«, sagte er. »Immerhin gibt es ein Geheimnis zu bewahren, nicht wahr?« Er lächelte, aber es wirkte so falsch, wie es nur ging. Abbé wurde noch blasser, und auch Robin hatte plötzlich einen bitteren Kloß im Hals. Horace wußte es. Er wußte alles. Es war närrisch gewesen, sich nur eine Sekunde lang einzubilden, daß sie mit dieser Täuschung durchkommen könnten. Gestern
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