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Die Stunde des Tors

Die Stunde des Tors

Titel: Die Stunde des Tors
Autoren: Alan Dean Foster
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Rückgrat des wild galoppierenden M'nemaxa, aber es war ein Ritt durch die Leere konvergierender Unendlichkeit. Um sie herum leuchteten hell die Sterne, stetig und kalt und so nahe, daß es schien, als könne man sie berühren.
    Man konnte sie berühren. Jon-Tom streckte langsam den Arm aus und pflückte einen roten Riesen von seinem Platz im Firmament. Er lag warm auf seiner Handfläche und schimmerte wie ein Rubin. Er schleuderte ihn zurück in die Freiheit des Leerraums. Ein schwarzes Loch glitt unter seinem linken Fuß hindurch, und er zog ihn vor dessen tückischem Sog zurück. Ein galaktischer Nebel stieg ihm in die Nase, und er mußte niesen. Hinter ihm schien Mudge, der Otter, eine entfernte diffuse Gestalt zwischen den Sternen zu sein.
    Er atmete Unendlichkeit. Schwingen und Hufe von M'nemaxa bewegten sich in Zeitlupe. Ein Schwärm beweglicher, lumineszierender Punkte sammelte sich um sie, Millionen von Lichtern, die die Dunkelheit durchlöcherten. Sie tanzten und wirbelten um das ungeheure Pferd und seine Reiter.
    Wo die Welt keine Bedeutung hatte und Naturgesetze nichts galten, wurde etwas anders schließlich wirklich. Gnietschies, dachte Jon-Tom schwerfällig. Erst jetzt kann ich sie sehen, ich kann sie sehen.
    Einige waren Menschen, einige Tiere, andere unerkennbar - der Nachhall, die Erinnerungen, die Seelen und Schatten alles intelligenten Lebens. Sie hatten alle Farben des Regenbogens, ein Spektrum erfüllt von Leben, sowohl geheimnisvoll als auch vertraut.
    Er begann einige der Gestalten und Gesichter zu erkennen. Er sah Einstein, er sah seinen Großvater. Er sah die singenden Lippen von Sängern, die er verehrt hatte, und es war so, als ob ihre Musik um ihn herum im endgültigen Konzert, im Konzert aller Konzerte anschwoll. Er bemerkte, daß die Gesichter, die er sah, nicht alt waren und keine Zeichen von Tod oder Leiden zeigten. Tatsächlich glitzerten die Augen des berühmten Physikers wie die eines Kindes. Einstein hatte seine Geige bei sich. Hendrix war auch da, und sie spielten ein Duett, und beide lächelten Jon-Tom zu.
    Dann sah er ein Gesicht, das er gut kannte, ein Gesicht voller Feuer und Licht. Er konzentrierte sich mit aller Macht darauf und versuchte, es durch seine Augen in sein Gehirn zu ziehen. Das Gesicht war deutlich und warm, es schien unbewußt getrieben auf ihn zuzuschweben. Sein ganzes Sein glühte vor Liebe, als es sich ihm näherte, und plötzlich, als es seine Lippen berührte, entzündete sich eine Flamme in ihm, und er fiel fast aus dem Sattel. Er wußte, es war das Talea-Gnietschie, und er umfing es mit all seiner Willenskraft.
    »Wir müssen zurück! Jetzt!« brüllte er dem Feuer-Hengst zu.
    »DU MUSST DIE WORTE WISSEN, KLEINER MENSCH, ODER BIS ZUM ENDE MEINER REISE BEI MIR BLEIBEN.«
    Welcher Song? dachte Jon-Tom. Es schien keine Musik zu geben, die der Unermeßlichkeit des Raums und der Sterne entsprach. Jeder Song, den er je gehört hatte, trocknete auf seiner Zunge ein.
    Das Talea-Gnietschie schien sich irgendwo tief in seinem Innern zu rühren, und er sah auf die kalte, schwarze Weite vor ihm. Es war Zeit, dorthin zurück zukehren, wohin er gehörte. Er konnte es nicht genau definieren, aber plötzlich hatte er ein deutliches Gefühl dafür, wohin sein Leben gehörte, und er wußte, er konnte hingelangen.
    Sein Mund öffnete sich, und seine Fingerspitzen liebkosten die Duar. Ein neues Lied klang auf, eine neue Stimme erhob sich sowohl von der Duar als auch aus seinem Mund, und obwohl er sie nie zuvor gehört hatte, wußte er, sie war, endlich, seine wahre Stimme.
    Die Sterne wirbelten schneller, das Universum schien einen Moment lang verzerrt und verzogen. Sein Kopf pulsierte, und seine Kehle brannte unter dem sonderbaren, wortlosen Lied, das aus ihm floß, millionenmal so stark wie jeder irdische Strom.
    Blauer Himmel kam jetzt hastig auf sie zu, dann die schneebedeckten Gipfel von Bergen. Die Beschränkung war endlich wieder da - die köstlichen, greifbaren Grenzen des Seins. Er fühlte sich lebendiger als je zuvor in seinem ganzen Leben.
    »'immel, was für 'ne 'öllische Reise!« schrillte Mudges fröhliche Stimme hinter Jon.
    »Ich liebe dich, Mudge!« schrie Jon-Tom, ungeheuer froh, dieses vertraute Geräusch zu hören.
    »Du bist verrückt - wo zum Teufel waren wir?« Überall, dachte Jon-Tom, aber es gab keine Möglichkeit, es auszudrücken.
    »DER VERLAUF MEINER REISE IST AUF IMMER VERÄNDERT WORDEN«, dröhnte M'nemaxa. »ICH MUSSTE MEINEN KURS WEGEN DES
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