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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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die Hochzeit zu verschieben, hatte er abgelehnt. Für die Hochzeitsnacht werde es reichen, hatte er gesagt, sofern Mechthild nur behutsam mit ihm umginge. Alle außer Mechthild hatten über den Scherz gelacht.
    Ludovika war kaum mit dem kleinen Rudolf aus der Tür, da klopfte es erneut. Wer mochte sie schon wieder stören?
    »Philip!« Sie strahlte ihn an. Der goldbestickte königsblaue Bliaut stand ihm gut. Viel besser als das Schwarz, das er früher getragen hatte.
    »Ich musste dich unbedingt noch einmal vor unserer Hochzeit sehen«, sagte er feierlich. »Dreh dich um und schließ die Augen.«
    War das wieder so eine ägyptische Sitte?
    Sie tat, was er verlangte. Er legte ihr etwas um den Hals, sie spürte das kühle Metall auf der Haut.
    »Jetzt kannst du die Augen wieder öffnen.«
    Es war eine goldene Kette mit einem Anhänger, der eine kniende Frau darstellte, deren Arme in geöffneten Flügeln endeten. Die goldene Figur war mit blauen Edelsteinen geschmückt, feinen Einlegearbeiten, die Flügel und Gewand zierten.
    »Was ist das? Ein Engel?«
    »Etwas Ähnliches. Meine Mutter gab mir das Schmuckstück mit auf die Reise, damit es mich beschütze. Jetzt soll es dir gehören.«
    »Es ist wunderschön.« Lenas Finger glitten über die blauen Edelsteine an den Flügeln.
    »Das ist Lapislazuli«, erklärte Philip. »Der Stein der Könige. Ein Erbe aus der fernen Zeit Djeseru-Sutechs.«
    »Wer ist dieser Djeser … Sudings?«
    »Nicht wer, sondern was.« Seine Augen funkelten. Da war keine Spur mehr von Dunkelheit. Seit jenem Tag, da er sie gerettet hatte, sprühte seine Seelenflamme bunte Funken, so wie sie es nur bei ganz wenigen Menschen jemals wahrgenommen hatte. Bei denen, die Geschichten erzählen konnten.
    »Djeseru-Sutech ist ein Mythos. Eine Stadt in der Wüste, die seit Jahrhunderten keines Reisenden Auge mehr sah. Aber meine Mutter ist fest davon überzeugt, dass unsere Vorfahren einst dort lebten.«
    »Und diese Figur?«
    »Das ist Isis, die göttliche Mutter, die die Liebenden und die Kinder schützt.«
    »Eine heidnische Göttin?« Was würde Ludovika wohl dazu sagen?
    »Stell dir einfach vor, sie sei ein Engel. Sie beschützte die Menschen, lange bevor der Herr die Welt betrat.« Philip nahm Lena behutsam in die Arme, um ihr Kleid nicht zu zerdrücken. »Glaubst du, etwas könne schlecht sein, das seit Jahrhunderten als Liebesunterpfand in meiner Familie weitergegeben wird?«
    Seit Jahrhunderten … Lena ließ ihre Hand über das kalte Gold des Anhängers gleiten. Auf einmal stellte sie sich vor, was wohl wäre, wenn Philips Geschenk seine Geschichte erzählen, den Weg durch die Jahrhunderte beschreiben könnte.
    »Wie viele Geheimnisse hütest du noch, Philip Aegypticus?« Sie schlang ihm die Arme um den Nacken.
    »Nicht so viele, wie ich mir wünsche.« Er zog sie noch fester an sich. »Als ich ein Junge war, habe ich mir immer vorgenommen, eines Tages das Geheimnis von Djeseru-Sutech zu lüften und den Ort zu finden, von dem die Vorfahren meiner Mutter stammten.«
    »Doch dann kamst du hierher, um die Vergangenheit deines Vaters zu ergründen«, flüsterte Lena und lehnte sich an seine Brust. »Wer weiß, vielleicht finden wir deine Stadt, wenn wir im nächsten Frühling nach Ägypten reisen.«
    »Wer weiß.« Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Fürs Erste genügt es mir, dich gefunden zu haben. Du bist das größte aller Geheimnisse und Wunder, Helena von Eversbrück. Eine Frau, die in den Seelen der Menschen liest und sie von ihren Sünden heilt. Ich liebe dich.«
    Es war Lenas zweite Hochzeit, und doch die erste. Als sie Martin vor über einem Jahr ihr Jawort gegeben hatte, hatte sie geglaubt, der Himmel werde sich öffnen. Inzwischen wusste sie, dass jenes Gefühl nur ein schwacher Abglanz dessen gewesen war, was Liebe bedeutete. Gewiss, sie hatte Martin geliebt. So wie ein Mädchen einen Mann liebt, der ihr Geborgenheit verspricht. Aber niemals hatte sie ihn voll verzehrender Leidenschaft begehrt, ihn so sehr geliebt, dass ihr sein Leben mehr als das ihre bedeutete. Niemals war sie sich sicher gewesen, dass er alles wagen würde, so wie es Philip für sie getan hatte. Endlich konnte sie Martin vergeben, denn Martin hatte immer nur Elise gehört.
    Ruhe in Frieden, Martin! Wir waren nie füreinander bestimmt, dachte sie.
    Ihr Blick fiel auf Philip, der neben ihr an der Brautpforte stand, würdevoll und ernst auf den Bischof schaute, der sich zu ihnen umwandte, nachdem die Trauung von
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