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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
Autoren: Carl Hanser Verlag
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angemischt, einen großen, festen Brei daraus gemacht und mir die hohen Stiefel angezogen, mit denen ich darin herumgestapft bin und alles kleingetreten habe. Mehrere Tage lang. Einen Meter tief. Bodenverbesserung nennt man das, und Sie sollten darüber keine Witze machen: Wenn Ihr Boden nichts taugt, können Sie das Gärtnern gleich bleibenlassen. Melioration ist eine großartige Sache.
     
    Das hier ist wirklich zum Mitschreiben und Ausschneiden und An-die-Wand-Hängen: Unterschätzen Sie die Bedeutung der Melioration nicht.
     
    Was Sie am Anfang Ihres gärtnerischen Schaffens versäumen, wird Ihnen noch in Jahren nachhängen und am Ende wird es Sie um die Freude des Gärtnerns bringen – gesunde Pflanzen. Es helfen Ihnen alle Mühe nicht und alles Geld, wenn der Grund nicht richtig vorbereitet ist, auf dem Sie schaffen. »Aber was hilft die Mauer um den Garten, wo der Boden dürre liegt?«, sagt Hölderlin.
    Es ist ja klar: Wenn dem Boden etwas fehlt, führen Sie es ihm zu. Ebenso gilt: Hat er zuviel von einer Sache, sorgen Sie durch Zufuhr der fehlenden für Ausgleich. Nassen Boden lockert man mit Sand, den stark verwitterten, trockenen Boden mit Pflanzenresten, Mulch und Humus, saurer Boden braucht Kalk und umgekehrt. Dietrichs Gartenenzyklopädie sagt dazu: »Je mehr man dem Boden entnimmt und je weniger man ihm dagegen an Düngung wieder gibt, desto ärmer wird er an Humus – gleichzeitig aber auch an Fruchtbarkeit. Da nun einem Garten, der sorgsam bebaut wird, auch mehr entnommen wird, als einem Acker, da ferner auf seinem Boden keine Stoppeln zurückbleiben, welche mindesten einen Theil des Genommenen ersetzen, auch kein Aufkommen von Unkräutern geduldet wird, welche bei dem Untergraben oder Unterpflügen den Humusgehalt verstärken, so hat auch ein Garten mehr Düngung nöthig, als ein Getreideacker … Dazu kommt noch, daß auf dem Acker manche Blattgewächse angebaut werden, welche dem Boden Nahrung zuführen, in den Gärten dagegen nur solche, die ihn erschöpfen.« Machen Sie sich das klar: Mit Ihrer Tätigkeit als Gärtner erschöpfen Sie Ihren Garten! Darum lohnt es sich, den Grund Ihres gärtnerischen Schaffens kennenzulernen, von unten her.
    Einen Meter Boden, mehr brauchen die meisten Gartenpflanzen nicht zum Leben. Überhaupt, die meisten Pflanzen. Man täuscht sich da leicht: Selbst die Wurzeln der größten Bäume reichen meist kaum tiefer als einen bis anderthalb Meter. Das ist nicht unbedingt viel im Verhältnis zur Dicke der Erdkruste, die ungefähr 40 Kilometer beträgt. Eine dünne Schicht Leben. Von ferne betrachtet, ein pelziger, schimmeliger Belag auf dem kalten Stein des Planeten. Alles, was wir haben.

 
Arbeit
     
     
     
    Der Herbst ist die Zeit des Gärtners. Jetzt pflanzt er, was er im Frühjahr wachsen sehen will. Die Gartenmärkte setzen in ihrer Werbung ganz auf das Frühjahr und den Sommer. Nichts gegen die Gartenmärkte, im Gegenteil. Gartenmärkte sind besondere Orte der Freude. Je größer, desto besser. Wir werden noch dazu kommen. Aber hier irren sie. Ich rate Ihnen, Ihren Garten im Frühling weitgehend in Ruhe zu lassen und die Pflanzen nicht beim Wachsen zu stören. Es ist der Herbst, auf den es ankommt. Der Herbst lässt sich nur nicht so gut verkaufen. Er fordert vom Gärtner, das Warten zu lernen. Der Gartenmarkt sagt: Kaufen Sie jetzt und genießen Sie jetzt. Der Herbst sagt: Arbeiten Sie jetzt und warten Sie auf die Früchte. Warten können ist ein Zeichen der Reife. Der Herbst ist für Erwachsene, der Gartenmarkt für Kinder. Darum lieben wir den Gartenmarkt und arbeiten im Herbst.
    Garten bedeutet Arbeit. Man kann das nicht oft genug betonen und unterstreichen. So etwas wie »Garten light« gibt es nicht. Tun Sie es oder lassen Sie es. Wenn Sie sich dem Garten widmen, verschreiben Sie sich der Arbeit. Wir müssen uns also mit der Arbeit befassen, wir kommen hier um die Arbeit gar nicht herum. Was der Gärtner da tut und was das bedeutet.
    Rilke, der sich nun nicht viel mit dem Garten befasst hat, dafür aber um so mehr mit der Liebe, hat gesagt, »es gibt nichts Glücklicheres als die Arbeit, und Liebe, gerade weil sie das äußerste Glück ist, kann nichts anderes als Arbeit sein. – Wer also liebt, der muss versuchen, sich zu benehmen, als ob er eine große Arbeit hätte: Er muss viel allein sein und in sich gehen und sich zusammenfassen und sich festhalten; er muss arbeiten; er muss etwas werden!«
     
    Ja! Das ist es, was den Menschen zum Gärtner macht:
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