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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
Autoren: Bernhard Hennen
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Feldmarschall-Lieutenant Claude Alexandre Comte de Bonneval, der uns später an die Türken verraten hat und ein Pascha in der Armee des Sultans wurde.«
    Der Festungskommandant räusperte sich leise. Er wurde nicht gerne an den Comte erinnert. Er hatte ihn geliebt, ja vergöttert … »Komm einmal näher, meine Kleine. Sag, wo hat mein Bruder seine schwerste Wunde erhalten?«
    »Sein Herz ist zerbrochen, als seine Frau Maria und mein kleiner Bruder Claudius, den er nach Euch benannt hatte, am Sumpffieber starben. Auf Leben und Tod lag er, als ihn eine Kugel eine Handbreit über dem Herzen getroffen hat.«
    »Wo ist das geschehen?«
    »Als Feldzeugmeister Oliver Graf Wallis in Grocka in die Falle der Türken ging und sich die Türken die Köpfe von zehn unserer Generäle holten.«
    Der Kommandant legte den Säbel auf den Tisch zurück und musterte die junge Frau eindringlich. Sie kannte die Geschichte dieser Waffe, so als hätte sie sie aus dem Mund seines Bruders gehört. Und ihre grünen Augen … Carolus hatte auch grüne Augen gehabt. Er heiratete, als er in Luzzara mit den Czungenberg-Husaren gestanden hatte. Und ihre Nase … Sie war völlig gerade. Klassisch schön … Vielleicht ein wenig zu groß. Genau wie bei ihrer Mutter. Konnte dieses Weibsbild tatsächlich seine Nichte sein?
    »Du bist doch mit einem Zöllner verheiratet … «
    »Ich war dem Oberstzollmeister Janosch Plarenzi angetraut. Er wurde von Räubern, die unseren Hof überfallen haben, ermordet.«
    »Das Gehöft bei Orschowa?« Der General strich sich nachdenklich über das Kinn. Er konnte sich nur noch vage an das kleine weiß getünchte Haus erinnern. Maria hatte davor Kräuter angepflanzt. Bei seinem Besuch hatte er ein Mädchen auf dem Schoß gehabt. War dies die junge Frau, die jetzt vor ihm stand? Nur ein einziges Mal war er bei seinem Bruder im Banat gewesen. Claudius hatte nie begriffen, warum Carolus sich ausgerechnet zu den Grenzern meldete und ins Banat gegangen war.
    »Habe ich meine Prüfung bestanden?« Die Fremde blickte ihn nun wieder herausfordernd an. Ihre Verlegenheit hatte sie abgelegt. Mit ihrem leicht zurückgenommenen Kopf und den zusammengezogenen Brauen erinnerte sie ihn an seinen Bruder. So hatte Carolus ausgesehen, wenn sie miteinander stritten.
    »Eine letzte Frage habe ich noch. Du erinnerst dich doch sicher noch daran, wie ich euch besucht habe … «
    »Ich war damals noch sehr klein und … «
    »Etwas hast du bestimmt nicht vergessen. An einem Abend habe ich mich mit meinem Bruder gestritten. Du warst dabei. Hast neben dem Tisch gestanden. Wie nannte mich Carolus, wenn er wütend war?«
    Die Frau grinste. »Seid Ihr sicher, dass ich das wiederholen soll? Ich meine, dort an der Tür steht ein Soldat und … «
    »Keine Sorge. Ich würde wetten, dass meine Männer mich oft mit noch unfreundlicheren Worten bedenken als mein Bruder.«
    »Gut, Ihr habt es so gewollt. Mein Vater hat Euch an diesem Abend wiederholt einen störrischen, alten Pfeifenkopf genannt.«
    Der General räusperte sich leise. Dann blickte er zu dem Wachtposten an der Tür. »Er ist vom Dienst befreit. Sorge Er dafür, dass mich diese verfluchten Ingenieure und Baumeister heute in Ruhe lassen.«
    »Jawohl, Herr General!«
    Der Kerl grinste, als er sich umdrehte. Bis zum Abend würde vermutlich die ganze Garnison wissen, wie ihn sein Bruder genannt hatte.
    »Setz dich und iss. Du hast doch Hunger, nicht wahr?«
    Die junge Frau nickte dankbar. »Ja. Ich sehe nicht nur aus wie eine halb verhungerte Wölfin, ich habe auch mindestens einen genauso großen Appetit.«
    Nachdenklich sah ihr der alte Offizier beim Essen zu. Messer und Gabel benutzte sie kaum. Das meiste stopfte sie einfach mit den Händen in sich hinein. Er hatte eine Barbarin als Nichte! Carolus hätte niemals ins Banat gehen sollen. Dickköpfiger Trottel! Und trotzdem … Wenn er den Kerl erwischen würde, der seiner Nichte die Schramme auf der Wange beigebracht hatte, dann würde er ihm den Bauch aufschlitzen und ihn an seinen Gedärmen aufhängen lassen … Was die Heiden ihr wohl sonst noch angetan hatten?
    Der Stiefelknecht ihres Onkels hatte ihr seine Kammer räumen müssen. Über eine knarrende hölzerne Treppe führte sie der mürrische Bursche bis unter das Dach der Kommandantur. Sein Zimmer war winzig. Kaum groß genug, sich darin umzudrehen. In einer Ecke lagen ein strohgefüllter Sack und einige Decken. Daneben standen eine flache Schüssel und ein angeschlagener Tonkrug. Es
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