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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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richtete. Augenblicklich ließ er sein Schwert fallen und packte ihre Hand.
    »Nein, Frau Elise! Das dürft Ihr nicht tun.«
    »Ich habe ihn getötet. Ich habe meinen Mann getötet. Wie soll ich mit der Schuld leben?«
    Er drückte sie an sich. »Ihr wart es nicht. Er starb durch mein Schwert.«
    Ihre Tränen sickerten in sein Hemd. »Ihr kennt nicht die Dunkelheit«, flüsterte sie.
    »Doch, ich kenne sie«, sagte er leise. »Den Ort, an dem alle Gefühle verlöschen, Freude wie Trauer, und nur der Tod als Erlösung erscheint. Wenn die Stimmen all derer, die man liebt, in einem selbst verstummen, ganz gleich, was sie uns sagen. Ich kenne sie, die Hölle der Dunkelheit.«
    Sie hob den Blick und sah ihn erstaunt an.
    »Aber man kann zurückkehren, Frau Elise. Man muss nicht ewig in der Dunkelheit verharren.«
    Der Schmerz in seiner Wunde wurde fast unerträglich.
    »Versprecht mir, nicht mehr Hand an Euch zu legen, Elise! Versprecht es mir!«
    »Ich verspreche es Euch«, hauchte sie, die Augen immer noch voller Tränen. Aber das war gut. Tränen waren gut. Wer in die Dunkelheit fiel, hatte keine Tränen mehr. Er ließ Elise los.
    Lena war an seine Seite getreten, und auf einmal war sie es, die ihn stützte, als die Kräfte ihn endgültig verließen, ihm half, sich zu setzen.
    »Es ist vorbei«, flüsterte sie. »Du hast gesiegt.«
    Er sagte kein Wort, zog sie an sich, küsste sie. Dann schloss er die Augen und hoffte, dass Said bald auftauchte, um endlich etwas gegen den Schmerz zu unternehmen.

23. Kapitel
     
     
    P ass auf, der Kleine zerdrückt dir noch dein schönes Kleid!«
    Schwester Ludovika nahm Lena den Säugling ab. »Hättest du ihn nicht bei seiner Amme lassen können? Zumindest bis die Hochzeit vorüber ist?«
    Lena lächelte. »Ich habe Elise versprochen, für ihn zu sorgen, als wäre er mein eigenes Kind. Und sei ehrlich, ist Rudolf nicht allerliebst?«
    »Aber deshalb musst du ihn nicht ständig herzen und drücken.«
    »Nein, deshalb nicht. Das tue ich, weil er so unwiderstehlich ist, der kleine Mann.«
    Unwiderstehlich …
    Lenas Gedanken schweiften zurück. Zurück zu jenem letzten Gespräch mit Elise. Es war in den Tagen nach der erfolgreichen Eroberung Birkenfelds gewesen.
    Die Gräfin hatte sich unmittelbar nach Dietmars Tod in ihre Kemenate zurückgezogen und wollte niemanden sehen. Die meisten glaubten, sie wolle abwarten, wie über die Burg entschieden wurde. Wer nach Dietmars Tod das Lehen und den Grafentitel erbte. Manch einer munkelte sogar, dass sie für ihren Sohn um das Erbe streiten werde. Nur Lena wusste, dass all dies Elise nicht kümmerte. Die Gräfin kämpfte mit der Dunkelheit. Ob sie ihr wohl schon anheimgefallen war? Der Gedanke daran ließ Lena keine Ruhe, und so klopfte sie am dritten Tag nach dem Tod des Grafen an Elises Tür. Nichts regte sich. Vorsichtig öffnete sie.
    Elise saß auf ihrem Stuhl, den Blick starr aus dem Fenster gerichtet, ganz so wie beim allerersten Mal, als Lena ihre Stube betreten hatte.
    »Frau Elise?«
    Die Gräfin rührte sich nicht. Lena atmete tief durch, dann nahm sie mit einer Selbstsicherheit, die sie eigentlich gar nicht besaß, Elise gegenüber Platz.
    »Ich glaube, wir sollten noch einmal miteinander sprechen.«
    Nur langsam wandte die Gräfin ihr das Gesicht zu. Elises Seelenflamme war nicht zu erkennen. Da war nur das klare Grün ihrer Augen. Eine Frau, die sich vor aller Welt verschlossen hatte, die niemanden teilhaben ließ und nichts mehr von sich preisgab. Nicht einmal jenen, die ihr helfen wollten. Eine Kunst, die sie besser noch beherrschte, als Philip es vermocht hatte. Philip hatte Heilung von seinem Schmerz gefunden. Würde auch Elise Vergebung finden?
    »Was seht Ihr, wenn Ihr aus dem Fenster schaut?«, fragte die Gräfin. Ein Schauer lief Lena über den Rücken. Die gleiche Frage wie beim ersten Mal. Und diesmal gab es trotz des strahlenden Frühlingstages tatsächlich nur eine Antwort. Die prophezeite Düsternis war Wirklichkeit geworden. Unwillkürlich berührte sie ihr angeknackstes Nasenbein, das Said inzwischen gerichtet hatte. Der Schmerz erinnerte sie noch immer an die schrecklichen Stunden hoch über den Zinnen der Burg.
    »Den Tod, Frau Elise.«
    »So ist es«, bestätigte die Gräfin ohne jede Regung. »Das Blut der Männer tränkt den Boden. So war es, so wird es sein. Niemals entkommen wir dem Kreis, auch wenn Wind und Regen das Blut irgendwann fortspülen. Es ist so einfach, neues Blut zu vergießen.«
    »Das muss
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